Neue Sorgen, alte Sorgen – Die Gesellschaft für Innere Medizin entdeckt den ganzen Menschen

Rheuma zum Beispiel ist eine Krankheit, die vielfältige Ursachen, aber auch vielfältige Wirkungen haben kann. Mit 450 000 Kranken in Deutschland ist Rheuma eine Volkskrankheit. Jedoch ist für jeden einzelnen die individuelle Behandlung nach einem Therapiekonzept die einzig wirkungsvolle. Besonders bei der entzündlichen Gelenkerkrankung (Rheumatoide Arthritis) ist eine frühzeitige Erkennung und gezielte Behandlung notwendig, sonst ist die Zerstörung der Gelenke nicht mehr rückgängig zu machen. »Zeit ist Gelenk«, bringt es der Rheumatologe Thomas Dörner auf einen Nenner.

Ähnlich vielfältig kann Nierenversagen durch Diabetes, Bluthochdruck, Flüssigkeitsmangel, Blutverlust und Schock nach einem Unfall verursacht sein, insbesondere wiederum bei älteren Menschen. Gefährlich sind zu viele Schmerzmittel wie Voltaren oder die freiverkäuflichen Mittel Ibuprofen und Diclofenac. Akutes Nierenversagen ist immer lebensbedrohlich und kann auch zur Dauererkrankung führen. Die Gesellschaft fordert deshalb zur Früherkennung alle zwei Jahre einen Nieren-Check beim Hausarzt für alle ab 35. Gefordert wird zudem eine verbesserte Fortbildung und die verstärkte Ausbildung von Rheumatologen – das setzt die nötigen Finanzen voraus. Die Gesellschaft ließ in ihrer Pressekonferenz jedoch offen, an wen sich ihre Forderungen richten – Bundesregierung, Ministerien, Kommunen, Krankenkassen usw – und was die Finanzierung kostet.

Als Konsequenz der Transplantationsskandale wollen die Internisten gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Richtlinien für die Vergabe von und den Umgang mit Spenderorganen ausarbeiten. Angesichts des schrumpfenden Aufkommens (auch verursacht durch den Mißbrauch von Organspenden) sollen die Kriterien für Transplantationen objektiviert werden. Internisten wie Chirurgen meinen, dass es in Deutschland zu viele Transplantationszentren gibt, die um jeden Preis transplantieren wollen und damit eine medizinisch begründete Vergabe konterkarieren.  
Besorgt sind die Internisten sowohl über das erneute Auftreten von »alten« Erregern wie Heliobacter pylori, die antibiotikaresistent sind, als auch von neuen Erregern wie die Vogelgrippe (2004), die Schweinegrippe (2009/10) und neuerdings das Coronavirus aus dem arabischen Raum. Gegenmaßnahmen sollen bessere Antibiotika-Bevorratung, Senkung der Dosis und gezielterer Einsatz sein. Letzterer setzt einen Schnelltest voraus, der dem Hausarzt die Diagnose und Therapie erleichtert. Dafür müßten die Laborkapazitäten erweitert werden. »Engpass ist das Geld,« sagt der Infektiologe Norbert Suttorp von der Charité und meint damit die Krankenkassen. Er wirft den Pharmakonzernen unzulängliche Forschung und zu wenige Neuentwicklungen vor. Entscheiden über Entwicklungsziele und eingesetzte Kapazitäten müßte der Staat und dürften nicht die Konzerne.

Als Problem wird von der Internisten-Gesellschaft der Wechsel vom Kinderarzt zum »Erwachsenenarzt« aufgebaut. Ihre »entwicklungsbedingte emotionale Verwundbarkeit« sei der Grund dafür, dass Jugendliche häufig die Therapie abbrechen, die ihnen im kindlichen Alter wegen Rheuma, Diabetes, entzündlichen Darmkrankheiten oder Epilepsie verordnet wurde. Dauerschäden sind die Folge. Über die Ursachen dieses schwarzen Lochs sagen die Experten nichts. Helfen sollen in einem »Transitionsprogramm« »Fallmanager«, die aber Geld kosten. Wäre hingegen nicht die einfühlsame Vermittlung vom Kinderarzt zu einem weiterbehandelnden Arzt die einfachste Methode? Oder ist das Arbeit, die sich pekuniär nicht lohnt?

Wie im vergangenen Jahr angekündigt, hat die Gesellschaft Medizinhistoriker der Universität Bonn beauftragt, ihre Geschichte in der Nazizeit aufzuarbeiten. Die Studie soll 2014 fertig sein.

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