Montag, 29. April 2024
Reise Seite 165

Reise

Düsseldorf (Weltexpress) - Die Fahrt ist geruhsam, es herrscht wenig Verkehr, die Landstraße mäandriert unaufgeregt durch eine mit bewaldeten Hügeln ausgestattete Landschaft. Exzellent im regionalen Baustil restaurierte Häuser säumen den Weg. Städtische Bedienstete schmücken den urbanen Raum mit floralen Kleinigkeiten. Farbenfroh. Die Maas fließt unbekümmert wenige Meter entfernt vorbei. Vorbei an Madagascar und anderen bekannten und für immer unbekannt bleibenden Ortschaften der Region Champagne-Ardenne.
Hamburg (Weltexpress) - „Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“ Das lässt Goethe seinen Faust Anno 1808 sagen. Aus seiner Studentenzeit (1765-68) kannte Goethe die Buch- und Messestadt, die älteste Deutschlands. Kaiser Maximilian I. verlieh ihr 1497 das Messeprivileg. Wer sich heute in Leipzig umsieht, stellt fest: Auch in unseren Tagen behält der Ausspruch Gültigkeit. Leipzig ist mit sechs Kabaretts Hochburg des politischen Kabaretts. Oper, Ballett, Gewandhausorchester, Thomanerchor haben Weltgeltung. Der berühmteste Kantor war in den Jahren 1723 bis 1750 Johann Sebastian Bach. Die Oper ist nach Mailand und Hamburg die drittälteste deutsche Musikbühne (1693). Das jährliche Bach-Fest zieht Musikliebhaber aus aller Welt an. Ähnlich ist es mit den Mendelssohn-Festtagen im Gewandhaus.
Berlin (Weltexpress) - Seit diesem Sommer können alle Berliner und Besucher der Stadt auf den Spuren von Huckleberry Finn wandeln. Dabei muss keiner bis zum Mississippi reisen, denn die Betreiber von „Floß und Los“ haben ihre Zelte im Seebad Friedrichshagen aufgeschlagen. Wie überall ist dort im Sommer ein Sprung ins kühle Nass begehrt. Wer aber dem Trubel eines bis zum Rand gefüllten Freibades entgehen möchte, der sollte sich hier eines der drei neuen Flöße mieten und sich seinen Badeplatz in freier Natur selber suchen.
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Unsere nicht. Aber das liegt daran, daß das „Skandalöse“ dieser Muehlschen Darstellung heute an jeder Straßenecke verschärft in Heftchenform zu kaufen ist oder nächtlich in Fernsehwerbungen erscheint oder in jugendverbotenen Thrillern. Im übrigen haben die Werke durchaus auch etwas Gewolltes. Das lockt heute keinen Sittenwächter mehr hinter seinem Ofen hervor. Aber damit ist vielen Werken auch die Spitze abgebrochen, die ja nötig ist, um aufzurütteln. Stellt sich also die Frage, was will Muehl mit seiner Kunst?
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Tja, was soll man sagen? Sagen zu Otto Muehl, der im Burgenländischen 1925 geboren wurde und sich dorthin ab 1972 wieder auf den Friedrichshof zurückzog. Leider nicht allein. Er hatte den Hof gekauft, um dort das Projekt „Kommune Friedrichshof“ mit den Entfaltungsmöglichkeiten freier Sexualität, Gemeinschaftseigentum, gemeinsames Aufziehen der Kinder und Weiterentwicklung der künstlerischen Aktion zur Aktionsanalyse zu verwirklichen.
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Die Ausstellung beginnt im ersten Raum mit einem Potpourri seiner Werke, von denen man das erste gleich mitnehmen möchte. Ein eleganter filigraner Damensekretär von 1900 dreht sich zusammen mit dem Lehnstuhl um sich selbst, weinrotes Leder, im feinen Jugendstil, will sagen, sowohl die Geraden des hellen Ahornholzes aufnehmend wie auch in den Armlehnen die Rundungen des gebogenen Sessels. Später wird man in den anderen Räumen eine Batterie von Sesseln sehen, zu denen man in Deutschland Stühle sagt, denn Sessel sind dort gepolstert, einer anders als der andere, aber alle im Jugendstil. Dazu gesellen sich Möbel aller Art. Er hat sie entworfen, nicht eigenhändig ausgeführt, das waren dann Kunsttischler, die mit ihm ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten und insofern den Künstlerruhm mit abbekamen. Aber bei Josef Niedermoser, der in Wien seine Hauptarbeiten ausführte, kam auch etwas zurück. Denn seinem Nachlass verdanken sich sechzig, auch hier zu sehende Entwurfsskizzen Olbrichs mit dessen detaillierten Anweisungen.
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Nein, nicht einmal Déja-vu-Gefühle stellen sich ein, wenn derjenige, der in Darmstadt, seiner zweiten Heimat, in umgekehrter Lebensreihenfolge die Ausstellung über Leben und vor allem Werk Joseph Maria Olbrichs besucht hatte, wenn er sich nun in der Fassung der Ausstellung in Wien im Leopoldmuseum erneut und doch ganz anders in die vielen Details vertiefte, die zu kennen nötig sind, will man das umfassende kunsthandwerkliche, künstlerische und architektonische Werk dieses letzten Gesamtkünstlers der Moderne auch nur einigermaßen fassen.
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Die Ausstellung beginnt mit einem kunstgeschichtlichen Aha-Erlebnis. Denn es werden den noch kommenden Präraffaeliten erst einmal auf der rechten Seite die Heroen der Zeit in Wien gegenübergestellt. Es begrüßen also Malerfürst Hans Makart und seine schwelgerischen Historienbilder in rotem Samt und dramatischer Gestaltung. Dazu gehört Gustav Moreau, dem hinreißender Schwulst gelungen ist, der Einfluss auf die Symbolisten fand. Das alles waren Bilder, die in den Salons der Gutbetuchten und Spitzen der Wiener Gesellschaft hingen. Die in der Ausstellung folgenden Präraffaeliten hingegen waren als Sujet nur Künstlerkreisen in der Kaiserstadt bekannt, so dass man sagen kann, dass diese Ausstellung für all diejenigen neuartig ist, die nicht in London in der Tate-Galerie viktorianische Malerei gesehen haben und auch nicht die letzten Ausstellungen in München, Berlin oder Amsterdam, also die allermeisten. Insofern ist sehr verdienstvoll, daß hier eine Lücke geschlossen wird und nicht nur das Sujet der Rothaarigen vorgeführt wird, ihre innere Korrespondenz mit Porträts der Folgezeit, insbesondere Klimts aufgewiesen wird und vor allem die Linie als bestimmende Größe im Bild so deutlich wird.
Hamburg (Weltexpress) - Wer Mitte August Pferdeäpfel auf Malagas Straßen sieht, ist am richtigen Ort. Nun könnte einer behaupten, in allen Orten Andalusiens, ob in Sevilla, Ronda oder Mijas, sind neben den öffentlichen Verkehrsmitteln Pferdekutschen Transportmittel. Wenn sich aber die Malagueños Hay Feria! zurufen, sich freudig umarmen und auf der Straße tanzen, dann steht eine Woche lang der Jahrmarkt an. Die Geschäfte schließen um 14 Uhr, und alle sind außer Rand und Band.
Berlin (Weltexpress) - Figueres ist kein Ort für Toupet-Träger. In der kleinen katalonischen Stadt ist der Wind zu Hause. Tag und Nacht zerrt er an den Menschen, streicht durch die Gassen und bläst sich nicht selten zum Sturm auf. Wie die Fischer erzählen, gibt es sogar zwei Sorten von Wind, den Tramontana und den Garbi. Der eine taucht das Land in eine unbeschreibliche Helligkeit, der andere hüllt es in einen feinen, milchigen Schleier. Mögen die Olivenbäume noch so grün sein, die felsigen Ausläufer der Pyrenäen flammend rot, der Tramontana oder der Garbi entscheidet darüber, wie man sie sieht. So ist das in Figueres. Kein Wunder also, dass ausgerechnet hier am 11. Mai 1904 der surrealistische Maler Salvador Dali geboren wurde. Bis ins hohe Alter hinein erinnerte sich der geniale Exzentriker „lebhaft des Augenblicks seiner wirklichen Geburt“ im Schoß der Mutter. Und auch seine Geburtsstadt Figueres hat der Weltbürger nie vergessen.

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