Sozialismus für Reiche – Kritik zum Film „The Big Short“

Left to right: Jeremy Strong plays Vinny Peters, Rafe Spall plays Danny Moses, Hamish Linklater plays Porter Collins, Steve Carell plays Mark Baum, Jeffry Griffin plays Chris and Ryan Gosling plays Jared Vennett in The Big Short from © Paramount Pictures and Regency Enterprises

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Jetzt endlich läuft ein Film zur Wirtschafts- und Finanzkrise, die im Sommer 2007 als Immobilienkrise oder auch Subprimekrise der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) begann, in den Kinos an. Der Krise einen Namen zu geben, ist albern, denn sie ist eine von vielen im Laufe der Geschichte des Kapitalismus. Der Film trägt den Titel „The Big Short“ und handelt von Männern, die wetten und zwar um Geld. Dabei setzen sie nicht Peanuts sondern Millionen.

In „The Big Short“ wetten vier Männer im Grunde gegen den kompletten Immobilienmarkt der USA und somit gegen einen Weiter-so-Wohlstand für viele, die auf falsche Versprechungen hereingefallen sind und sich haben hineinfallen lassen.

Am 9. August 2007 soll alles begonnen haben, als die Zinsen für den Interbankenhandel in die Höhe schnellten. Das, was in den USA passierte, das geschah auch in Europa. Als eines von vielen Beispielen darf Spanien genannt werden. Auch dort platzen Kredite, weil die Immobilienblase platze, was nicht nur den einen oder anderen Gernegroß sondern Banken in Bedrängnis brachte.

Doch „The Big Short“ spielt nicht im Euro-Raum oder in EU-Europa sondern in den USA und beginnt viel früher. Der Name Lewis Ranieri fällt, der bei Salomon Brothers Ende der 1970er Jahre die das Anleihegeschäft revolutionierte. Mit hypothekenbesichertes Wertpapier (engl. (englisch mortgage-backed security), Forderungspapier, das dem Gläubiger wie üblich das Recht auf Rückzahlung sowie auf Zahlung vereinbarter Zinsen einräumt, wobei aber die echten „Bargeldflüsse durch Zins und Tilgungszahlungen eines Pools von grundpfandrechtlichen gesicherten Forderungen getragen werden“ (Wikipedia).

Mehrere Köche verdarben den Brei. Unter Ronald Wilson Reagan begann das Desaster. In den USA wurden auf Druck der Präsidenten vor allem von George Herbert Walker Bush über William Jefferson Clinton bis George Walker Bush über die Eigenheimförderung Kredite an Bittsteller gegeben, die über ein zu geringeres Einkommen und über zu unsichere Einkommens- und also Beschäftigungsverhältnisse verfügten. Menschen erhielten Kredite, die nicht kreditwürdig waren. Hinzu gesellte sich eine fatale Niedrig- bis Nullzinspolitik, bewusst schlechte bis fehlende Kontrolle des Bankenwesens mit vor allem fehlender Regulierung der Schattenbanken, also von Unternehmen, die keine Kredite verkaufen sondern Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds verwalten und im Wesentlichen Heuschrecken sind. Hinzu kommt, dass die Reichen reicher wurden und die Armen ärmer, also die Mittelschicht schmolz wie Eis im Hochsommer.

Dafür stiegen die Preise von Immobilien bis 2006 grundlos in immer gigantischere Höhen. Zum Schluss konnten die Kredite nicht mehr nur nicht getilgt sondern auch die Zinsen nicht mehr gezahlt werden, so dass Kredite für die Zahlung der Zinsen gewährt wurden. Charles Ponzi lässt grüßen.

Die Gewinner der Krise aber taten das, was andere unterließen. Als 2005 die US-wirtschaft und der US-Dollar noch bei Massen und Monetenmachern als stark galt, sahen sie hin, wie Hedgefonds-Manager Dr. Michael Burry, „der, teilt das Produktionsunternehmen Paramount Pictures mit, „vorzugsweise barfuß und alleine arbeitet“ und „als einer der Ersten“ erkennt, „dass diese Superblase irgendwann einfach platzen muss.“

Weiter im Text von Paramount: „Er prognostiziert schon in wenigen Jahren das Platzen der amerikanischen Immobilienblase und den daraus resultierenden Zusammenbruch der Weltwirtschaft, der Millionen Menschen heimat- und arbeitslos machen wird. Als Burry vor der großen Katastrophe warnt, will niemand auf ihn hören – zu sicher fühlen sich die Bankenbosse und tun seine Prognosen ab. Daraufhin entwickelt Burry einen perfiden Plan: den „Big Short“. Durch sogenannte „Shortings“, Leerverkäufe von Aktien großer Investmentbanken, wettet er gemeinsam mit weiteren risikofreudigen Spekulanten“ gegen die Herde.

Burry „kann die Goldman Sachs Group davon überzeugen, ihm eine Risikoprämie auszuschütten, falls er mit seiner Behauptung richtig liegt. Der Rest ist Geschichte: Burry sollte Recht behalten, strich auf einen Schlag 100 Millionen US-Dollar ein und sorgte für staunende Gesichter.

Auf den gleichen Zug springt wenig später auch FrontPoint auf, eine Tochtergesellschaft der Morgan-Stanley-Bank. Das Team unter der Führung von Mark Baum ist eher das Gegenteil von Michael Burry: Es wird geblödelt und geflucht. Sie sind lustig, sie sind gute Jungs. Baum ist nicht der gierige Geschäftsmann, sondern eine moralische Instanz, die nach einem privaten finanziellen Verlust einen Groll auf die Wall Street hegt und das Finanzsystem ständig hinterfragt.

Schließlich ist es der aalglatte Jared Vennett von der Deutschen Bank, der Mark Baum in das Geschäft der hypothekarisch gesicherten Wertpapiere bringt. Vennetts Verdacht, dass der Häusermarkt einfach zu gut läuft, um wahr zu sein, wird durch Michael Burrys Wettidee bestätigt. Was dann passiert, hatten zwar alle Beteiligten geahnt, aber nie für wirklich möglich gehalten.

Und dann wäre da noch der ehemalige Star-Investor Ben Rickert, ein zutiefst neurotischer Mann, der sich ausschließlich biodynamisch ernährt und an allen Ecken und Enden Verschwörungen vermutet. Das Ende der Welt ist für ihn nur noch eine Frage der Zeit. Doch aufgrund seiner immer noch sehr guten Verbindungen in die Bankenwelt, ist er für zwei junge Geldmanager unverzichtbar, um sich am Leerverkauf des Immobilienmarkts beteiligen zu können.“

Michael Burry (Christian Bale), Mark Baum (Steve Carell), Jared Vennett (Ryan Gosling) und Ben Rickert (Brad Pitt) erscheinen als die vier Musketiere gegen den Monetarismus.

Der Finanzthriller basiert auf dem gleichnamigen Bestseller The Big Short von Michael Lewis, der auch „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ und „Blind Side – Die große Chance“ schrieb. Er spielt in einer Gesellschaft der Ware, in der auch Geld eine Ware ist, und des Spektakels und zeigt, dass sich hinter Zahlen nicht nur Finanztragödien sondern echtes Elend verbirgt. Der Zuschauer scheint mitten drin zu sein, so spannend und stringend erzählen alle Beteiligten die Story. Man fühlt sich mitunter so nah dran am Puls der Profitorientierten, selten als distanzierter Beobachter, dass man mitfiebert und mitmachen möchte. Gut, dass der Erzähler mich davor bewahrt.

Autor und Regisseur Adam McKay, dessen Film auch in den Nebenrollen bestens besetzt und flott geschnitten ist, wird mit seinem Werk, das eine Tragödie dokumentiert, aber stellenweise als Komödie abläuft, weltweit für Furore sorgen. „The Big Short“ ist voller Hochfinanz und Humor. Endlich wieder ein politischer und kapitalismuskritischer Film. Am Ende holt McKay noch die Brecht`sche Moralkeule raus und ist dann doch ein wenig wie „Margin Call“ und „The Wolf of Wall Street“. Er zeigt, dass auch das Geldmachen der vier falschen Helden und scheinbaren Glücksritter nicht glücklich macht und heroisch ist.

Was bleibt? Revolution. Die Herrschenden sahen das anders und entschieden sich für einen Sozialismus für Reiche. Denn die Rechnung nach den Exzessen der gierigen Reichen wird dem Steuerzahler präsentiert. Immer wieder entpuppt sich der Staat als der des Kapitals.

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