Llosa-Verleger Suhrkamp und Journalisten kalt erwischt – Recht überraschend erhält der Peruaner Mario Vargas Llosa den Literaturnobelpreis 2010

Lateinamerika, besser das Spanische war durch aus wieder einmal dran, denn 1989 hatte Camilo Jose Cela, in Spanien ebenfalls mit den Rechten verbandelt, den literarischen Preis aller Preise erhalten, schon im Jahr drauf der Mexikaner Octavio Paz, beide schon über dem Höhepunkt ihres Zenits, aber 1982 hatte Gabriel Garcia Marquez ihn zur richtigen Zeit erhalten, denn damals wurde der magische Realismus, wie man die phantastische Literatur Lateinamerikas in einen Topf mit der jeweiligen Erzählweise warf. Aber nun zu Llosa, der geradezu über eine sensationelle Bandbreite von Themen in seinen Romanen verfügt.

Das Komitee führte als Preisbegründung aus: Wegen der „Kartographien von Machtstrukturen und seine bissigen Bilder von Widerstand, Revolte und Niederlage des Individuums“ erhält der peruanische Schriftsteller und Politiker Mario Vargas Llosa den Literaturnobelpreis 2010. Llosa ist einer der bekanntesten Autoren der Welt und hat überall Preise erhalten, so 1995 in Spanien den dortigen höchsten Literaturpreis, den Cervantes, und so in Deutschland den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Hierzulande schlug gleich sein erster, 1962 erschienener Roman „Die Stadt und ihre Hunde“ ein, wo er autoritäre Systeme sinnlich erfahrbar macht. Seit damals wird er von Suhrkamp verlegt und es sind seine Bücher mitsamt den Ausgaben anderer Lateinamerikaner, die in den Siebziger Jahren zu dieser Weltleidenschaft für spanische Literatur Lateinamerikas macht, überall, aber in Deutschland besonders. Wenn wir an unser Regal gehen, leuchten einem die grünen und gelben Taschenbuchausgaben entgegen, wo „Das grüne Haus“ wirklich auf Grün erscheint. Die gebundenen Werke sind sehr unterschiedlich und „Tante Julia und der Kunstschreiber“ gehört wirklich zur besten erotischen Literatur, die man sich vorstellen kann. Dabei kennen wir ganz wenig, aber das ist ein gewitztes und hintergründiges Buch und „Lob der Stiefmutter“ auch.

„Die Sprache der Leidenschaft“ (2002) dagegen ist jüngeren Datums und vereint Artikel des politisch interessierten Zeitbetrachters, die er bis ins Jahr 2000 schrieb. Unmöglich, all die über 30 Romane, Theaterstücke und journalistischen wie Sachartikel aufzuführen. Die Akademie hat – so ist das üblich – zeitig am Margen des Verkündungstages den Ausgewählten informiert und hat nun wiederum dessen Reaktion weitergegeben. Demnach sei Llosa „sehr gerührt und begeistert“ über diese Zuerkennung seiner dichterischen Qualitäten, sagte Peter Englund, der Oberste der schwedischen Nobel-Jury. Derzeit lehrt Llosa in New York an der dortigen Princeton-Universität. „Er war schon um fünf Uhr aufgestanden, um sich auf eine Vorlesung vorzubereiten. Unseren Anruf bekam er um Viertel vor sieben Uhr und arbeitete schon kräftig.“

Zu den Favoriten zählte Mario Vargas Llosa diesmal nicht, die waren stattdessen der Amerikaner Cormac McCarthy, auch die US-Autoren Thomas Pynchon, Philip Roth und Joyce Carol Oates , der gebürtige Kenianer Ngugi Wa Thiong`o , der japanische Autor Haruki Murakami, aus Schweden Tomas Tranströmer aus Schweden sowie die algerische Schriftstellerin Assia Djebar, die Dichter, Ko Un aus Korea und Adonis aus Syrien und sogar der Österreicher Peter Handke war im Favoritengeschäft.

Da er nicht zu den Favoriten zählte, hat die Auswahl den Suhrkamp Verlag kalt erwischt, Denn derzeit gibt’s nichts Neues von Llosa und die Buchmesse ist in erster Linie für die Neuerscheinungen da. Großes Verständnis also, daß zwar alle Interessierten zum Suhrkamp-Stand drängten, aber außer Freude und Sekt und einer strahlenden Verlegerin – Ulla Unseld-Berkéwicz: „Ich freue mich sehr, sehr, daß mein Freund Vargas Llosa den Literaturnobelpreis erhält – kann man hier nicht weiterhelfen. Sie meinte dann noch, daß sie sich freue, daß ein wirklicher Erzähler den Preis erhalte – „das ist eine Ermutigung für andere – und Suhrkamp derzeit 26 lieferbare Titel habe. Und während sie sich noch entschuldigte dafür, daß es kein Bild von ihr mit einem Llosabuch geben kann: „Er hat in diesem Jahr kein Neues und die Backlist haben wir nicht hier.“, entdecken Findige drei Taschenbücher von Llosa am Suhrkampstand und das begehrte Foto von der Verlegerin mit ihrem Starautor kann geschossen werden.

Damit, mir den 26 lieferbaren Werken ist es morgen schon vorbei, denn erfahrungsgemäß ist ja die Vergabe des Literaturpreises nicht nur eine große Ehre für Dichter und Verlag, sondern bringt auch Geld durch den Verkauf der Bücher. Die Preismillion mal nicht mitgerechnet. Die darf der Autor allein behalten. Da hoffen wir, daß der Peruaner seiner Nichte Claudia Llosa, auch Regisseurin, etwas abgibt, ihr finanziell unter die Arme greift, damit sie wieder einen so wunderbaren Film drehen kann wie „La teta asustada“, der im letzten Jahr den Goldenen Bären der Berlinale erhielt, obwohl er aus Peru kam. Denn Peru sei kein Filmland, meinten die Oberschlauen. Nun ist Peru nicht nur ein Filmland, sondern auch ein Literaturland. Den Mario Vargas Llosa allerdings teilen sie mit der ganzen Welt, denn seine Art zu schreiben, ist eben Weltliteratur.

Zur Erinnerung: Den Nobelpreis für Literatur gibt es seit dem Jahr 1901 und im letzten Jahrzehnt erhielten die Preisträger rund 10 Millionen Schwedische Kronen, fast über einer Million Euro (1 075 000) entspricht. Die Schwedische Akademie wählt aus und hat dafür eine Vorgabe des Stifters Alfred Nobels, der gewürdigt wissen wollte, wer „das Beste in idealistischer Richtung geschaffen“ hat. Am Todestag des Stifters, am 10. Dezember werden die Nobelpreise in einer großen Feier vom schwedischen König verliehen. Bis heute sind die Frauen unterrepräsentiert, obwohl es in den letzten Jahren zweimal Überraschungen gab, in dem aktuelle Schriftstellerinnen wie Elfriede Jelinek (und Herta Müller (2009) den attraktivsten Literaturpreis erhielten, also wenige noch junge Frauen und sehr viele meist alte Männer.

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