Dienstag, 26. November 2024
Schlagworte Österreich

Schlagwort: Österreich

Schatten und Schattierungen des Unheimlichen seit Piranesi – Serie: „Edvard Much...

Wien (Weltexpress) - Eigentlich braucht man nach Munch eine Pause. Die hat man sich verdient. Das angegliederte Café macht das leicht möglich. Wir öffneten gleich den Katalog, denn man sieht einfach mehr, wenn man sich mit der Materie beschäftigt hat, sich auskennt und auch, wenn uns Munch von den vielen Ausstellungen, die seit Jahren diesem Sohn der Moderne gelten, bekannt ist, aus dem Munch Museum in Oslo sowieso, wollen wir ab sofort den Zusammenhang mit dem Unheimlichen ergründen. Denn um diesen Zusammenhang geht es jetzt in all den vielen Räumen, die in Blau und Grau und Rot noch kommen und immer dem Thema „Das Unheimliche“ in der Kunst folgen. Wenn so gesagt wird, daß die Ausstellung den Bogen spannt von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert und damit Piranesi und Goya mit seinen ’Caprichos` meint, und bis heute reicht, so schalten wir noch ein paar Jahrhunderte zurück und denken an Albrecht Dürer und seinen „Ritter, Tod und Teufel“, auch eine Inkunabel der Angst vor dem Schicksal und überhaupt.

Das Weib, Versuchung und Erlösung – Serie: „Edvard Much und das...

Wien (Weltexpress) - Es wäre nämlich total falsch, Edvard Munch nur auf diese existentiellen Gefühle von Angst festzulegen. Er hat auch zu den anderen etwas zu sagen: zur Eifersucht zum Beispiel besonders viel. Und da wird es lustig, wenn man nicht selber betroffen ist. Dies Sujet hat er wie alle Grundgefühle mehrfach bearbeitet und sein Leben hindurch umgestaltet. Uns gefallen am besten diejenigen, wo den Beteiligten vor Eifersucht das Gelb aus den Augen stirrt, wie in der Frankfurter Fassung der ganze Eifersüchtige gelb anläuft, weil seit der Antike der, der mit Eifer Leiden sucht, mit der Galle assoziiert wird. Hier in Wien sind es die harmloseren Eifersuchten, die sich in der Lithographie von 1896 noch breit Raum schaffen, wo uns ein Eifersüchtiger anstarrt, weil rückwärtig sich seine Schöne mit nacktem Körper unter dem geöffneten Mantel gerade an einen jungen Mann wendet, während in dem Gemälde von 1907 sich dieselbe Konstellation verändert in ein Wohnzimmer, wo an der Tür die Umarmung des falschen Paares stattfindet, daß es das ’falsche Paar` sei, findet wenigstens der Eifersüchtige, der und groß anschaut und in unseren Augen das Paar gespiegelt sieht, wobei er doch an die Stelle des falschen Mannes gehört. Eifersucht geht also immer von der falschen Paarbeziehung aus. Richtig ist man immer selber.

Seelen – und Druckerschwärze – Serie: „Edvard Much und das Unheimliche“...

Wien (Weltexpress) - Eindeutig ein Werk der Untertreibung. Nicht die Ausstellung, sondern der vom Leopold Museum gewählte Titel, der suggeriert, daß hier der ob seiner expressiven Menschendarstellungen immer wieder das Unheimliche streifende norwegische Maler Edvard Munch ausgestellt werde. Das stimmt zwar, unterschlägt aber, daß zu dieser erwarteten Ausstellung gleich noch eine eigenständige Ausstellung über „Das Unheimliche“ dazukommt, die so umfangreich und spannend ist, daß wir ihr einen zweiten Teil gönnen, denn schon Munch ist schweres Kaliber, vor allem, da man zwar seine Drucke in Mitteleuropa gut kennt, aber die im Leopold Museum versammelten rund Gemälde hier weithin unbekannt sind, da sie direkt aus dem Munch Museum aus Oslo stammen. Wie das dem Leopold Museum wieder einmal gelungen ist, so viele Originale den dortigen aus den Rippen zu leiern? Das Katalogvorwort gibt Auskunft. Im Jahr 2007 gab es dort eine Egon-Schiele-Ausstellung, die ohne die Leihgaben aus Wien nicht zustandegekommen wäre. Verstanden. Lesen können wir auch, daß es Elisabeth Leopold war, die das inhaltliche Konzept des „Unheimlichen“ in der Werkauswahl vorschlug.

Anmerkungen zum Epochenbruch in Wort und Bild – „1989. Ende der...

Wien (Weltexpress) - Bißchen sperrig die Ausstellung. Nicht das Thema. Kaum eine Stadt bietet sich für eine Rundumschau über das Jahr 1989 so an wie Wien. In doppeltem Sinne. Es sind nach dem Zusammenbruch des Kommunismus – nein, des als Kommunismus verkauften autoritären Staatsbürokratismus – auf einmal alle die Länder wieder als Nachbarländer dabei, die einst das alte Österreich-Ungarn gebildet hatte und in all diesen Ländern spürt man auch bis heute, daß ein besonderer Zug sie nach Wien führt. Es hat andererseits Österreich mit dem Staatsvertrag vom 15.5.1955 – heute feiert das Land am 26. Oktober als Nationalfeiertag seine Verfassung – aller Welt vorgemacht, daß man es fertig bringt, durch kluge Diplomatie und Beharrungsvermögen – andere sprachen von Wodka-Trinkfestigkeit – mit dem Versprechen der Neutralität seine friedliche Unabhängigkeit aus einem von den vier Siegermächten besetzten Staat zu gewinnen. Eine historische Leistung, die den Deutschen nicht gelang, die allerdings dort von der Adenauerregierung auch nie gewollt war. „1989“ also als 20jähriger Jahrestag in der Kunsthalle Wien, der nicht wie in Deutschland auf den 9. November konzentriert ist, sondern dieses Jahr als Endpunkt des Kalten Krieges seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nimmt.

Ein langes erfolgreiches Malerleben – Retrospektive auf Herbert Boeckl im Belvedere...

Wien (Weltexpress) - Das Belvedere in Wien, das Obere wie das Untere, diese von Prinz Eugen erbaute Barockpracht, hat innerhalb der Wiener Museen die besondere Aufgabe der Pflege der österreichischen Malerei. Sagt man ’Klimt’, weiß man wo man hinmuß, genauso bei ’Schiele’, - ja, das stimmt, der Sammler Leopold hat zu Zeiten zugegriffen und eine exquisite Sammlung aufgebaut, wo das offizielle Interesse noch schlief - aber auch beim Stichwort ’Biedermeier’ wird man fündig. Nun hat die seit zwei Jahren tätige Direktorin Agnes Husslein-Arco diesen Auftrag Ernst genommen und in den letzten Jahren bedeutende Österreicher gezeigt, die letztjährige Ausstellung zu Oskar Kokoschka war auch für Wien ein großes Ereignis. Anders als Kokoschka, der schon international bekannt war, als die große Zäsur des ersten Weltkrieges die ’Kulturnationen’ Frankreich und ’Großbritannien’ von den ’germanischen Barbaren’ schied, hatten es Künstler in diesen Ländern schwer, über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu werden. Hinzu kam der Nationalsozialismus in Deutschland und vorauseilender Gehorsam in Österreich, der Maler der Moderne ins Abseits stellt, so sie überhaupt überleben konnten.

Im literarischen Notstandsgebiet Klagenfurt gibt’s keine Stadtbücherei! – Serie: „Österreich liest....

Wien (Weltexpress) - Derzeit kann man nicht durch Wien gehen, ohne „Österreich liest“ zu sehen. Das sind so Zeitungsschuber mit Gratisblättern vor den U- und S- Bahnhöfen, die aber derzeit leer sind. Das ist halt eine gängiger Titel, von dem man nicht ganz weiß, ob er eine Zustandsbeschreibung ausdrückt, daß nämlich alle Österreicher lesen oder ob es sich um eine auffordernde Wunschvorstellung handelt: „Österreich liest!“ Auf jeden Fall ist es eine richtige und notwendige Kampagne, die der Büchereiverband Österreichs initiiert hatte und nun das vierte Jahr erfolgreich mit Unterstützung von vielen durchführt. Festlicher Auftakt war am Montagabend in der Österreichischen Nationalbibliothek eine Gala, die Bundespräsidenten Heinz Fischer unter anderem mit dem österreichischen Schriftsteller und Büchner-Preisträger Josef Winkler an einen Tisch brachte, wobei die Zuhörer kaum glauben konnten, was Wahrheit ist, daß es in der Landeshauptstadt Klagenfurt keine Stadtbücherei, keine öffentliche Bibliothek gibt, wo sich die Klagenfurter beispielsweise Ingeborg-Bachmann-Bücher ausleihen können, auf deren Literatur-Wettbewerb im Namen der Dichterin Klagenfurt doch stolz so ist. Das ist ein Skandal, den man laut verbreiten muß, damit er sich ändert.

„La Maledizione“ wirkt: der Fluch erfüllt sich auf Deutsch – Giuseppe...

Wien (Weltexpress) - „Rigoletto?“ – „Ja, Rigoletto in der Volksoper“. - „Ach, Sie Ärmste, das muß furchtbar sein, ganz schlecht, sagt die Kritik.“- Welch ein Blödsinn. Gesehen haben wir in der zweiten Vorstellung am 21.Oktober – die Premiere war am 17. – eine durchwegs schön musizierte Vorstellung (Manlio Benzi) mit hinreißenden Sängerleistungen, einer Bühne, die auf Fünfziger Jahre getrimmt, dennoch im zeitlosen Jetzt spielend mit einer Szene zur Ouvertüre beginnt, die uns rätseln läßt, aber die wir schnell verstehen, als diese bruchlos in den ersten Akt mündet und über die wir dann im Zweiten Akt noch richtig froh sein werden. Nein, alles in Ordnung, eine ansehnliche Inszenierung (Stephen Langridge) und musikalischer Genuß, der nur von einem getrübt wird: daß auf Deutsch gesungen wird. Aber auch hier geht’s nicht um das Deutsch, das wir – zumal auch beglückend textverständlich gesungen wurde – außerordentlich genossen haben, sondern darum, daß die deutschen Wendungen entlarven, daß es mit den Charakteren der Oper doch sehr holzschnittartig zugeht und insbesondere der Duca jegliche Psychologisierung vermissen läßt, als angelegte Rolle, meinen wir.

Wo der Mops zum Mohammed wird – Serie: „Malerei des Biedermeier...

Wien (Weltexpress) - Nicht schlecht, sich vor dem Betrachten der Ausstellung die Zeitleiste noch einmal anzusehen, in der seit 1813, der Völkerschlacht bei Leipzig, die Napoleons Herrschaft über Mitteleuropa beendete, die wichtigsten Daten aufgelistete sind, zu denen der Wiener Kongreß mit seinen Bespitzelungs- und Einschüchterungsversuchen nicht wenig beitrug, ein Biedermeier zu schaffen, in dem man sein Heil auf Erden in den eigenen Wohnstuben suchte, statt draußen auf den Straßen sich zu versammeln oder sogar noch dort Politik zu machen. Dazu paßte es gut, daß harmlose und harmonische Bildinhalte Favoriten waren, wie Landschaften und Stilleben und auch die Porträts, die in besonderer Weise die Spanne des Zeitalters aufzeigen, das zwischen nüchternem, ja unnachsichtigem Realismus einerseits und zuckriger Idealisierung von Mensch und Tier lag.

Wie der Mensch sich und seine Umwelt inszeniert – Serie: „Malerei...

Wien (Weltexpress) - Johann Baptist Reiter sticht heraus mit „Selbstbildnis vor Staffelei mit Model“ von 1845. Da war der Maler 32 Jahre. Selbstbewußt steht er vor der Staffelei, ein wirklicher Profi, halb schaut er uns, die den Malprozeß Beobachtenden mißtrauisch-mißmutig an, halb hat er das eine Auge zugekniffen, um mit dem anderen die junge Dame mit den Schläfenlöckchen noch genauer fixieren zu können, denn man schließt ein Auge, um mit dem anderen besser sehen zu können. Selbstverständlich sind jedoch nicht wir gemeint, die er anblickt, sondern der Spiegel, in dem er sich und sein Modell genau beobachten muß, will er ihre Seitenansicht und seine das Modell betrachtende Miene adäquat auf die Leinwand bringen. Das Bild sticht heraus, weil es den Malprozeß selbst thematisiert und auf das Wesentliche in sehr flächiger Malerei konzentriert ist. Auch in den Farben, der grüne Hintergrund links, das rote Kleid rechts und der braunsamtene Malerkittel. Entscheidendes Detail bleibt jedoch das fixierende Malerauge, dem alles, das eigene Aussehen und wie man bei anderen ankommt, untergeordnet ist. Eine sehr realistische und ungeschönte Darstellung, die nichts Kleinteiliges hat und auch durch seine nicht glänzende, ja geradezu italienisch freskohafte Oberfläche von dem ein Bild zuschließenden Firnis der anderen Gemälde abweicht.

Die Trull, das wär’s! – „Glanz und Farbe. Glas und Porzellan...

Wien (Weltexpress) - Eigentlich hat uns die Frage einer Kollegin, warum die auf der Pressekonferenz anwesenden Sammler Christian Kuhn aus Wien und Rudolf von Strasser, heute New York, solche ’weiblichen’ Genres wie Glas und Porzellan sammelten, doch noch einmal dazu gebracht, den Wertewandel in den Künsten, den das 19. Jahrhundert mit der Scheidung in kunsthistorische Museen und Museen angewandter Kunst endgültig machte, zu hinterfragen, wie das gekommen ist, daß man Porzellan- und Glassammlerei überhaupt als weibliche Eigenschaft anspricht. Es ist das bürgerliche, ja kleinbürgerliche Bild des 19. Jahrhunderts, in dem die Frau für das Haus und den Haushalt zuständig und der Mann im’ feindlichen’ Leben für den Broterwerb tätig ist, das unsere Welt von der des Mittelalters, der Renaissance und auch noch des Barock scheidet.

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