„Wir brauchten jemanden, der unsere Sprache spricht. Achim ist mein Wunschkandidat.“ – Bernd Schröder
Wenn die Spielerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam am Montag zum Trainingsauftakt in den Luftschiffhafen kommen, wird ihnen das neue Gesicht im Trainer-Team erstmals begegnen. Nur Generalisten vom Format eines Alex Ferguson werden verstehen, wie schwer Schröder der Übergang seiner eigenen Ablösung vom Amt des Cheftrainers zum eigenen Nachfolgekandidat werden wird. Nach dem sportlichen Aus vom diesjährigen Wettbewerb der Champions League 2014/2015 unter der Führung von Schröder wurde klar, dass der weit ins übliche Pensionsalter regierende 71-jährige Meistertrainer jetzt ein günstiges Zeitfenster finden würde, sein Haus zu bestellen, um einen tüchtigen Nachfolger aufzubauen, der aus jungen Talenten Mustersportlerinnen in Sachen Kampf, Taktik, Athletik und Selbstvertrauen zu formen.
Der Tempomacher der letzten beiden Jahre „Champions League Titan“ VfL Wolfsburg verfügt mit Cheftrainer Ralf Kellermann über einen 45-jährigen Ausnahmetrainer, der Rivale 1. FFC Frankfurt löste mit dem 52-jährigen englischen Fußballlehrer Colin Bell sein strukturelles Trainerproblem. Potsdam war jetzt am Zuge, die Vorentscheidung zur Nachfolge von Bernd Schröder zu starten.
Diplom-Sportlehrer Achim Feifel trainierte zuletzt den russischen Eliteverein FK Rossiyanka und wurde 2012 mit dem Team russischer Meister. Frauenbundesliga Erfahrung besitzt der 49-jährige Württemberger reichlich. Von 2005 bis 2012 hatte er bei der Frauenmannschaft des Hamburger SV das Sagen. Achim Feifel gilt als geduldiger zielstrebiger Frauen-Coach, der selbst in einem „frauenfeindlichen Männerverein“ wie dem HSV unter der finanziellen Knute unfähiger Vereinsmanager sportliche Höchstleistungen seiner Spielerinnen hervorbringen konnte. Nicht im Stile eines Sonny-Boys mit der legendären HSV-Raute auf der Sportjacke regierte er dort, sondern in der Rolle eines bescheidenen Lehrers, der fordert und fördert.
Nach bravourösen Siegen mit dem Hamburger SV lautete meist seine stolze Message: „Glück muss man sich verdienen, es kommt nicht von alleine."
Als in Hamburg nach dem Weggang von Managerin Katja Kraus nur noch männliche Erbsenzähler über den Wert und Unwert einer Frauenabteilung gemäß Statistiken und Gehaltslisten zu befinden hatten, befand er am Ende in fast philosophischer Manier: „Ich gehe.“ Das ihn Schröder schätzt, liegt auf der Hand. Sachverstand gepaart mit Charakterstärke sind nämlich das Holz, aus dem Meistertrainer geschnitzt sind. „Er soll bei uns das Verbindungsstück zwischen Nachwuchs und der Bundesliga sein", erklärte Schröder gegenüber Sebastian Morgner. „Achim wird auch beim Nachwuchs-Perspektivteam mitmachen." Zur neuen Saison werden sechs junge Spielerinnen in die erste Mannschaft integriert. Hier wird der engagierte Fachmann Achim Feifel zeigen können, ob er das notwendige Glück und Können haben wird, um die Trainerlegende Schröder zu beerben.
Eine der Hoffnungsträgerinnen ist Felicitas Rauch, die gestern gemeinsam mit Teamkollegin Wibke Meister in den endgültigen Kader der U-20-WM für Kanada berufen wurde.
„Um gegen große Mannschaften zu punkten, müssen Spielerinnen eine geschlossene, hundertprozentige Leistung bringen. Aber das allein wird noch nicht reichen. Wir müssen den Gegner dazu bringen, dass er nicht seine volle Qualität entfalten kann. Wenn wir uns nur auf die Defensive verlassen, können wir einen so starken Gegner nicht gefährden. Wir müssen bei Ballgewinn vielmehr sofort Stiche setzen, das Spiel von unserem Tor weg verlagern und dabei selbstbewusst sowie aggressiv agieren. Wenn wir möglichst eigene Fehler vermeiden und das Spiel möglichst lange offen halten, können auch große Mannschaften unter Druck gesetzt werden, um nicht zur Hochform zu finden.“
Diese Worte sprach Achim Feifel vor dem Spielbeginn beim 1:0 Auswärtssieg gegen den 1. FFC Frankfurt am 18. März 2012.
Der Hamburger SV spielte mit Weech, Haye, Hepfer, Simon, Meiforth, Kameraj (Timmermann), Brüggemann , Bagehorn (Saländer), Yaren, Ewers und Wich (Schubert). Ein Kontertor von Kameraj in der 51. Minute entschied die Partie. Zwei Monate später gab der HSV-Vorstand in unrühmlicher Weise die DFB-Lizenz zurück. Sieben Jahre kontinuierliche Aufbauarbeit von Achim Feifel für den Hamburger Frauenfußball waren beendet.