Freitag, 22. November 2024
Schlagworte Claudia Schulmerich

Schlagwort: Claudia Schulmerich

„Andernorts“ von Doron Rabinovici im Suhrkamp Verlag – Serie: Rezensionen der...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Das war das Erste, worin er, der 1961 in Tel Aviv geborene und seit 1964 in Wien lebende Autor sein weites Herz zeigte, als ihn nämlich bei der Literaturbefragung seines jüngsten Romans der Moderator auf seinen Nachnamen und das letzte ’i` ansprach, das man verschlucken müsse – darauf käme es ihm nicht so an, meinte der Autor, aber der Moderator bekam dies korrekt auch ohne dieses ’i` hin -, weil wie unser Schriftsteller dann begründete, dieses ’i` schriftsprachlich nur dazu da sein, das ’c` weich zu machen. So geht es einem mit seinem Buch „Andernorts“ auch. Vieles ist nur dazu da, Hartes weich zu machen, eigentlich verborgen zu sein, aber Verborgenes dann wieder ans Licht zu holen. Man saust auf den 286 Seiten ganz schön herum, auch in der Welt – die wie immer in unseren Breitengraden von Israel über die BRD bis in die USA gespannt ist - und vor allem in der Weltgeschichte, von denen die Juden auszeichnet, daß sie niemals eine lokale oder regionale Geschichte hatten, sondern immer alles zur Weltgeschichte aufgebläht wurde, oder wie in der unsagbar und unbeschreibbaren Zeit des Nationalsozialismus auch war, was sich mit der Entstehung des Staates Israel fortsetzte und heute mit den Zwei-Staaten-Theorien und einer halb staatsterroristischen Praxis in Israel und Palästina und Syrien und Jordanien immer noch nicht zu Ende ist, weichgemacht trotzdem.

„Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Erste Seite, erster Satz: „Die ersten Sorgen um meinen Penis machte ich mir schon vor etwa fünfzig Jahren im Kindergarten –”¦“ und dann erzählt Klein Georg von seinen frühen Sorgen der Kindheit, von denen die Sorge um die hygienischen Auswirkungen des Wasserlassens noch die geringeren waren, denn gleichzeitig wurde der Aufsässige von den Erzieherinnen mundtot gestellt: „Man klebte mir den Mund nur an den Tagen mit Klebeband zu, an denen ich ununterbrochen redete und nichts anders zu stoppen war.“ (7) Und zwei Seiten weiter heißt es: „Lange Jahre meines Lebens empfand ich das meiste von dem, was ich erlebt habe, als so peinlich und unerträglich, daß ich froh war, es so nie wieder erleben zu müssen. Egal, wie glücklich ich in meiner Kindheit und Jugend immer wieder war, in der Regel fand ich die Umstände meiner Aufzucht fürchterlich.“

Melinda Nadj Abonji erhält mit ihrem Roman „Tauben fliegen auf“ aus...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Damit das richtig verstanden wird. Melinda Nadj Abonji ist als einzige Schweizerin auch nominiert für den Deutschen Buchpreis 2010, der am 4. Oktober, am Vorabend der Frankfurter Buchmesse im Frankfurter Römer verliehen wird. Sie erhält also eine zweite Chance, nicht weil die erste nicht geklappt hätte, sondern, weil sie zusätzlich auch für den Schweizer Buchpreis nominiert wurde, der engere, aber auch weitere Konditionen hat als der Deutsche Buchpreis, der nicht die Nationalität anspricht, sondern die gemeinsame deutsche Sprache.

Ein Jahr residiert Berlins verborgener Olymp in Mannheim – „Die Rückkehr...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Die Rückkehr der Götter. Die Rückkehr der Götter? Da fällt einem doch erst einmal nicht der griechische Olymp ein, sondern das kulturgeschichtliche Phänomen, daß der böse Eroberer Mexikos, Hernán Cortés von dem aztekischen Herrscher erst einmal für den zurückkehrenden Gott Quetzalcoátl gehalten wurde. So war nämlich die aztekische Überlieferung, daß sich dieser Gott des Windes und des Himmels von den Azteken abgewandt habe, aber eines Tages wiederkehren werde und zwar als weißer, blonder Mann aus dem Osten, woher die marodierenden Spanier dann auch kamen. Es wurden also der Abschlachter von Moctezuma für den Wohltäter gehalten. Ein tragischer Irrtum, der aber für immer eines deutlich macht, daß der Mensch gut aufpassen muß, glaubt er an die Rückkehr der Götter. Davon ist die griechische Sagenwelt frei. Denn anders als in Mexiko, wo auch die Götter im Menschenglauben den Gesetzen des Kosmos unterworfen sind, sind die Bewohner des Olymp in Griechenland sogar die Herren und Damen über die Natur und die Weltgewalt. Das zeigt der blitzeschleudernde Zeus und der das Meer aufwühlende Poseidon, beispielsweise.

„Wir können es uns leisten, ehrlich miteinander zu sein“ – Avi...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Ulrike Holler ist in Frankfurt eine Institution. Jahrzehntelang im Hessischen Rundfunk „die Stimme“ , mit der sie das Zeitgeschehen analysierte und kommentierte, hat auch bei der Buchvorstellung und öffentlichen Diskussion von Avi Primors neuem Buch „An allem sind die Juden und die Radfahrer schuld“ aus dem Piper Verlag die kritischen Fragen nicht eingestellt, mit denen sie in der gemeinsamen Diskussion mit Avi Primor den „deutsch-jüdischen Mißverständnissen“, so der Untertitel des Buches, auf den Grund ging. Das kam dem Buchautor - und von 1993 bis 1999 in Bonn und Berlin israelischer Botschafter - gerade recht, denn wenn er, von dem man sagt, er sei „der am häufigsten gerügte Botschafter Israels“ etwas nicht leiden kann, dann ist es Nachplapperei und eilfertiges Kopfnicken zu Sachverhalten, wo in diesen Menschen eine ganz andere Meinung wächst, die sie dann an Stammtischen entladen, aber eben nicht in der öffentlichen Diskussion, wo sie hingehören, damit man argumentativ damit umgehen kann.

Tapferkeit vor dem Feind, den sie nur „Täter“ nennt – Natascha...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Bewunderung. Abscheu. Mitgefühl. Wut. Beklemmung. Tiefe Sympathie. Dankbarkeit. Das sind so viele Gefühle, die über einen hereinbrechen, wenn man das Buch, das Natascha Kampusch unter Mithilfe von Heike Gronemeier und Corinna Milborn auf 283 Seiten über ihre Entführung, ihre achteinhalbjährige Folter und ihre Befreiung durch sich selbst schrieb, sorgfältig liest. Obwohl man ab der Mitte etwa nicht mehr weiterlesen möchte, wenn Natascha Kampusch so wenig weinerlich und nüchtern, wie sie im ganzen Buch über sich und zu uns spricht, aus ihrem Verlies-Tagebuch – wirklich „Aus einem Totenhaus“ - zitiert, wo sie die Schläge, die Quälereien, die bösen körperlichen Qualen als Aufzählung quasi sachlich seitenlang notiert. Jede Zeile tut uns selber weh und ist vielleicht nur aushaltbar, weil wir verstehen lernen, daß körperliche Schmerzen höllisch weh tun, daß aber noch schlimmer die seelischen und geistigen Schmerzen sind, die dieser von ihr nur „Täter“ genannte Verbrecher und von ihr als „armes Würstchen“ erkannte Mann ihr antat.

GLÜCKWUNSCH! – Rebecca Horn erhält den „Praemium Imperiale“ des japanischen Kaiserhauses

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Wir haben keinen Kontakt zum japanischen Kaiserhaus. Deshalb waren wir froh, daß wir vom kaiserlichen japanischen Preis an Rebecca Horn aus der Staatskanzlei in Wiesbaden erfuhren. Ministerpräsident Volker Bouffier: „Freue mich außerordentlich für diese herausragende Künstlerin“. Das ist das erste Mal, daß wir von dem neuen Hessischen Ministerpräsidenten, der nun im Guten wie im Schlechten Roland Koch ersetzen will und muß, Laut geben. Hoffen wir, daß er weiterhin die Künstler lobt, deren Preis für Rebecca Horn wir jetzt aus den Staatskanzleiworten herausfiltern: „Ich freue mich außerordentlich, dass Rebecca Horn diese Ehre zu teil wird und gratuliere ihr ganz herzlich. Sie ist eine herausragende Künstlerin, und das hat sich nicht nur in Hessen und in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt herumgesprochen.“

Die Verarmung unserer Vorstellungskraft durch die Wunder der Technik – Serie:...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Wie war das mit Hopper und Gursky? Das begreifen wir letzten Endes erst, als der eine vorhandene Hopper auftaucht, daß es Gott sei Dank eine Themenausstellung ist, denn nur Gemälde von Courbet, Hopper und Fotos von Gursky, als Ausdruck der Heiligen Dreifaltigkeit, das wäre völlig sinnlos gewesen. Hoppers „Hotel Lobby“ von 1949 erzeugt zwei diametrale Gefühle. Man freut sich schon deshalb, weil man in Deutschland wenig von Hopper sieht, außerhalb der wenigen großen Ausstellungen. Aber man denkt auch: „Nicht sein stärkstes Bild.“ Es folgen von August Sander, dem geschätzten Pionier der Fotografie „Straßenarbeiter um 1928/29.“ Gute Fotografien, aber in bißchen beliebig, was hier herumhängt, sagt einem der Verstand. Auch die Stadtaufnahmen im nächsten Raum, wo Fotos und Malerei sich erst dicht davor als das eine oder andere entpuppen, so Städtisch wirken beide, stellen einen nicht zufrieden. Hochhäuseraufnahmen, Fahrstuhlbilder. Na ja.

Ist die Hölle Gegenstand der Wirklichkeit oder kann sie nur realistisch...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Schnitt. Und im nächsten Raum für uns wunderbare Porträts der neuen Sachlichkeit, einer Kunstrichtung, die sich angesichts des Nationalsozialismus nicht weiterentwickeln konnte, aber in ihrer Art hyperrealistisch sofort bildtechnisch und von der Aussage her perfekt war: Christian Schad „Malina von Kluck“ 1930, „Maika“, 1929 oder Rudolf Schlichter, „Frauenporträt“ 1933, auch die Bleistiftzeichnung „Ernst Jünger“ von 1937 sowie der uns unbekannte Nicolai Wassilieff „Porträt eines Mannes“, 1929, sind ihre Meister, denen in der Ausstellung die Foto-Porträts von Thomas Ruff aus dem Jahr 1988 gegenübergestellt sind, angeblich offen und wahr im Blick, sagen sie letzten Endes nichts über die Person aus, nicht mehr, sondern weniger als der fotorealistisch gemalte „Nat“ von Chuck Close aus den Jahren 1972-73, Aquarell auf Papier und Leinwand. Geradezu unheimlich, diesem gemalten Mann in seine so echt wirkenden Augen zu blicken.

Was ist wirklich, was ist wahr? – Serie: „Realismus. Das Abenteuer...

Frankfurt am Main (Weltexpress) - „Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist, als die Welt des Traumes“. Während man noch darüber nachsinnt, was Salvador Dali, an der Eingangswand der Ausstellung so zitiert, damit gemeint hat, spontan zustimmt,, dann wieder in Frage stellt, blickt man im ersten Raum auf Gustave Courbets „Wellen mit drei Segelboten“ und denkt sich, das Bild könnte man auch herumdrehen, diese Wirklichkeit auf den Kopf stellen, das aufgewühlte Meer und die Gischt, die über den Schneegebirgen dräuenden Wolken vor dem blauen Himmel ’funktionieren’ als Wirklichkeit auch dann. Und die Segelboote? Die sind eh Staffage und ganz hinten am Firmament ist eines zu sehen, ein anderes nur zu ahnen. Sind sie halt umgekippt beim die Welt Herumdrehen, wo der Himmel nun das Wasser darstellt und sich die Berge und Wolken im Wasser spiegeln und der Horizont durchgängig eine dunkle Linie bildet.

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