Schifffahrtsjournalisten – auf der Sonnenseite?

Harte Recherche bis in den Masttopp.

Wie es meistens so ist, liegen die vordergründig im Bereich des Finanziellen. Veranstalter/Reedereien – geht es ihnen so schlecht?! – verlangen jetzt sogar Geld für die Mitreise von Multiplikatoren, sprich Journalisten. Am Ende zahlt man mehr für die Recherche, als man letztendlich verdient. Abgesehen vom Verdienstausfall während einer langen Abwesenheit vom häuslichen PC-Schreibtisch. Immerhin waren es in meinem Fall zweieinhalb Monate ohne anderweitige Aufträge.

Kostenlose PR

Ein krasses Missverhältnis, das nicht nur unvertretbar ist, sondern auch davor zurückschrecken lässt, so etwas überhaupt zu machen. Es sei denn, und das ist die Ausnahme selbst bei Festangestellten, dass die Redaktion die Kosten trägt.
Da wird man – wie unlängst ich – zu einer Reise mit zwei Kreuzfahrtschiffen  rund um Südamerika eingeladen (immer nur unter der Voraussetzung, dass Kabinen frei sind), bis die „Überraschung“ kommt. Auf unserer Arbeits-Agenda haben ein Buch, mehrere Artikel, zwei Image- und mehrere Destinations-Filme gestanden.
Fast alles ist (bis auf die Filme) mehr oder weniger kostenlose PR für Reederei und Veranstalter.
Doch jedoch dann kommt der Hammer: An Bord wird dem Team dann mitgeteilt, dass wir Ausflüge aus eigener Tasche bezahlen müssen. Aber: Ohne Landausflüge gibt es auch keine Beiträge, denn die sind  nun mal das Salz in der Suppe jedes Reiseberichts.
Die kosten:  zwischen 50 und 100 Euro pro Exkursion und Kopf. Wer von uns kann/will das bezahlen? So üppig sind die Honorare leider nicht. Noch schlimmer: Schön des öfteren habe ich jetzt die Frage gehört, ob ich auch noch ein Honorar haben wolle; dann müsse man leider auf einen Beitrag verzichten, lautet dann die lakonische Antwort.

Position stärken

Nicht nur als maritim orientierter Reisejournalist – wir alle können ein Lied davon singen – wird man häufig zum Bittsteller degradiert: kein sehr motivierendes Gefühl! Ich habe in meiner langjährigen Praxis nur eine Handvoll Veranstalter/Reedereien erlebt, die alle Kosten aus ihrem Werbeetat übernommen haben (und das auch noch absetzen konnten!).
Schließlich glaubt man dafür bekannt zu sein, dass unterm Strich ordentliche Beiträge, Bücher  oder Filme herauskommen (leider gibt es in unserer Zunft auch einige Schmarotzer, die reisen, aber  hinterher nichts abliefern: schwarze Schafe, die jedoch bekannt sein dürften).
Die Frage stellt sich, wie unsere Position gestärkt werden kann. Zumal wir nur eine relativ eng begrenzte Schar sind, die fachkundig berichten kann, aber ständig um Anerkennung buhlen muss.
Kürzlich bekamen ein sehr versierter und bekannter Fotokollege und ich den Auftrag von einem renommierten Verlag, einen großen Bildband über ein bekanntes deutsches Kreuzfahrtschiff zu erstellen. Die Reederei verlangt aber, dass wir an für die einwöchigen An-Bord-Recherchen glattweg 100 bis 150 Euro pro Person und Tag bezahlen – haarsträubend! Obwohl Kabinen frei sind und Essen keine (Kosten-)Rolle spielt.

Wanted!

Man hat den Eindruck, eine Reihe von Unternehmen habe es scheinbar nicht nötig, dass über sie berichtet wird. Natürlich wollen das auch etliche nicht, weil sie fürchten, dass Interna nach außen dringen könnten. Bei der Werft langgeübte Praxis. Da wird ein Kollege sogar per DIN A 4-Porträt in der Pförtnerloge aufgehängt mit dem fettgedruckten Hinweis: "Dieser Mann darf die Werft nicht betreten!" Ja, soweit sind wir schon wieder! Auch wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen, sondern nur fachkundig und weitgehend mit positivem Grundtenor berichtet hat. Viele Kolleginnen und Kollegen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Die sollte man bündeln und darüber nachdenken, wie wir unsere Rolle optimieren können, auch im Sinne eines besseren partnerschaftlichen Verständnisses unserer Arbeit.

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