Jürgen Klopp und Thomas Tuchel – Zwei deutsche Trainer dürfen Titelanwärter der UEFA Champions League betreuen

Vor einem angeblichen "Champions-League"-Spiel in Barcelona. Quelle: Pixabay, gemeinfrei, CC0 Public Domain

Berlin, Deutschland; Paris, Frankreich, Liverpool, UK (Weltexpress). Wer unter den Fußball-Interessierten hierzulande beim Auftakt in der europäischen Königsklasse nicht zu den ausgemachten Fans der vier deutschen Starter zählte, für den war die Partie FC Liverpool versus Paris St. Germain der Höhepunkt der Woche.

Vorjahrs-Finalist Liverpool gewann 3:2 nach einem Treffer in der Nachspielzeit. Der französische Meister Paris und bereits wieder Tabellenführer schien in der ersten Hälfte von den Reds nach deren 2:0-überrolt zu werden, deutete dann aber mit dem 2:2-Ausgleich sein großartiges Offensivpotenzial an.

In Gruppe C dürfte es mit dem SSC Neapel und Roter Stern Belgrad (1. Spiel 0:0) spannend bis spektakulär weitergehen.

Dass aber deutsche Fußballanhänger mit besonderem Interesse auf die Partien zwischen Liverpool und Paris schauen, hat einen einfachen Grund: Hier duellieren sich die momentan wohl zwei besten deutschen Trainer. Und im 13. Vergleich der von ihnen betreuten Mannschaften setzte sich zum 9. Male der 51-jährige Klopp gegen den 45-jährigen Tuchel durch.

Sechs Jahre mehr an Erfahrung und im Wirken als Trainer haben zu dieser Bilanz beigetragen. Aber nun hat Tuchel, der origineller Weise erst in Mainz und dann in Dortmund Klopp als Nachfolger beerbte, einen Job, in dem er endlich mal nicht mit seinem charismatischen Vorgänger verglichen wird.

Tuchel übernimmt mit seinem Einstieg bei Saint Germain ein Starensemble, wie es einem Trainer ohne bisher internationale Meriten noch nie zur Verfügung stand. 2017 gewann er mit dem BVB den DFB-Pokal und schaffte die direkte Champions League-Qualifikation. Und schied nach Zerwürfnis mit der BVB-Führung (Watzke) infolge des Sprengstoff-Anschlags auf den BVB-Bus vorzeitig aus seinem bis 2018 gültigen Vertrag aus. Auch Spieler und Vereins-Angestellte bestätigten, der Cheftrainer sei im Verhalten mitunter „schwierig“ gewesen. Was da alles öffentlich ausgekramt wurde, hielt die FC Bayern-Doppelspitze lange Zeit davon ab, Tuchel als Nachfolger von Jupp Heynckes in Betracht zu ziehen. Als der FCB dann doch Tuchel anläuteten, hatte dieser schon Paris sein Wort gegeben.

Der Deutsche wurde verpflichtet, weil der Spanier Unai Emery, ein Mann der Kategorie internationaler Toptrainer, den sehnlichsten Wunsch von St. -Germain-Präsident Al Khelafi – den Triumph im wichtigsten Vereinswettbewerb des globalen Fußballs – nicht realisieren konnte. Obwohl der Katarer Khelafi mit den 220 Millionen Euro für den exzentrischen Brasilianer Neymar und den 180 Millionen für das französische Supertalent Mbappe alle bisherigen Transfer-Maßstäbe sprengte.

Mit Edinson Cavani (Uruguay) und Angel de Maria (Argentinien) stehen weitere offensive Edelkicker im Kader. Damit vor allem gewann St.-Germain unter Emery überlegen den Titelkampf in der Ligue 1 und blieb in der Champions League in der Gruppenphase auch vor den ambitionierten Müchnern. In der folgenden K.o.-Phase er mögen halt nicht wies sich jedoch ein gravierendes Manko: Die fehlende Balance zwischen Offensive und Defensive. Die erwähnten Ausnahme-Offensivkräfte mögen halt in der „Arbeit nach hinten“ nicht viel investieren als in spektakuläre Offensivaktionen!

Tuchel ohne die erhoftften Verstärkungen für die Defensive

Dass die St.-G-Führung Tuchel zutraut, diese spielerische Unwucht auf dem Rasen auszubalancieren, aus einem Überangebot von überragenden Einzelkönnern ein funktionierendes Kollektiv auf dem Feld und in der Kabine zu formen, ist ein erstaunlicher Vertrauensvorschuss.

Tuchel muss in den Einstellungsgesprächen einen überaus überzeugenden Eindruck in allen Bereichen hinterlassen haben. Da dürfte ihm geholfen haben, sein Schulfranzösisch vorher kräftig aufgefrischt haben. Und so vermag er auch fließend auf Französisch Auskunft zu geben. So was kommt in Vive la France überaus gut an.

Tuchel hängen aus Dortmunder Tagen Klischees wie eigenwillig, bisweilen störrisch, verbissen, rechthaberisch, aber auch fußballerisch vielseitig, taktisch versiert, extrem detailversessen an. Den Fehler, sich mit der Vereinsführung öffentlich zu zoffen, wird er an der Seine nicht wiederholen. Auch nicht den mitunter oberlehrerhaften Umgang mit den Spielern. Neymar sei ein wahrer Künstler, schwärmte er, gab sich locker beim Mitgesang nach dem Erfolg im nationalen Supercup gegen Monaco. Charm-Offensive allenthalben!

Um aber die defensive Stabilität anzuheben, hatte sich Tuchel kurzfristig vergeblich um drei Defensivkräfte bemüht: Die Transfers von Jerome Boateng (Bayern München), N‘Golo Kante (Chelsea) und Alex Sandro (Juventus Turin). Zu kurzfristig. Stattdessen bekam er mit FCB-Verteidiger Juan Bernat und Eric Choupo-Moting (Stoke City) eher Ergänzungsspieler denn Verstärkungen.

Liverpool mit 182 Millionen Euro Rekord-Ausgaben

Eährend Tuchel nun mit einem bereits hochkarätigen Kader starten darf, war das bei Jürgen Klopp 2015 keinesfalls so. Als der wenig erfolgreiche und wenig bekannte Brendan Rodgers da die Reds verlassen musste, rangierte das Team auf dem 10. Platz. Jürgen Klopp wurde an der traditionsträchtigen Anfield Road, dem Ort seiner frühen Fußballbegeisterung, Teamchef. Und auch da schaffte er wie in Mainz oder Dortmund bald die nahezu kultische Verbindung zu Spielern, Mitarbeisind insoferntern und den Fans. Wenn er ekstatisch an der Seitenlinie in wilden Zuckungen umhersprang, dann trieb es die Zuschauer ähnlich verzückt in die Höhe!

Und Liverpool wurde von Jahr zu Jahr stärker und erfolgreicher. In der Vorsaison mit der direkten CL-Qualifikation und dem unglücklich verlaufenden Finale gegen Real Madrid. Dem deutschen Torwart der Reds, Loris Karius (nun nach Istanbul ausgeliehen) unterliefen zwei Fehler mit Karriere gefährdender Dramatik. Und die eiskalte Effizients der Madrilenen führte nach dem 3:2 zu deren dritten Titelgewinn in Folge.

Doch die Sehnsucht der Reds-Gemeinde, endlich nach 2005 wieder den Henkelpott der CL-Sieger im vereinseigenen Trophäensaal präsentieren zu können, ist scheinbar übermächtig. Liverpool gönnte sich einen Tranfers-Ausgabebetrag von 182 Millionen.

Darunter den brasilianischen Torhüter des AS Rom, Alisson, für 62,50 Millionen, den torgefährlichen Mittelfeldmann des RB Leipzig, Naby Keita, für 60 Millionen, den defensiven Mittelfeldspieler Fabinho vom AS Monaco für 45 Millionen sowie diverse Spieler auf Leihbasis. Durch Abgänge verzeichnete der Verein rund 17 Millionen Einnahmen. Liverpools Tranfers sind insofern bemerkenswert, da der Kader mit u.a. Salah, Mane, Firmino, Sturridge, van Dijk schon titelwürdig bestückt war.

Insgesamt wird der Marktwert des Kaders mit 876 Euro angegeben. Und übertrifft so aktuell den des St.-G Paris von 816 Millionen.

Das zwei Trainer aus Deutschland mit der insgesamt außer Bayern München schwächelnden Bundesliga in der mit Spanien führenden Premier League für kompetent angesehen werden, zwei europäische Spitzenmannschaften zu betreuen, dürfen sich Klopp/Tuchel als persönlichen Karriere-Erfolg anheften.

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