Rot, Berlin ist rot! – Sieg im Derby: Der 1. FC Union Berlin besiegt im Hexenkessel Alte Försterei Hertha BSC

Bengalos
Bengalos (Symbolbild). Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Das, was am Samstagabend im Stadion An der Alten Försterei tief im Osten von Berlin geboten wurde, war 100 Prozent Derby wie in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Und es lag nicht nur an der von Hand bedienten Anzeigenstecktafel. Das letzte Derby der Bundesliga in West-Berlin wurde 1976/1977 ausgetragen. Derbys in Berlin (Ost) gab es dagegen in Hülle und Fülle. Mittenmang dabei: der 1. FC Union Berlin.

Die Hausherren gingen vor dem mit 22.012 Zuschauern ausverkauften Haus von Beginn an zur Sache. Christopher Lenz köpfte schon nach drei Minuten an den Pfosten und der Kopfball von Christian Gentner landete in den Armen von BSC-Schlussmann Jarstein (6.).

Anschließend stellte sich die Hintermannschaft der Hertha besser auf die Sturmspitzen und Mittelfeldspieler der Eisernen ein, die in den ersten 45 Minuten wenig Schwung nach vorne aufnehmen konnte.

Lothar Matthäus will sogar eine „blamable erste Halbzeit“ von Hertha BSC gesehen haben.

Zu Beginn der zweiten Spielhälfte sahen die Zuschauer Rot. Die Unioner brannten bengalische Feuer ab. Hertha-Fans schossen Feuerwerkskörper auf Spieler, Trainer und Zuschauer.

„Die klarste rote Karte für die Fans von Hertha BSC“, teilte Matthäus unmissverständlich mit. Wohl wahr!

Spätestens als nach mehreren Minuten Pause, das Spiel wurde gleich zweimal unterbrochen, der Ball wieder getreten wurde, zeigte sich, dass Hertha-Cheftrainer Ante Covic auf Dreierkette umgestellt hatte und seine Spieler früher attackierten und näher am Mann standen.

Im Laufe des Spiels wechselte Union-Cheftrainer Urs Fischer Sebastian Polter und mit ihm den Sieg ein. Der soeben aufs Grün gelaufene Polter bot im roten Trikot sogleich einer Großchance. Er erwischt den Ball per Kopf, aber nicht passend. Wäre das Runde im Eckigen gelandet, hätte sich jedoch der Kölner Keller melden müssen. Der Union-Stürmer stand im Abseits.

Christian Gentner lief anschließend in den Strafraum, schoss und wurde gefoult. Der allseits umsichtige Schiedsrichter Deniz Aytekin zeigte auf den Elfmeterpunkt. Strafstoß. Dedryck Bojata zog halt durch und ging mit beiden Beinen in seinen Gegenspieler Gentner rein. Der Ball war schließlich noch im Spiel. Keine Frage: Elfmeter.

Zwar überprüfte Aitikin die Szene am Bildschirm, bliebe jedoch bei seiner Entscheidung. Polter lief an und hämmerte mit voller Wucht das Leder in die Maschen. Hertha-Torhüter Rune Jastein war noch dran, blieb aber machtlos. 1:0 für Union Berlin (87.).

War die Alte Försterei vorher ein Hexenkessel, so kochte dieser nun über!

Tausende Unioner sangen: „FC Union, unsere Liebe, unsere Mannschaft, unser Stolz, unser Verein, Union Berlin, Union Berlin!“

Spät brachte Covic mit Davie Selke seinen Strafraum-Brocken für Maximilian Mittelstädt. Doch der Keilstürmer brachte in den restlichen zwei, drei Minuten der Partie auch nichts mehr zustande.

Union-Torhüter Gikiewicz muss noch einmal retten. Das war`s – jedenfalls mit dem Fußball.

Was die Westend-Berliner im Gästeblock ablieferten, das war der berühmte Topf voll Scheiße. Raketenschüsse auf die Trainer- und Spielerbank der Unioner sowie auf die Tribünen, Rauchbomben und das Abbrennen von Fahnen der Eisernen waren einfach nur ekelhaft.

Ein paar Dutzend Vermummten in Klamotten, die in ihrem Schwarz an die Uniformen der SS erinnern, stürmten aus dem Union-Bock hinterm Tor an der Waldseite den Rasen, nachdem die Herthaner aus ihrem Block an der Wuhlseite Raketen auf die Unioner geschossen hatten. Allerdings schafften einige Union-Spieler und andere Union-Fans, dass sich die Verblödeten und Vermummten zurück hinter die Absperrungen begaben.

Die Fan-Ausschreitungen werden sowohl für den 1. FC Union Berlin als auch für Hertha BSC noch ein Nachspiel vor dem DFB-Sportgericht haben müssen.

Dennoch steht außer Frage, dass der Sieg der von Urs Fischer trainierten Elf taktisch interessanten, technisch jedoch wenig zum Zungeschnalzen anregenden Fußball bot. Drei Punkte für den 1. FC Union Berlin sind absolut verdient. Tante Hertha war in den ersten 45 Minuten einfach zu tranig und mit dem Kopf offensichtlich noch im Westend geblieben.

Union Berlin war über 90 Minuten die bessere, die dominantere Mannschaft und ist der verdiente Sieger im Derby.

Daten zum Spiel

Union Berlin: Rafal Gikiewicz – Marvin Friedrich, Keven Schlotterbeck, Neven Subotic – Christopher Trimmel, Robert Andrich, Christian Gentner, Christopher Lenz – Marcus Ingvartsen (90.+6 Julian Ryerson), Sebastian Andersson (80. Sebastian Polter), Marius Bülter (46. Joshua Mees). Trainer: Urs Fischer.

Hertha BSC: Rune Jarstein – Lukas Klünter, Niklas Stark, Dedryck Boyata, Maximilian Mittelstädt (90.+2 Davie Selke) – Marius Wolf, Per Ciljan Skjelbred (46. Eduard Löwen), Marko Grujic, Javairo Dilrosun – Dodi Lukébakio, Vedad Ibisevic (82. Salomon Kalou). Trainer: Ante Covic

Tore: 1:0 Sebastian Polter (87.)

Gelbe Karten: Keven Schlotterbeck (Union Berlin), Dedryck Boyata (Hertha BSC)

Schiedsrichter: Deniz Aytekin

Zuschauer: 22.012 im Stadion An der Alten Försterei

Anmerkung:

Mehr zum Derby in Berlin im Beitrag Ist Berlin rot? – Zum Derby empfängt Union Berlin im Stadion Alte Försterei die Hertha aus dem Westend von Manfred Hönel.

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