Handwerk gegen Fußballkunst oder die Kunst des Zerstörens

Ritter Keule, Maskottchen des 1. FC Union Berlin.
Ritter Keule, Maskottchen des 1. FC Union Berlin. © 2018, Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der 1. FC Union schickte auch Bayer Leverkusen, eine der spielstärksten Mannschaften der Liga, mit einer Niederlage nach Hause. Es war der erste Sieg und überhaupt die ersten Bundesligapunkte, die die Eisernen gegen die Werkself holen konnten. Im der eisig kalten Wuhlheide gelang Cedric Teuchert in der 88. Minute der „lucky punch“ und der überraschende Sieg. Wie konnte das gelingen mit nur 33% Ballbesitz und der eher unterirdischen Passquote von 66%? Ein anderer Wert könnte zur Beantwortung der Frage ein bisschen beitragen, die Gesamtlaufleistung betrug 127,5 km. Gegen Dortmund betrug sie übrigens „nur“ 123,5 km. Die Eisernen sind nach 16 Spieltagen das laufstärkste Team der Liga.

Gegen Leverkusen veränderte Urs Fischer seine Startelf nur auf einer Position. Für Sebastian Griesbeck kehrte zuletzt gelb-gesperrten Grischa Prömel zurück. Taktisch sortierte sich die Aufstellung zu einem 3-5-2 (3-3-2-2) bei Ballbesitz und gegen den Ball formierte sich eine 5er Kette und variabel davor ein 3-2 oder 4-1. Die Räume im Mittelfeld waren zu. Die Werkself wurde auf die Außenbahnen gezwungen. Das hätte in der ersten Halbzeit auch einige Male schief gehen können. Christopher Lenz wurde auf der linken Abwehrseite von Leon Bailey vernascht. In der zweiten Halbzeit wurden daraufhin die Abstände und die Zuteilungen in der Fünferkette verändert.

Die Leverkusener versuchten es mit einem 4-3-3. Gegen die laufstarken Berliner hatten sie nur eine Chance, wenn sie entsprechendes Tempo in ihre Aktionen bekamen. Wie gegen Wolfsburg lauerten die Unioner auf Fehler im Spielaufbau. Leverkusen bot da weniger an, als zuletzt Wolfsburg. Der Führungstreffer für die Gäste schien in der ersten Halbzeit nur eine Frage zu sein. Trotz spielerischer Überlegenheit, fehlte den Aktionen der Leverkusener die Klarheit vor dem Tor. Das setzte sich in der zweiten Halbzeit fort. Sie sind letztlich an der „Alten Försterei“ in Schönheit gestorben.

Die Eisernen traten wieder als sehr kompakte, stabile Einheit auf. Nach der Balleroberung wird versucht, sofort den vertikalen Pass zu spielen. Querpässe im Spielaufbau sind selten. In diesem Spiel verzeichneten die Eisernen 11 Torschüsse und hatten dabei 5 verheißungsvolle Gelegenheiten durch Konter. Spielstarke Gegner berücksichtigen inzwischen, dass Ecken und Freistöße gefährlich sind. Leverkusen gestattete 3 Eckbälle und lediglich 2 Freistöße aus torgefährlicher Entfernung.

„In der ersten Hälfte hatten wir heute Glück. Da hat Leverkusen sehr gut gespielt und wir haben sie selbst durch Fehler auch immer wieder dazu eingeladen. Das haben wir in der Halbzeit klar angesprochen, kamen dann besser aus der Kabine, waren griffiger in den Duellen und haben es auch wieder geschafft, unsere Spielfortsetzung vernünftig hinzubekommen. Das hat in der ersten Halbzeit nicht gut funktioniert, da mussten wir wirklich leiden. Aufgrund der zweiten Halbzeit war der Sieg aus meiner Sicht aber verdient, auch aufgrund unserer klareren Tormöglichkeiten“, so Urs Fischer nach der Partie.

Selbst auf die Gefahr hin, hier eine exklusive Meinung zu vertreten. Nicht jedes Team aus der Bundesliga verheddert sich in den eigenen Kombinationen wie die Leverkusener und hat dann auch noch Pech. Spielerisch ist der Mannschaft aus der Wuhlheide durchaus eine Weiterentwicklung zu bescheinigen, trotzdem sind die 28 Punkte nach 16 Spielen eine Riesenüberraschung und mehr ein Vorschuss in dieser Spielzeit. Ein Blick auf eine andere Statistik ist ebenso aufschlussreich. In der Tabelle der roten und gelben Karten steht der 1. FC Union im unteren Mittelfeld, mit 31 gelben und einer roten Karte. Im Vergleich zur Aufstiegssaison stehen sie etwas besser da, sie hatten nach 16 Spielen 28 gelbe und zwei rote Karten. Die Spielweise ist körperbetont, das gehört zur Laufstärke dazu.

Zum letzten Spiel die Hinserie treffen die Eisernen mit RB Leipzig erneut auf eine sehr spielstarke Mannschaft.

Daten zum Spiel

Fußball-Bundesliga 16. Spieltag, 15.01.2021, 20:30 Uhr, Stadion „An der Alten Försterei“

1. FC Union Berlin: Luthe – Friedrich, Knoche, Hübner – Trimmel, Andrich, Prömel, Ingvartsen, Lenz – Becker (24. Teuchert, 90. Ryerson), Awoniyi (76. Bülter) Trainer: Urs Fischer

Bayer 04 Leverkusen: Hradecky – Dragovic, Tah, Tapsoba, Singraven – Demirbay, Baumgartlinger (69. Aranguiz), Amiri – Bailey, Schick (69. Alario), Diaby Trainer: Peter Bosz

Schiedsrichter: Florian Badstübner, Markus Schüller, Thomas Stein, Alexander Sather

Tor: 1:0 Teuchert (88.)

Anmerkung:

Siehe auch den Artikel Union-Sieg gegen Leverkusen ging in Rassismus-Vorwürfen unter von Manfred Hönel.

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