
Berlin, BRD (Weltexpress). Am 16. März 1968 früh informierte uns die Presse-Abteilung des Außenministeriums, dass in der Nacht ein schwerer Angriff auf Nam Dinh erfolgte. Es habe große Zerstörungen gegeben. Unser „Reisegepäck“ samt Foto-Ausrüstung stand für solche Fälle immer bereit. Wir fuhren in unserem „GAS“ zum Sammelpunkt und starteten mit weiteren ausländischen Journalisten in die etwa 80 km südöstlich von Hanoi entfernte Provinzhauptstadt.
Als erstes sahen wir am Stadtrand die katholische Kathedrale, die von mehreren Bomben getroffen, fast völlig zerstört war. Nur die Frontmauer stand noch und ragte anklagend in den Himmel. Der Generalvikar des Bistums war unter den Bomben getötet, ein weiterer Geistlicher, 76 Jahre alt, schwer verletzt worden. Im Umkreis der Kirche gingen 16 Sprengbomben nieder, von 20 Häusern war nur noch ein Trümmerhaufen übrig. Über die Zahl der toten und verletzten Einwohner erhielten wir keine Angaben. Nam Dinh lag etwa 30 km von der Küste entfernt. Es wurde von Marineflugzeugen der im Golf von Tongking liegenden 7. US-Flotte angegriffen, deren Anflugzeit kaum länger als eine Minute betrug. Eine Warnzeit gab es faktisch nicht. Hinzu kam, dass die Angriffe immer häufiger nachts erfolgten.
Nam Dinh zählte 1964 rund 93.000 Einwohner. Die Vietnamesen führten genau Buch über den Luftterror. Seit dem ersten Angriff 28. Juni 1965 gingen 1.175 Bomben und 1.022 Raketen auf die Einwohner nieder. Bei einem Gang durch die Stadt können wir uns davon überzeugen, dass die Hälfte der Häuser, das sind 2.200, den Luftangriffen zum Opfer fiel. Militärische Objekte waren in der Stadt keine zu sehen, wenn man davon absah, dass sie von einem Gürtel Flak- und Raketenbatterien umgeben war, die übrigens 34 der angreifenden Maschinen abschossen. Es wurde wieder einmal deutlich, dass sich der Luftterror gegen die Zivilbevölkerung richtet, um sie zu demoralisieren. Seit sich abzeichnete , dass die USA gezwungen sein würden, Gesprächen über die Beendigung des Krieges zuzustimmen, wurde der Bombenterror noch mehr zur Waffe, die DRV zur Annahme der amerikanischen Bedingungen zu zwingen, das heißt, zur Aufgabe der Unterstützung des Befreiungskampfes im Süden. Was die zerstörte Kathedrale betraf, wurden laut Sipri-Jahrbüchern während des Bombenterrors gegen die DRV von 1964 bis 1968 insgesamt 448 Kirchen, 495 Pagoden und Tempel zerstört.
Anmerkung:
Siehe die Beiträge
- Vor 50 Jahren – Vietnams Sieg über die USA von Gerhard Feldbauer
- Wie der Luftkrieg gegen Nordvietnam mit einer Niederlage endete – Erinnerungen an den Kampf Vietnams gegen die USA, der mit dem Sieg im April 1975 endete von Gerhard Feldbauer
- Jassir Arafat begrüßten wir mit „Fi Sichatak“ – Unvergessliche Begegnungen im kämpfenden Vietnam von Gerhard Feldbauer
- In Vietnam vor 50 Jahren – Die Niederlage der USA in Vietnam war auch eine der BRD von Gerhard Feldbauer
- Daran sollte sich Emmanuel Macron ein Beispiel nehmen – Unter Charles de Gaulle verurteilte Frankreich die USA-Aggression gegen Vietnam von Gerhard Feldbauer
im WELTEXPRESS.
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