Die zitierte "Berliner Luft" dürfte wenig mit der Wiederkehr der BR Volleys im Schlagabtausch um die Meisterkrone zu tun haben. Eher mit einer trotz einer Verletzungsserie nach wie vor intakten Moral des Aufgebots von BR-Trainer Mark Lebedew.
Die ergibt sich aus dem Potenzial des vor der Saison wie selten umgekrempelten Kaders, aus dessen Siegeswillen und nicht zuletzt aus dem Vermögen, die Impulse von den Rängen aufzunehmen. Und sich dann in eine Art "Spielrausch" tragen zu lassen.
Mit dem Umzug aus dem "Schuhkarton" Sömmeringhalle (maximal 2500 Fans) in Charlottenburg, so die abwertende Terminologie einer Berliner Zeitung, in die eigentlich für olympische Ereignisse 2000 konzipierte Schmeling-Halle (Volumen 10 bis 12 000) im Szenebezirk Prenzlauer Berg hat der vormalige SC Charlottenburg bzw. SCC Berlin neue Maßstäbe für die Präsentation dieses Sport geschaffen.
Zuschauerzahlen wie gegen Unterhaching – trotz Bundesliga-Fußball parallel mit Hertha BSC im Olympiastadion – oder zuvor gegen den Rekordmeister VfB Friedrichshafen mit mehr als 7000 Besuchern sind derzeit konkurrenzlos in Volleyball-Deutschland. In Unterhaching kamen 1512 zum ersten Finale.
An der ungewohnten Kulisse, so Generali-Kapitän und Nationalspieler Max Günthör, habe es allerdings nicht gelegen, dass der Hauptrunden-Erste gegen den -Dritten so eingebrochen sei. "Wir haben hier schon öfter gespielt und zu Saisonbeginn gewonnen", meinte der lange Mittelblocker. Aber wie sind denn binnen drei Tagen so konträre Ergebnisse möglich?- "Da zeigt sich, dass bei Gegnern auf Augenhöhe der Kopf die entscheidende Rolle spielt. Nach dem deutlichen Hinspielerfolg wollten wir einen weiteren Schritt hin zu unserer ersten Meisterschaft machen. Sind dann aber überrascht worden von der knallharten Entschlossenheit der Berliner. Haben paar Fehler gemacht, dann mit weniger Risiko gespielt und sind dann überrollt worden." Jetzt erst sei allen Mitspielern klar geworden, warum der zwölffache Champion Friedrichshafen im Halbfinale an den BR Volleys gescheitert ist.
Vor Spielbeginn hatte sich Zuspieler Kawika Shoji in die lange Reihe von Verletzten und Verletzungen bei Berlin unglücklich eingereiht. Der US-Boy war beim Warmmachen umgeknickt. Und so musste der eigentliche Kapitän und Berliner Urgestein aus Prag, Jaro Skach, die Regie übernehmen. Der 36-jährige Musterprofi Skach hatte klaglos und professionell hingenommen, dass ihn der zwölf Jahr Jüngere aus dem Startaufgebot verdrängt hatte. Aber der einzige Zuspieler eines Topteams in der Bundesliga mit Trainer-A-Lizenz bewies eindrucksvoll, dass er nach wie vor seinen Job auf Topniveau verrichten kann.
Da machte sich – wie schon mehrfach im Saisonverlauf – bezahlt, dass Berlins Manager Kaweh Niroomand zusammen mit Lebedew eine tief besetzte Formation zusammen gestellt hatte. Und so haben die Volleys das Endspiel erreicht, obwohl immer wieder Stammspieler mit Blessuren pausieren mussten. Doch Lebedew hat seinen Akteuren immer wieder eingebleut, dass jeder wichtig sei, jeder seine Chance bekäme und jeder Anteil habe am gemeinsamen Erfolg…"Das hat der Trainer wirklich beispielhaft hinbekommen", lobt Niroomand.
Die Titel-Aussichten werden naturgemäß in beiden Lagern gegenläufig bewertet. Günthör meint: "So einen schlechten Tag wie heute kann mal immer mal erwischen. Ich glaube, dass wir uns schon am Samstag zuhause ganz anders präsentieren und sehe wegen möglicherweise dreier Heimspiele den Vorteil auf unserer Seite."
Tomas Kmet, in der Vorsaison bei Generali unter Vertrag, slowakischer Nationalspieler und wie Günthör wertvollster Spieler (MVP) am Dienstag, jedoch glaubt: "Wir sind trotz des Einbruchs im Hinspiel eindrucksvoll zurückgekommen und haben den Gegner dominiert. Das muss Unterhaching erst mal psychologisch verkraften. Wenn wir im dritten Spiel so aggressiv und selbstbewusst wie heute auftreten, haben wir eine realistische Chance auf den Gewinn der Meisterschaft."