Als Nominierter in der Kategorie „World Coach of the Year for Women`s Football” war auch Triple-Trainer Ralf Kellermann für eine Trophäe im Rennen – und erreichte in dieser Wertung Platz zwei. Als Siegerin ehrten die Gastgeber DFB-Bundestrainerin Silvia Neid, der Titel des männlichen Welttrainers ging an Jupp Heynckes. Der 45-jährige Ralf Kellermann gewann mit dem VfL Wolfsburg das Triple bestehend aus deutscher Meisterschaft, DFB-Pokal und UEFA Champions League. Damit etablierte das Ensemble von Ralf Kellermann den Klub aus Niedersachsen nicht nur in der Elite des deutschen Frauenfussballs an der Seite der traditionell starken Mannschaften von Turbine Potsdam und des 1. FFC Frankfurt, sondern auch als ein weiterer Hochkaräter auf kontinentaler Ebene. Geboren ist Kellermann in Duisburg, aufgewachsen im Ruhrgebiet, Fußballspielen gelernt hat er beim MSV Duisburg.
Allüren der Berater kennengelernt
Als gelernter Torwart, genau wie sein Kollege Bernd Schröder von Turbine Potsdam, hat er sich sportlich mit einer Torwartkarriere durchbeißen müssen. Während Schröder als Freizeitfußballer neben seinem Beruf beim 1. FC Lokomotive Leipzig spielte, zog es den jungen Kellermann ins Profilager. Beim Zweitligisten FSV Frankfurt zum Beispiel hütete er einige Zeit das Tor. „Damals war`s chaotisch“, erinnert sich heute Ralf Kellermann zu den Vorgängen von damals noch sehr genau. Mit den Hessen gelang ihm 1994 der Aufstieg in die 2. Bundesliga, doch dort blieb ihm hinter dem vom Nachbarn Eintracht Frankfurt geholten Thomas Ernst in der Regel nur die Rolle des Ersatztorhüters. Beim großen Rivalen Eintracht war Keeper Thomas Ernst übrig geblieben und dessen Berater Klaus Gerster, der auch gleichzeitig FSV-Trainer war, tat das, was er immer tat. Gerster, mit dem Spitznamen "Der schwarze Abt" treffend beschrieben, trickste und vermittelte seinen "Spezie" Ernst. Kellermann: „Dann hat er ihn einfach rübergeholt, und wir sollten immer abwechselnd spielen.“ Schon damals lernte Kellermann die Allüren am eigenen Leib kennen, die die findige Verschlagenheit so mancher Spieleberater im Fußballgeschäft ausmacht.
Gilt als akkribischer Arbeiter
Das war damals menschlich einzustecken war, hat ihn für das Heute bei Vertragsverhandlungen mit Spielerinnen gegenüber Beratern härter und umsichtiger gemacht als Andere. Insgesamt bestritt er in der Saison 1994/95, an deren Ende der sofortige Wiederabstieg des abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz landenden FSV stand, neun Zweitligapartien. Seine Erfahrungen als Profi haben ihn gegenüber Geschäftsprozessen im Sportmanagement reifen lassen. Nicht umsonst ist Kellermann nicht nur Cheftrainer beim VfL Wolfsburg, sondern auch Sportlicher Leiter der Frauenabteilung. Das bedeutet er besitzt einen sehr starken Einfluß bei der Zusammenstellung des Kaders. Nach dem Abstieg mit dem FSV Frankfurt wanderte er weiter nach Verl, nahm aber was ganz Wichtiges aus Frankfurt mit: „Ich habe dort meine Frau Anja in der Nähe von Bad Soden im Taunus kennengelernt – und wir sind immer noch glücklich verheiratet." Sie wurde seine große persönliche Stütze in all den Jahren. Auch hier ähnelt er dem stolzen Rivalen Schröder aus Potsdam. Der ehemalige Zweitliga-Torhüter gilt als akribischer Arbeiter und großer Visionär, der es auf beeindruckende Weise verstanden hat, bei den Wölfinnen die perfekte Mischung aus erfahrenen Spielerinnen und aufstrebenden Talenten zu finden.
Emotionale Einspielfilme
Fast der ganze Tag hatte für den Trainer der Wölfinnen bereits im Zeichen der Ehrung gestanden. Am späten Vormittag traf Kellermann in der Schweizer Metropole ein, bald danach bat die FIFA sämtliche Nominierte erst zu einzelnen Medienterminen und daraufhin zu einer offiziellen Pressekonferenz. Per Limousinen-Transfer ging es nach einer Pause dann ins edel geschmückte Kongresshaus. Messi, Gullit, Zidane, Pelé – nach und nach trafen alle geladenen Größen des Weltfußballs ein, um vorbei an hunderten jubelnden Fans und kaum weniger Journalisten über einen roten Teppich ins Gebäude zu gelangen. Wie alle Titelkandidaten erhielt Ralf Kellermann, der von seiner Ehefrau Anja begleitet wurde, einen Platz in den vordersten Reihen, um sehr bald darauf auch schon im Fokus zu stehen. Denn gleich einer der ersten Programmpunkte des Abends war für alle Grün-Weißen der spannendste. Mit emotionalen Einspielfilmen stellte die FIFA die drei Kandidaten noch einmal vor, auf einer riesigen Leinwand lief Martina Müllers Siegtor aus dem Champions-League-Finale gegen Lyon. Dann ging es ganz schnell.
Sein Kämpferherz ist ungebrochen
Als Welttrainerin des Jahres kürten die Moderatoren Silvia Neid, bald darauf wurde auch das genaue Ergebnis bekannt. Als Resultat der Abstimmung unter je 146 Nationaltrainer/-innen und Nationalmannschafts-Spielführer/-innen sowie 88 Medienvertretern kam demnach die Bundestrainerin mit 1.036 Punkten auf die meisten Stimmen. Immerhin Zweiter wurde Kellermann mit 445 Punkten vor Pia Sundhage, der schwedischen Nationaltrainerin (430). „Es war eine große Ehre für mich, überhaupt unter den letzten drei Nominierten zu sein“, so die Reaktion des 45-Jährigen. „Von Anfang bis Ende war es eine wunderbare Veranstaltung. Dass wir hier vertreten waren, darauf können wir als VfL Wolfsburg unheimlich stolz sein. Silvia Neid möchte ich zum Titel der Welttrainerin herzlich gratulieren."
Vorbereiter der Glanzleistungen
Ralf Kellermann gilt als fairer Sportsmann. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass er oben auf dem Treppchen stehen wird. Sein Kämpferherz ist ungebrochen, seine von ihm souverän aufgebaute Frauenabteilung verfügt über einen der besten Kader in Europa. Seinen großartigen Erfolg hat er sich hart erarbeitet, er hat nichts geschenkt bekommen. Sein grandioser Aufstieg repräsentiert eine neue Ära im deutschen Frauenfußball. Nicht Neid besiegte die jahrelang dominierende Vereinsmannschaft der Welt Olympique Lyon, sondern der willensstarke Visionär und Taktiker aus Wolfsburg. Zwischen Meisterschaft, Pokal und dem Champions League Gewinn lagen ganze 11 Tage. Welttrainer Kellermann war der Vorbereiter der Glanzleistungen von Lena Goeßling, Nadine Keßler und Co. für die dann nachfolgenden Erfolge der Nationalmannschaft in Schweden. Zuerst war das Ei und dann kam zum Ausbrüten die Henne. Nur das wußte nicht jeder der Stimmberechtigten von Zürich.