So kurzweilig und ganz bei sich ist Theater selten. Hier wird nicht geschrieen und gespuckt, die herrlichen Kostüme bleiben am Leibe und von den eigens komponierten Liedern ist gar der Text zu verstehen.
Der Dichter ertrank vor genau hundert Jahren in der Havel, sein Teufel zieht nun schalkhaft grinsend, nickend und einen übergroßen Bauch tätschelnd über die Bühne. Das schiefe Hinken erzeugen ungleiche Absätze, gesteigert in der Wirkung durch ein brutal reales Kostüm, dieses Teufels-Rot bis in die Fingerspitzen! Genial gespielt von Patrick Bartsch. Außerdem tauchen die Mutter, ein Bäcker, ein Scharfrichter und der Negerzwerg vom Rummelplatz auf, der zum Schluss die Marseillaise singen mag. Teufel und Zwerg sind es denn auch, die aus dem Stück treten und sich über dessen Konfusität lustig machen – spätestens da ist das Herz des Zuschauers gewonnen! Es gibt noch einige junge Damen, auch sie in berückenden Roben und mehr oder weniger heilig.
Am 16. Januar 1912 unternahm der erst 25jährige Heym mit seinem Freund Ernst Balcke eine Schlittschuhpartie auf der Havel. Die beiden stürzten in ein von Schnee verwehtes Eisloch. Beim vergeblichen Versuch, den ertrinkenden Freund zu retten, geriet Heym unters Eis und ertrank. Am 16. Januar 2012 erstand ein Heym im Pavillon des Berliner Ensembles auf, der taufrisch wirkt, sich zwitterhaft in Faust und Teufel splittet und zu verzaubern mag.
Fazit: echtes Theater, kurzweilig, bunt, knackig, köstlich!
Titel: Faust. Fragment 1911 von Georg Heym, eine Montage von Manfred Karge, Uraufführung, Regie und Bühne: Manfred Karge, Kostüme: Julia Rogge, Musik: Joe Bauer, Lieder: Tobias Schwencke, Dramaturgie: Dietmar Böck, Theater: Berliner Ensemble, wieder am 30.1., 2.2., 25.2.2012, Website: http://www.berliner-ensemble.de/repertoire/titel/75