Sonntag, 22. Dezember 2024
Schlagworte Panorama

Schlagwort: Panorama

Eines langen Tages Reise Jean-Francoise Caissy besucht in „La belle Visité“...

Berlin (Weltexpress) - „La belle Visité“ ist ein Film so still und karg wie die Landschaft, in welcher er sich abspielt. Für seine berührende Dokumentation „Journey ´s End“ spürte der franko-kanadische Regisseur Jean-Francois Caissy einen Ort auf, der entrückt scheint von der Hektik des 21. Jahrhunderts. Im ländlichen Quebec steht das unscheinbare alte Motel, in welches der Regisseur einlädt, auf einen kurzen, schönen Besuch, „La belle Visité“, wie Caissys Reportage im Original heißt. Die Gäste, welche hier logieren, ziehen nicht mehr weiter. Die alten Menschen sind am Ende ihrer Lebensreise angekommen. Auf dieser letzten Etappe sucht das bewegende Filmdokument sie auf. Für einen schönen Besuch.

Ein Platz an der Sonne – Aljoscha Weskott und Marietta Kesting...

Berlin (Weltexpress) - „Dort haben wir uns gerne amüsiert.“ - „Es war immer schön dort, wenn man eine gute Zeit haben wollte.“ Wie aus einem Werbefilm klingen die Sätze. Doch sie kommen aus dem Herzen. Halb verschüttete Erinnerungen scheinen durch den Schleier der Nostalgie wie die blinkenden Lichter eines Vergnügungsparks. Jener alte Vergnügungspark ist das „Sunny Land“, auf dessen Spuren sich Aljoscha Weskott und Marietta Kesting in ihrem Dokumentarfilm begeben. Es gab dieses „Sunny Land“ tatsächlich, welches in einer Zeit des Hasses seine Tore für zärtliche Erinnerungen öffnete. „Sun City“, ein Vergnügungspark im Afrika der Apartheid. Und die Besucher kamen in Scharen.

Leise jedem seine Lieder – Tamara Trampes und Johann Feindts „Wiegenlieder“...

Berlin (Weltexpress) - „Können Sie sich an ein Lied erinnern, dass Ihre Mutter Ihnen zum Schlafengehen gesungen hat?“ Stellen Sie sich vor dem Kinobesuch selbst diese Frage. Von Ihrer Reaktion darauf hängt ab, wie sehr Ihnen der Dokumentarfilm „Wiegenlieder“ gefallen wird. Die Regisseure Johann Feindt und Tamara Trampe richteten die zu Beginn gestellte Frage an unterschiedliche Menschen in Berlin. Wer jetzt so selig vor sich hin lächelt wie einige der Befragten und mit nostalgieverklärtem Blick seufzt: „Meine Mami hat ja früher immer...“ wird auch die Geschichten und „Wiegenlieder“, denen der Film nachspürt, zutiefst rührend und gefühlvoll finden. Schlimmstenfalls, ließe sich vermuten, ist eine Dokumentation wie die Feindts und Trampes langweilig. Triefend sentimental und redundant trifft es bei „Wiegenlieder“ besser.

Zeiten des Aufruhrs – Yair Qedars dokumentiert die Auswirkungen der „Gay...

Berlin (Weltexpress) - „Das Schlimmste ist das Alleinsein.“, schildert ein prominenter Homosexueller in einem frühen Interview in „Hazman Havarod“ die Situation israelischer Schwuler und Lesben Mitte der achtziger Jahre. Drei Homosexuelle, die sich öffentlich dazu bekannten, gab es laut Yair Qedars Dokumentarfilm „Hazman Havarod – Gay Days“ damals in Israel. Rund ein Jahrzehnt später waren es eintausendmal so viele. Im Berlinale Panorama zeigt die präzise und erhellende Reportage des israelischen Regisseurs die „Gay Days“ der Jahre 1985 bis 1998 und wie sie das Lebensgefühl und Selbstverständnis israelische Homosexueller grundlegend veränderten.

… den Wald vor lauter Bäumen nicht – „Le abre et...

Berlin (Weltexpress) - „Ihr solltet diesen alten Baum fällen. Er wirft zu viel Schatten.“ In ihrem nachdenklichen Familiendrama legen die französischen Regisseure Olivier Ducastel und Jaques Martineau einer ihrer Nebenfiguren die Worte über jenen „Family Tree“ in den Mund, welchen das alte Familienoberhaupt Frederick als junger Mann pflanzte. Der Baum steht symbolisch für das Geheimnis, welches Frederick damals in seine Biografie setzte. Wie der Baum und mit ihm auch der Familienstammbaum Fredericks und seiner Frau Marianne, der „Family Tree“, ist das Geheimnis mit den Jahren gewachsen. Seine Auswüchse haben sich zu einem Geflecht der Lügen verdichtet.

Allein in vier Wänden – Die Gebrüder Paz inszenieren eine tragisch-komischen...

Berlin (Weltexpress) - Der ganze Berlinale-Stress war einfach zu viel. Ich glaube, ich leide an „Phobidilia“. Nicht unter negativen Nachwirkungen des gleichnamigen Films des israelischen Regie-Duos Doran und Yoav Paz, sondern unter dem so bezeichneten Zustand, welcher den Titelcharakter befällt. Nachdem ich das Spielfilmdebüt der Paz-Brüder im Panorama der Berlinale gesehen habe, weiß ich, dass ich nicht allein bin und wie meine Geisteshaltung - wir ziehen diese Bezeichnung dem leicht pathologisch klingenden Begriff 'Zustand' vor – heißt. „Phobidilia“ ist ein ernsthaften Sozialdrama, welches einige fälschlicherweise für eine Satire halten. Offenbar ist denen nicht klar, wie real und weit verbreitet die im Film inszenierten Symptome sind. Genau wie der junge Mann (Ofer Schechter) im Zentrum der Handlung hatte ich einen Nervenzusammenbruch an einem öffentlichen Ort. Allerdings nicht aufgrund endlosen Feierns, sondern Überarbeitung. Der Hauptcharakter, der sich später Wainblum nennt, verlässt daraufhin seine Wohnung nicht mehr. Vier Jahre lebt er so in der Gesellschaft von Bildschirmgestalten wie Seifenoper-Charakteren, Videohelden und Internetbekanntschaften. Bis äußere Umstände seine hermetisch abgeriegelte Existenz bedrohen.

Zusammen ist man weniger allein – Gemeinsam einsam sind die jungen...

Berlin (Weltexpress) - „Parade“ ist ein verstörender Film. Isao Yukisadas Film schleicht sich im Gewand einer Komödie heran, dem eines jener lustigen Ensemblefilme über eine Gruppe zusammengewürfelter junger Leute, die ihren Weg im Leben finden. Die ein gemeinsames Erlebnis einander näher bringt. Die vereint eine riskante Situation bewältigen. Keine Angst, all das ist „Parade“. Es wäre ungerecht, Yukisadas Verfilmung des 2002 erschienen Romans Shuichi Yoshidas den Rang einer Komödie abzusprechen, so scharf funkelt sein Sarkasmus, so amüsant sind dessen originelle Charaktere. Sind sie nicht sympathisch, wie sie sich in ihrem beengten Drei-Raum-Apartment in Tokio arrangieren? Der Gesundheitsfanatiker Naoki, der allmorgentlich noch vor Sonnenaufgang drauflos joggt, die arbeitslose Schauspielerin Kotomi, immer auf Abruf für ihren inzwischen berühmten Schauspieler-Freund, der verplante Sushi-Kellner Ryosuke und die abgebrühte Zeichnerin Mirai. Ganz normale junge Menschen – oder?

Meine liebe Herren Gesangsverein – Crayton Robey sucht „The Boys in...

Berlin (Weltexpress) – Wer sind „The Boys in the Band?“ Die Frage stellt Dokumentarfilmer Crayton Robey zu Anfang seines geistreichen Spurensuche „Making the Boys“. Es ist Christopher Street Day und keiner der Feiernden scheint „The Boys in the Band“ mit etwas zu verbinden. Nur einer überlegt skeptisch. Von so einem Film habe er mal gehört, ihn aber nie gesehen. Positive Assoziationen weckt der Film nicht – sofern sich überhaupt jemand an ihn erinnert. Unbekanntheit – vielleicht das traurigste Schicksal für ein einstiges Skandalwerk wie „The Boys in the Band“. Wer mitreden wollte, musste es gesehen haben. „Es gab dem Publikum jemanden, den sie guten Gewissens verachten konnten.“, sagt Edward Albee. „A Perverse Interest“ attestierte ihm einst Variety mehrdeutig. Carson Kressley aus der TV-Show „Queer eye for the Straight Guy“ bringt den damaligen Reiz des Stückes auf den Punkt:“Es war das erste mal, dass man offen schwule Charaktere auftreten sah.“

Bilder, die lügen: Yael Hersonski berichtet in „Shtikat Haarchion – A...

Berlin (Weltexpress) - Die Bilder zeigen ein schönes Leben. Gut gekleidete Menschen wohnen in komfortablen Wohnungen. Sie gehen in feinen Restaurants essen und kaufen teure Spezialitäten. Die Stände auf dem Markt sind reich gefüllt. Und dazwischen die unbeschwerten Menschen, Einwohner des Warschauer jüdischen Ghettos. Es sind Bilder, die Hass erwecken sollen. Aus alten schwarz-weiß Aufnahmen, manche beschädigt oder vergilbt, rekonstruierte Yael Hersonski das Gerüst eines Werkzeugs, welches im zweiten Weltkrieg zur Vernichtung der Juden beitragen sollte. Die israelische Regisseurin rekonstruiert in ihrem enthüllenden Dokumentarfilm „Shtikat Haarchion“ ein in Vergessenheit geratenes Dokument der Massenmanipulation.

Offene Fragen – Die Bedeutung von Jake Yuznas „Open“ im Berlinale...

Berlin (Weltexpress) – Wer sich wie der amerikanische Regisseur Jake Yuzna mit einem außergewöhnlichen Begriff von Ästhetik und einer Physis jenseits der Norm filmisch auseinandersetzt, provoziert. Provozieren steht hier nicht im abwertenden, sondern ursprünglichen Sinne des Wortes: Reaktionen und Emotionen wecken. Für seinen Mut zur Provokation wurde Yuzna auf einem anderen Festival mit einem gewissen “Special Jury Prize in Artistic Ristaking“ ausgezeichnet. Da überrascht es wenig, dass auch sein Spielfilmdebüt „Open“ provozieren will. Schockieren ist daran allerdings bestenfalls dessen Belanglosigkeit.

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