So musste Fabian Hambüchen als Vorturner mehr denn je die deutschen Hoffnungen tragen. Doch ausgerechnet da, wo ihm der Bundestrainer und er sich selbst die größten Chancen auf eine Medaille ausrechneten, ging es schief. In der Qualifikation zum Reckfinale verpatzte er eine Passage, die er nicht besonders mag, und musste beim Gerätefinale zuschauen.
Und nach dem überraschend guten Auftritt mit der Mannschaft in der Qualifikation – Rang sechs trotz der Ausfälle – wurde es letztlich doch nur der achte Platz. Rekonvaleszent Nguyen hatte daheim schon frohlockt: „Nach der Quali traue ich den Jungens sogar einen Medaillenplatz zu.“
Nun bleibt Hambüchen und Kollege Andreas Toba noch die Vorstellung im Mehrkampf. Aber nach den Vorleistungen ist auch hier die Nähe zu den Podiumsrängen eher unwahrscheinlich.
Dabei war der zweifache olympischen Medaillengewinner (2008/2012) am Reck, der sich da auch als Welt- und Europameister (2007/2008) präsentieren konnte, vor der Abreise noch ausgesprochen optimistisch gewesen.
Am Königsgerät Reck wollte er Überflieger Epke Zonderland (Niederlande) – laut Hirsch ein wahrer Künstler an der Reckstange – nicht nochmal mit dessen Mitteln attackieren. Statt riskanter Höchstschwierigkeiten mit diversen Flugelementen „werde ich auf meine Stärken, die möglichst saubere Ausführung, setzen“.
Eine Strategie, die vom Bundestrainer voll unterstützt wird, auf ihre Wirksamkeit aber letztlich ohne Final-Duell nicht getestet werden konnte…
Dass der 26-Jährige aber noch immer als Spitzenmann des aktuellen deutschen Aufgebots an die Geräte geht, ist aller Ehren wert. Denn vor mehr als einem Jahrzehnt erlebte das sportlich frühreife Talent sein WM-Debüt: „Das war 2003 in Anaheim/Kalifornien. Ich war der Youngster im Team, das wohl 12. wurde. Am Reck habe ich das Finale als Zuschauer erlebt.“
Seine erfolgreiche Langzeit-Karriere erklärt er damit, früh begonnen zu haben „und offensichtlich nach den Vorstellungen meines Vaters eine gute turnerische Ausbildung erhalten zu haben. Ansonsten bin ich ohne gravierende Verletzungen geblieben, weil wir ökonomisch trainiert haben. Allerdings bin ich selbst erstaunt, so lange auf Topniveau dabei zu sein. Das kann man als Turner so bis Ende 20, Anfang 30 halten. Also habe ich neben viel Erfahrungen mit bald 27 noch etwas Zeit.“
Nach harten Einheiten fühle er sich „aber mitunter wie ein alter Mann. Da denke ich, es wäre schön, nochmals 20 zu sein. Dann wären die Belastungen leichter wegzustecken. Denn die sind durch den Trend zu Höchstschwierigkeiten größer geworden. Da kann und will ich mit den Jüngeren nicht mehr ganz mithalten.“
Das Ziel lautet dennoch olympische Wettbewerbe 2016 in Rio de Janeiro. Dafür ist im nächsten Jahr bei den Weltmeisterschaften im schottischen Glasgow mit der Mannschaft mindestens wiederum ein achter Rang vonnöten. Was mit einer dann wieder kompletten Formation gelingen sollte.
Nach dem Abi hatte Hambüchen ein Fernstudium aufgenommen, aber dann wegen der Anforderungen seiner steil nach oben führenden Turner-Karriere abgebrochen. Den zweiten Studien-Anlauf nach London 2012 will er aber unbedingt an der Sporthochschule Köln für Sportmanagement/Kommunikation erfolgreich zu Ende führen. Zumal die Pendelei beim Training – mal in Köln, mal in Wetzlar – beendet und er in sein heimatliches Trainingsumfeld in Wetzlar bei Vater Wolfgang zurückgekehrt ist.