Und wie sieht das aus mit der Atomkraft in der Türkei? Bis jetzt gibt es noch keine Atomkraftwerke, aber wenn es nach dem türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan geht, dann wird bald eines in Akkuyu, nahe der Stadt Mersin, an der türkischen Mittelmeerküste stehen. Verhandelt wird mit einer russischen Firma und dieser Meiler soll einer der mordernsten der Welt werden, heißt es. Kein Problem scheint man auch darin zu sehen, dass etwa 30 Kilometer entfernt vom geplanten Standort des neuen Super-Kraftwerks eine aktive tektonische Verwerfungslinie liegt und 120 Kilometer östlich von Akkuyu vor 13 Jahren bei einem Erdbeben an die tausend Menschen getötet wurden. Und als wäre das noch nicht genug, wird mit dem japanischen Fukushima-Betreiber Tepco über ein Kraftwerk in Sinop an der Schwarzmeer-Küste verhandelt und ein drittes ist auf dem europäischen Kontinent, in der Provinz Tekirdag, geplant.
Wenn die Regierung Erdogan sagt, dass der Energiebedarf des Landes mit der rasant wachsenden Bevölkerungszahl sowie der ebenso rasant wachsenden Wirtschaftskraft im selben Tempo steigt, ist das richtig. Doch wären die 16 Milliarden Euro, die für das Atomkraftwerk am Mittelmeer ausgegeben werden sollen, eventuell besser in die Erschließung erneuerbarer Energien investiert. Beispiel Geothermie: Die Türkei verfügt über 170 geothermische Wärmegebiete und rund 1 000 Thermalquellen, die zur Zeit bekannt sind. Damit ist sie im Besitz des weltweit siebtgrößten Potenzials an geothermischer Energie und belegt damit den 1. Rang in Europa.
Bisher wurden in den 13 bisher bekannten geothermischen Hochenthalpie-Lagerstätten partiell bereits in 800 Metern Tiefe Temperaturen von 200 Grad C. erreicht. Damit bietet sich dem Land die allerbeste Möglichkeit einer geothermischen Stromproduktion. Ein dementsprechendes Gesetz, dieses geothermische Potenzial auszuschöpfen, wurde bereits durch das Parlament verabschiedet, das seit Juli 2007 auch der Privatwirtschaft diesen Markt erschließt. Laut Berechnungen könnte die Türkei alleine durch die volle Auslastung ihrer geothermischen Energie 15 Prozent ihres Energiebedarfs decken.
Im März 2011 entschied das türkische Energieministerium, 29 Geothermie-Lizenzen zu versteigern. Mit den bisher vergebenen 34 Lizenzen würden dann Geothermiekraftwerke in der Türkei mit 95 Megawatt Leistung arbeiten. Hier erhofft sich der Staat Investitionen in Höhe von etwa 1 Milliarde USD und ebenso die Schaffung von 10 000 Arbeitsplätzen. Eine Einspeisevergütung für Geothermie-Strom hat die Regierung bereits Anfang des Jahres beschlossen. Sie liegt bei 0,105 USD pro Kilowattstunde. Einspeisevergütungen für andere Erneuerbare Energien wurden ebenso eingeführt, deren Nutzung aber noch auf sich warten lässt. Sonnenenergie und die Stromerzeugung durch Windkraftanlagen spielen noch keine große Rolle.