Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wie können wieder Zuschauer in die Stadien zurückkehren ? Es zeichnet sich wohl ab, dass wir Corona als Teil einer neuen Realität akzeptieren müssen. Der Präsident des 1. FC Union Berlin hatte zu einem Pressegespräch geladen, um über ein eigenes Hygienekonzept zu informieren. Die Bedingungen sind an allen Bundesligastandorten unterschiedlich und so können die Konzepte nur individuell auf die konkreten Bedürfnisse vor Ort erarbeitet werden. Dirk Zingler hatte dahingehend das von der DFL vorgeschlagene Konzept kritisiert, „Es ginge weg von lokalen Konzepten mit individuellen Lösungen hin zu statuarisch vorgegebenen bundesweiten Regelungen.“ Es gibt auch, das sei gleich im Vorfeld gesagt, kritische Stimmen zu dem Vorhaben des 1. FC Union. So äußerte Alexander Rosen, Sportdirektor der TSG Hoffenheim, dass er es nicht gut findet, wenn jeder seinen eigenen Weg geht, zentrale Vorgaben wären besser.
In Berlin sind Veranstaltungen unter freiem Himmel mit bis zu 5.000 Zuschauer ab dem 1. September wieder erlaubt und das gilt auch für Fußballspiele. Ob es tatsächlich so kommt hängt natürlich von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab.
Bei den Verantwortlichen des 1. FC Union ist jedenfalls der unbedingte Wille vorhanden, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Unter der Leitung von Pierre Lüttge, Prokurist der FCU Verwaltungs GmbH & Co. KG wurde eine spezielle Arbeitsgruppe gebildet. Mit Partnern aus Wirtschaft und der Wissenschaft soll das Vorhaben gelingen. Von Anfang an mit einbezogen war auch die Fanszene der Eisernen. Dirk Zingler antwortet auf eine entsprechende Nachfrage, dass die Fan-Vertreter das Konzept kannten bevor es an die Öffentlichkeit kam. Das Papier, das die Arbeitsgruppe nun vorgelegt hat, umfasst insgesamt 51 Druckseiten.
Das Konzept sieht vor, dass der Käufer einer Eintrittskarte einen Prozess mit insgesamt 5 Phasen durchlaufen muss. Wer dann das Glück hat, eine Karte kaufen zu können, hat zuvor seinen Namen und weitere Kontaktdaten zu hinterlassen. Anschließend bucht er einen Test. Bei negativen Ausgang darf ins Stadion. Kein Test wird dabei älter 36 Stunden sein, damit wird die von der Wissenschaft eingeräumte 48 Stunden Regel unterboten. Im Stadion selbst ist dann, weil ja jeder getestet wurde, alles möglich. Es darf gesungen und zusammen gestanden werden. Es soll eine Lösung gefunden werden, wo das Gebot der Stunde, nämlich Abstand zu halten, nicht nötig ist. Das ganze Konzept soll im Rahmen eines Testspiels am 5. September 2020 mit 3.000 Interessenten auf Herz und Nieren geprüft werden.
Die untenstehende Grafik aus dem Union-Papier soll das 5 Phasen aus der Sicht des Stadionbesuchers veranschaulichen.
Es wird sehr aufwendig, künftig ein Spiel der Eisernen live zu sehen. Zudem ist es notwendig, privat über eine dafür notwendige digitale Infrastruktur zu verfügen. Das gute alte Tickethäuschen hat dann ausgedient. Als Beifang könnten für die weitere Eindämmung der Pandemie mehr Testergebnisse zur Verfügung gestellt werden und durch das Erfassen der persönlichen Daten Infektionsketten nachverfolgt werden. Eine wissenschaftliche Studie soll die geplanten Maßnahmen begleiten.
Die Probleme beginnen da, wo für einen Kartenkäufer ein positives Testergebnis ermittelt wird. Alle Testergebnisse werden dem zuständigen Gesundheitsamt übermittelt. Bei einem positiven Ergebnis muss das Gesundheitsamt tätig werden und die übliche Quarantäne verhängen und selbstverständlich kann dieser Interessent das Spiel nicht besuchen. Seine Karte wird umgehend gesperrt bzw. nicht freigeschaltet. Die Belange des Datenschutzes sind hierbei zu berücksichtigen.
Zingler machte im Verlauf des Pressegespräches mehrfach deutlich, dass für den 1. FC Union es existentiell ist, wieder Zuschauer in das Stadion zu bekommen. Eine Besonderheit beim 1. FC Union ist der hohe Anteil an Stehplätzen, 22.012 Zuschauer beträgt das aktuelle Fassungsvermögen, lediglich 3.617 Plätze sind nicht zum stehen eingerichtet. Rein sportlich gesehen sind die Geisterspiele der vergangenen Saison den Eisernen nicht ganz so gut bekommen. Die „Alte Försterei“ lebt von ihrem Publikum und das soll trotz der Corona-Pandemie so bleiben. Ob es gelingt steht in den Sternen und hängt wesentlich von der Berliner Bürokratie ab.