Warnung vor gefährlichem „Chemiecocktail“ in Autoklimaanlagen – Autoindustrie setzt weiter auf gesundheitsschädliches Kältemittel 1234yf in Autoklimaanlagen

Inzwischen sind die Hersteller umgeschwenkt und betreiben in Deutschland und auf EU-Ebene intensive Lobbyarbeit für das von den US-Chemiekonzernen DuPont und Honeywell auf den Markt gebrachte Kältemittel 1234yf – eine leicht entzündliche und im Brandfall potenziell tödliche Chemikalie. Die Gefährlichkeit hat bereits Eingang gefunden in das so genannte Datenblatt der Chemiekonzerne. Im Auftrag der DUH hat die BAM Auswirkungen von Kältemittelleckagen im Motorraum eines Fahrzeugs untersucht. Die Ergebnisse wurden in einem Video dokumentiert. „Die BAM bestätigt unsere Tests aus dem vergangenen Jahr: Das von der Automobilindustrie favorisierte chemische Kältemittel 1234yf ist brennbar und setzt hochgiftige Flusssäure frei. Wer die Chemikalie in Fahrzeugklimaanlagen einfüllt, handelt unverantwortlich gegenüber allen Menschen, die in Zukunft unmittelbar oder mittelbar an Autounfällen beteiligt sind, sagte Resch. Die Materialforscher haben unter Laborbedingungen Flusssäure-Konzentrationen von über 90 ppm (parts per million) gemessen und in der Folge schwere Korrosionen an der Fensterscheibe des Testautos festgestellt. Flusssäure ist bereits in geringsten Konzentrationen gesundheitsschädlich und kann irreversible Schäden hervorrufen.

VDA-Präsident Matthias Wissmann stehe vor einem „Scherbenhaufen seiner Glaubwürdigkeit“, kommentierte Resch. Wissmann hatte sich 2007 dafür feiern lassen, den Beschluss der Vorstandsvorsitzenden der deutschen Autokonzerne über den Einsatz des natürlichen Kältemittels CO2 in Autoklimaanlagen herbeigeführt zu haben. „Seit der ruhmreichen Ankündigung der Deutschen Automobilindustrie, als Weltmarktführer für natürliche Klimaanlagentechnik voranzugehen, ist faktisch nichts passiert“, so Resch weiter. Entgegen den Zusagen würden zum 1. Januar 2011 keine neuen Auto-Modelle mit Klimaanlagen auf Basis natürlicher Kältemittel ausgeliefert. Die Automobilindustrie verstoße mit ihrer Verzögerungstaktik eindeutig gegen Sinn und Wortlaut einer EU-Richtlinie, die ab diesem Stichtag für neue Fahrzeugtypen weniger Klima schädigende Kältemittel als den bisher verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoff R134a vorschreibt.

Die Autoindustrie will mit ihrem Schwenk zu 1234yf offensichtlich Investitionskosten sparen und nimmt die Belastung mit hochgiftiger Flusssäure in Unfallsituationen billigend in Kauf. „Bereits bei 4 ppm Flusssäurekonzentrationen müssen Rettungskräfte der Feuerwehr eine spezielle Ausrüstung tragen. Das Risiko, dass sich Fahrzeuginsassen und Rettungskräfte bei einem Autounfall schwere Verätzungen der Luft- und Atemwege zuziehen, ist enorm“, sagte der Verkehrsexperte Dr. Axel Friedrich. Die im Herbst 2008 im Auftrag der DUH durchgeführten ähnlichen Tests zum Brandverhalten chemischer Kältemittel waren von Automobilherstellern und Chemieindustrie als „manipuliert“ zurückgewiesen worden. Als Versuchsfahrzeug der BAM kam nun ein VW Golf III zum Einsatz, der gemäß den Herstellerangaben mit der vorgegebenen Menge für Kältemittel und Öl befüllt war. „Die neuen Untersuchungen wurden von einer Bundesbehörde überwacht und durchgeführt. Sie bestätigen die Versuchsergebnisse der DUH aus dem vorigen Jahr“, sagte Friedrich.

Die DUH forderte den Verband der Automobilindustrie auf, die Einhaltung der Vorstandsentscheidung des VDA sicherzustellen und in neuen Fahrzeugtypen nur noch das natürliche Kältemittel CO2 einzusetzen. Die Auswahl des Kältemittels hat Einfluss auf die Effizienz der Fahrzeugklimaanlage und damit auf die Treibhausgasemissionen des jeweiligen Fahrzeugs. CO2 als natürliches Kältemittel ist die sicherste und umweltverträglichste Lösung. Zahlreiche Tests von unabhängigen Instituten bestätigen die Vorteile von CO2. Auch Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt fordern seit Jahren seine Einführung in Fahrzeugklimaanlagen. „Die innovative Technik ist serienreif entwickelt, CO2-Anlagen arbeiten effizient und können weltweit eingesetzt werden“, sagte Eva Lauer, Projektleiterin bei der DUH: „Die Hersteller müssen es nur noch tun.“

* * *

Pressemitteilung der der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 15.10.2009.

Vorheriger ArtikelWissen wird zu Geld – Das Buch »Die Charité« von Ernst Peter Fischer weist den neoliberalen Weg vom Krankenhaus zum gewinnorientierten Unternehmen
Nächster ArtikelScorpions singen für King Arthur und der boxt gegen Jermain Taylor