Über das „Handbuch der Huforthopädie“ von Dr. Hiltrud Strasser

Hiltrud Straßer, Handbuch der Huforthopädie für Hufpfleger und Tierärzte. © SHP, Institut für Hufgesundheit

Frankfurt am Main, Deutschland (Weltexpress). Gerade im Handel ist die 2. verbesserte  Auflage „Handbuch der Huforthopädie“, 2018, von Dr. Hiltrud Strasser. Unter der kompetenten Mitarbeit von Patrick Spieleder, Österreich, ist sie jetzt in neuem Layout erschienen.

Der interessierte Pferdehalter, der unter Umständen von Pferdebüchern überflutet ist, stellt sich vielleicht die Frage:

„Ist das Buch seinen Preis von 350 € wert?“

Sicher ist: Der professionelle Hufbearbeiter, egal nach welcher Methode er arbeitet, und Tierärzte, kommen an diesem Buch nicht vorbei. Für diese Berufsgruppen ist dieses Buch auch gedacht. Der interessierte Pferdehalter hat in diesem Buch praktisch mehrere Bücher in Einem, angefangen von der Haltung über die Hufbearbeitung, den Bewegungsapparat des Pferdes, der Vielzahl von Hufkrankheiten und der Krankheiten, die mit Hufbeschlag und deformierten Hufen einher gehen, Stoffwechselkrankheiten und Krankheiten der inneren Organe, die meistens nicht mit den Hufen in Verbindung gebracht werden. Eine Information über denn Beruf des Strasser Hoofcare Professional rundet das Buch ab.

Es lohnt sich also!

Obwohl jeder Huf individuell ist, gibt es die verbreitete Idealvorstellung von einem „Gesunden Huf“, auch genannt physiologischer Huf, der vorliegt bei Pferden, die von klein auf nicht beschlagen werden und in einer artgerechten Umwelt leben, die es zu 100% eigentlich nicht mehr gibt. Diese Idealvorstellung von einem gesunden Huf haben eigentlich alle Hufspezialisten.

Vorderhuf, bearbeitet an den mit Pfeil bezeichneten Stellen. 2015, BU und © Patrick Spieleder

Das Problem entsteht da, wo Tierarzt oder Hufbearbeiter nur an den Symptomen arbeiten und nicht die Beseitigung der Ursachen im Auge haben, bzw. ganzheitlich denken.

Dass Hufe unterschiedlich sind, wird deutlich im vorliegenden Buch von Frau Dr. Strasser am Beispiel Zwanghufe, die individuell benannt und behandelt werden:

„Ballenzwang, Trachtenzwang, Eckstrebenzwang (Strahlbeinsyndrom), Kronenzwang, Unterquetschte Trachten und Sohlenzwang.“

Ein extra Kapitel ist dem Fohlenzwanghuf gewidmet, der schon im Fohlenalter durch äußere nicht-artgerechte Umwelt entsteht: „Wenn Fohlen auf weichem Boden mit Bewegungsmangel aufwachsen, entwickeln sie in den ersten paar Monaten bereits Zwanghufe.“

Die individuellen Unterschiede werden überwiegend erzeugt, wie schon der Begriff Zwang ausdrückt, durch falsche Hufbearbeitung, das Anbringen von Eisen oder/und nicht artgerechten Haltungsbedingungen.

Warum auch für Hufschmiede?

Zum Glück werden sich immer mehr Hufschmiede bewusst, dass das Eisen ein Relikt aus dem Mittelalter ist und greifen in ihrer Fortbildung das Thema „Barhuf“ auf, die leider nicht immer von qualifizierten Barhuf-Fachleuten durchgeführt wird. Gleichzeitig wird nach Aussage der Verfasserin das Thema „Huf in der Veterinärmedizinischen Ausbildung nur noch am Rande gelehrt“. Ein wirkliches Umdenken wird wahrscheinlich erst dann stattfinden, wenn Pferdebesitzer sich klar werden, dass der alte Spruch gilt:

„Ein Pferd ist nur so gut wie sein schlechtester Huf.“

Dem Eisen am Huf ist im Buch ein eigenes Kapitel gewidmet, da immer noch der Mythos verbreitet ist, dass Hufeisen ein Hufschutz sei.

„Beim Beschlag fehlen ca. 80% der physiologischen Stoßdämpfung. Das führt mittel- und langfristig zu einer großen Zahl von Erkrankungen des Bewegungsapparates, z. B. der Bänder- und Sehnenansatzstellen in der Knochenhaut, besonders um Gelenke herum.“

Die schlechte Hornqualität, die oft als Grund für die Notwendigkeit des Beschlags angeführt wird, entsteht umgekehrt erst durch den mangelnden Stoffwechsel, der bei fehlendem Hufmechanismus auftritt.

Was der Pferdehalter wissen sollte!

Darüber hinaus und das ist den meisten Pferdehaltern nicht bekannt, „wird durch die Zwanghufe eine Kette von Stoffwechselproblemen in Gang gesetzt, die meist von der konventionellen Veterinärmedizin nicht ursächlich erkannt werden und demnach auch mit deren Mittel nicht heilbar ist.“

Es geht also um die „Ganzheitliche“ Betrachtung des Hufes und seiner Bearbeitung. Die Tierärztin Dr. Hiltrud Strasser, die auf eine 40-jährige Erfahrung und wissenschaftliche Beschäftigung mit Hufen zurückblickt, schöpft aus einem allumfassenden Fundus als Tierärztin, das in dieser 2. Auflage ergänzt wird durch neue Forschungsergebnisse, neue Möglichkeiten der Darstellung und Erkenntnisse aus der langjährigen Praxis und Hufklinik.

Wichtig u. a. für die Barhufpfleger muss deshalb auch sein, „Muskelverspannungen und Lahmheiten richtig zu deuten“ und zu wissen, wie Pferde Schmerzen äußern, nicht erst wenn das Pferd in schweren Fällen Gesichtsekzeme bekommt.

Das Buch ist sehr anschaulich geschrieben mit mehreren Hunderten Bildern und Zeichnungen. Eine Englischversion ist auch für die 2. verbesserte Ausgabe geplant.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es hier nicht möglich ist, ein Buch von 565 Seiten umfassend darzustellen. Auch wenn es geschrieben wurde für Hufpfleger und Tierärzte, sollte sich jeder Reiterhof überlegen, ob er nicht das Buch zur Ausleihe in seine Bibliothek aufnimmt. Viele Reiterinnen besitzen ein Pferd, das irgendwann ihre finanziellen Kapazitäten übersteigt. Bei sorgsamer Einhaltung der Ratschläge von Frau Dr. Strasser ist aber zu erwarten, dass mit Sicherheit die Beschlagkosten für das Pferd entfallen und wahrscheinlich auch so einige Arztkosten.

Bibliographische Angaben

Hiltrud Strasser, Handbuch der Huforthopädie- für Hufpfleger und Tierärzte, 2. Auflage, 465 Seiten, Tübingen 2018, Eigenverlag SHP, Tübingen 2018, ISBN 978-3-00-058885-3, Preis: 350 EUR (D)

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