Wer will in Deutschland spalten? – Und was Bürger dagegen tun können

Dresden in der Dämmerung. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Manchmal kann man das Charakteristische eines Landes exemplarisch beobachten. Zwei «Ereignisse» in den Tagen vom 1. bis 5. Juli und die Berichterstattung darüber werfen ein bezeichnendes Licht auf die innere Spannungslage in Deutschland und die Ursachen hierfür. Das Land könnte aber auch einen anderen Weg gehen, wenn die Fronten aufgelöst würden und die Betroffenen miteinander ins Gespräch kämen.

Am 1. Juli trafen sich wie jeden Montag seit ein paar Jahren Menschen in Dresden zur allwöchentlichen Pegida-Kundgebung. Pegida ist die Abkürzung für «Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes». Nach allem, was man wissen kann, treffen sich hier vor allem Menschen aus Dresden und Umgebung. Sie lehnen die gegenwärtige deutsche Politik und das politische Personal in Deutschland – zum Teil rigoros – ab und sind in großer Sorge, dass mit den ungewöhnlich vielen Migranten aus dem islamischen Kulturkreis seit dem Sommer 2015 nicht zu bewältigende Probleme gefolgt sind. Sie wissen von ganz konkreten Benachteiligungen der bisherigen Deutschen und befürchten eine Zerstörung dessen, was sie für deutsche Kultur halten. Zu vielen Medien haben sie keinerlei Vertrauen mehr. Unter ihnen wird es auch Personen ohne ehrliche Anliegen geben. Das wäre nicht erstaunlich. Aber für die meisten von ihnen wird das nicht gelten – und man hüte sich davor, allein schon aus einer zum Teil derben Sprache auf eine schlimme Gesinnung zu schließen.

«Kontraste» und Pegida

«Kontraste», ein politisches Magazin der ARD, hatte die Kundgebung am 1. Juli mit seinem Aufnahmeteam aufgesucht und Kundgebungsteilnehmer gefragt: «Bedauern Sie den Tod von Lübcke?» Der CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war vor ein paar Wochen ermordet worden. Tatverdächtig ist ein junger Mann, der Kontakte zur rechtsextremen Szene haben soll.
Die Antworten der von der Fernsehjournalistin Befragten waren in Anbetracht des geschehenen Mordes unangemessen. Aber es waren keine Skinheads mit Springerstiefeln oder ähnlich aussehende Menschen, die geantwortet hatten, sondern, wie man gemeinhin sagt, «einfache Leute», fast alle älter als 50 Jahre, Frauen und Männer.

Das Magazin «Kontraste», das wurde bei der am 5. Juli ausgestrahlten Sendung klar, hatte es darauf angelegt, unangemessene Antworten zu bekommen. Schon in der Anmoderation wurden die Kundgebungsteilnehmer etikettiert: «Noch immer versammeln sich jeden Montag in Dresden Rassisten, Rechtspopulisten, Verschwörungstheoretiker, Frustrierte.» Und dass die Kundgebungsteilnehmer zumindest «geistige Brandstifter» sein sollen, wurde auch gleich zu Beginn herausgestellt: «Der Hass auf ihn [Walter Lübcke] wurde auch bei Pegida in Dresden immer wieder geschürt.» – Ob es wirklich «Hass» war? Zustimmung zu seiner Politik hatte der Ermordete bei den Kundgebungsteilnehmern von Pegida sehr wahrscheinlich nicht gefunden. Walter Lübcke hatte im Oktober 2015 nach massivem Unmut über die Errichtung einer Erstaufnahme-Unterkunft in seinem Regierungsbezirk in einer öffentlichen Veranstaltung gesagt, die deutsche Migrationspolitik sei Ausdruck hochstehender Werte, und dann, nochmals direkt auf den Unmut reagierend: «Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist.»

Keine ehrlichen Fragen

Die Sendung des politischen Magazins hatte wohl von vornherein nur einen Sinn: die Kundgebungsteilnehmer von Pegida als «rechts» verseuchte Wesen darzustellen, jenseits dessen, was eine freiheitliche Gesellschaft tolerieren kann. Fragen danach, was die befragten Bürger tatsächlich beschäftigt und was es für sie bedeutet, hartnäckig von einem Fernsehteam befragt zu werden, das von vornherein gegen sie eingestellt ist, die Kundgebungsteilnehmer wie oben etikettieren will und nur nach «Material» für eine Bestätigung sucht, wurden nicht gestellt.

Es ist sehr gut verständlich, gegen «rechts» zu sein

«Rechts», das ist für viele Menschen ein Synonym für «neue Nazis», für eine gewalttätige, menschenverachtende, Menschen mordende, totalitäre Politik. Entschieden gegen eine solche Politik Stellung zu nehmen sollte eine Selbstverständlichkeit für jeden Bürger sein. Sehr wahrscheinlich handeln viele Menschen, die heute bei Aktionen gegen «rechts» mitmachen, aus dieser Motivlage heraus.

So wohl auch bei einem Konzert mit Herbert Grönemeyer und anderen in Chemnitz am 4. Juli. Organisiert wurde diese Veranstaltung unter dem Namen «Kosmos Chemnitz». Die Organisatoren sahen ihre Veranstaltung als Folgeveranstaltung zur letztjährigen in Chemnitz. Diese fand unter dem Signet #wirsindmehr statt. Die Organisatoren dieses Jahr knüpften bewusst an dieses Signet an: #wirbleibenmehr. «Ein zweites Festival gegen rechts – eine gute Idee», schrieb Zeit-Online am 5. Juli. Appelle wie die einer Musikgruppe junger Leute, «Wenn ihr Rassismus oder Sexismus seht, macht das Maul auf!», wurden lobend hervorgehoben.

Was sagt der sächsische Verfassungsschutz zu #wirsindmehr?

Nur: Wer die Dinge differenzierter betrachtet, wird ungern gesehen. So der sächsische Verfassungsschutz. Der hatte die letztjährige Veranstaltung in seinem im Mai 2019 veröffentlichten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 erwähnt und geschrieben: «Häufig finden Musikveranstaltungen mit aktiver Beteiligung von Linksextremisten – ob als auftretende Künstler oder als Veranstalter – in öffentlichen Einrichtungen statt oder werden als Musikfestivals unter freiem Himmel durchgeführt. Linksextremistischen Musikgruppen bietet sich damit die Möglichkeit, öffentliche nichtextremistische Veranstaltungen für die Vermittlung ihrer politischer Ideen zu nutzen, sich dort zu präsentieren und gesellschaftliche Akzeptanz zu finden, um schließlich im Kontext ihrer extremistischen Ideologie auf Nichtextremisten einzuwirken.»

Der sächsische Verfassungsschutz sah sich daraufhin mit starker Kritik konfrontiert, selbst vom sächsischen Ministerpräsidenten (CDU-Mitglied), und musste am 15. Mai nochmals eine Pressemitteilung herausgeben. Dort ist zu lesen, dass im Verfassungsschutzbericht keineswegs alle Teilnehmer der Veranstaltung im Sommer 2018 in eine linksextreme Ecke gestellt worden waren. Konkret seien lediglich die Musikgruppen «Feine Sahne Fischfilet» und K.I.Z. genannt worden. K.I.Z. trug 2018 in Chemnitz ein «Lied» mit der Passage «Ich ramm die Messerklinge in die Journalisten-Fresse» vor und bedankte sich 2018 in Chemnitz ausdrücklich beim «Schwarzen Block».
Ergo: Wie bei Pegida in Dresden gab es wohl auch in Chemnitz Kräfte, die ganz eigene politische Ziele verfolgen.

Warum wird nicht differenziert und stattdessen polarisiert?

Aber warum differenzieren die meisten Medien und politisch Verantwortlichen so wenig? Warum tragen sie stattdessen zur Polarisierung bei? Weitere Fragen liegen auf der Hand. Gibt es handfeste Interessen daran, dass sich die deutsche Gesellschaft spaltet und aus Meinungsverschiedenheiten Fronten werden? Sind solche Störungen des inneren Friedens vielleicht sogar Teil einer Vorbereitung auf den Krieg gegen außen? Die Nominierung der deutschen Kriegsministerin Ursula von der Leyen zur Präsidentin der EU-Kommission lässt erneut nichts Gutes ahnen. Geht es um die weitere Aushöhlung von Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie und den Weg in eine neue Art von Diktatur?

Bürger können miteinander sprechen, sie müssen sich nicht bekämpfen

Mittlerweile muss man davon ausgehen, dass es nur wenige oder gar keine gleichwertigen Gespräche zwischen Teilnehmern der Veranstaltungen gegen «rechts» in Chemnitz und Kundgebungsteilnehmern bei Pegida in Dresden mehr gibt. Die Schützengräben werden tagtäglich ausgebaut. Aber was haben die Bürger davon, wenn sie nicht mehr miteinander sprechen, wenn sie sich nicht gemeinsam für Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie … und für den Frieden einsetzen?

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Karl-Jürgen Müller
Karl-Jürgen Müller ist Lehrer in Deutschland. Er unterrichtet die Fächer Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde. Er lebt in der Schweizerischen Eidgenossenschaft und schätzt die direkte Demokratie und politische Kultur in der Schweiz sehr.