Boris in der Bredouille

Boris Johnson. © Government of UK

Wien, Österreich (Weltexpress). Boris Johnson ist in arger Bedrängnis – und für einen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen von Westminster und Downing Street sei die BBC-Fernsehserie „House of Cards“ (1990) dringend empfohlen. Der tiefschwarze Polit-Krimi um den ebenso charmanten wie skrupellosen Francis Urquhart und dessen rasanten Aufstieg vom konservativen „Chief Whip“ (Klubchef) zum Premier weist frappante Ähnlichkeiten mit den Dramen auf, die sich dieser Tage an der Themse abspielen. Jene Serie beginnt nach der Palastrevolte gegen Margaret Thatcher – und auch im Kabinett des fiktiven Francis Urquhart tragen die Cäsarenmörder bereits den Dolch unter der blütenweißen Toga der loyalen Kabinettsminister und übereifrigen Sekretäre.

Was sich einst auf den Fernsehschirmen abspielte, wiederholt sich heute als Reality-Show: Gegen den charmanten doch fahrigen Johnson mit seiner wirren blonden Haartracht, der sich gestern noch wegen der äußerst erfolgreichen Impfkampagne – 33,8 Millionen Briten haben die erste und zusätzlich 13,2 Millionen auch die zweite Impfdosis erhalten, sieben von zehn Briten sollen Covid-Immunität erlangt haben – in einem Popularitätshoch sonnte, sind blitzend die Dolche gezückt. Im Unterhaus hatte sich BJ am Mittwoch zwei brisanten Fragen des Labour-Oppositionsführers Sir Keir Starmer zu stellen: Hat der Premier letzten Herbst tatsächlich den schockierenden Satz von sich gegeben, eher sollten sich „die Leichen hoch auftürmen“, als dass er in einen neuen Covid-Lockdown einwillige? Und, schlimmer noch, ließ sich Johnson die angeblich bis zu 200 000 Pfund verschlingende Renovation der Dienstwohnung in 10 Downing Street indirekt durch Parteispenden konservativer Geldgeber finanzieren? Die Vorwürfe stammen von Dominic Cummings, Johnsons einstigem Brexit-Chefstrategen, der im November vom Premier jäh in Ungnade entlassen wurde. War dieser die “Chatty Rat” (geschwätzige Ratte), welche Gerüchte über den damals bevorstehenden Oktober-Lockdown in Umlauf brachte? Der Premier rief höchstpersönlich bei den Chefredaktoren der wichtigsten Zeitungen an, um deren Berichterstattung dahingehend zu beeinflussen – ganz wie gehabt, in „House of Cards“.

Um der Sache die Krone aufzusetzen: Die Zusicherung via Whatsapp an den mit der Herstellung von Covid-Beatmungsgeräten betrauten Staubsauger-Hersteller James Dyson ihm (und seinen Mitarbeitern) würden keine steuerlichen Nachteile entstehen. Bei konservativen Hinterbänklern machte das böse Wort vom „Integrity Vacuum“ beim Premier die Runde – unüberhörbar eine Anspielung auf „Vacuum Cleaner“ (Staubsauger).

Anmerkung:

Vorstehender Artikel von Dr. Charles E. Ritterband wurde am 29.4.2021 in „Voralberger Nachrichten“ erstveröffentlicht.

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