Regime Change in Venezuela: Droht ein weiterer Stellvertreterkrieg?

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Berlin, Deutschland (Weltexpress). Hinter dem selbsternannte Präsident
Juan Guaidó als Gegenpräsident des gewählten Präsidenten Nicolás Maduro stecken die Vereinigten Staaten von Amerika (VSA). Das kann man gut oder schlecht finden, aber nicht leugnen.

Zwar nicht mit aller Macht, doch mit für lateinamerikanische Verhältnisse gehöriger Einflussnahme und also Moneten ziehen und drücken sie ihren Kandidaten durch, um Zugriff auf das Ölparadies zu bekommen. Venezuela ist der Staat mit der größten Menge an zertifizierten Ölreserven auf der Welt und hat längst Saudi-Arabien von der Spitze verdrängt. Die arabischen Staaten Iran, Irak, Kuweit, die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Libyen wurden schon vorher auf die Plätze verwiesen. Allerdings scheint die Qualität des Öls fraglich und somit dürften die Kosten für die Aufbereitung höher sein als in den genannten Staaten. Recht offen gibt die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) darüber Auskunft.

Schon unter dem Präsidenten genannten Gewaltherrscher und General Marcos Perez Jimenez sprudelte Mitte des vergangenen Jahrhunderts das Öl. Doch der Diktator sei vom Volk geliebt worden, heißt es im „Spiegel“ (11.1.1956) unter dem Titel „Das Öl-Paradies“: Der Diktator ersaufe „alles, was als unartikulierter Grimm in der Seele der venezolanischen Caballeros, Neger und Indios gegen sein Regime rumort, in einer riesigen Woge von Reichtum, der zum größten Teil unter den trüben Wellen des Maracaibo-Sees ruht und aus mehr als 2000 Bohrtürmen ans Tageslicht sprudelt.“

Damit der Nachfolger der Vasallentreuen und in den VSA unbeliebte Hugo Chávez diesen Grimm nicht ersäufen kann, griffen die VSA zu allerlei Mitteln bis hin zum Putsch. „Als im Jahr 2002 das Militär in Venezuela gegen den damaligen Staatschef Hugo Chávez putschte, dauerte dieser Aufstand nur einen Tag. Große Teile der Bevölkerung protestierten heftig gegen Chávez‘ Verhaftung, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit vielen Toten – und dem Ergebnis, dass Chávez aus dem Militärgefängnis befreit wurde. Danach saß er fester im Sattel denn je“, heißt es in „Süddeutsche Zeitung“ (25.1.2019). Dass das Militär vom einstigen Offizier Chávez in den folgenden Wochen und Monaten von den Putschisten gesäubert werden würde, das war zu erwarten. Auch Putschisten wie die Korrupten Pedro Carmona Estanga und Diosdado Cabello litten nicht Wohl.

Der Chavismus der am 5. März 2013 in Caracas gestorbenen Chávez scheint am Ende und die Partido Socialista Unido de Venezuela, die Sozialistische Partei Venezuelas, die sich aus linkspolitischen Bündnissen und Unterstützern der Bolivarischen Revolution bildete und von Chávez, der schon Präsident war, gebildet und geführt wurde, laufen die Mitglieder und Wähler weg. Die Partei, die vor allem aus Movimiento Quinta República, Movimento Electoral del Pueblo, die Unión Popular Venezuela (UPV) und die Sozialistische Liga zusammengeschweißt wurde, droht an den Schweißnähten auseinanderzubrechen. Denn sie entwickelte sich ähnlich der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland zu einem Moloch ohne innerparteiliche Demokratie, in der sich die Bosse nicht nur am Öl bereicherten, sondern eine „Boliburguesía“ genannte Bourgeoisie der bolivarischen Revolution bildeten.

Die innere Verwandlung und Verwesung der PSUV und der äußere Angriff der VSA und ihrer Handlanger in Venezuela könnten Maduro stürzen.

Zur Vorzeigemarionette wurde Guaidó auserkoren. Er wird offen nicht nur von Trump unterstützt, sondern beispielsweise auch von Marco Rubio, einem einflussreichen (reich im wahrsten Sinne des Wortes, aber aus ärmlichen Verhältnissen kommender) Republikaner und Senator für Florida im Senat der VSA. In „Spiegel-Online“ (25.1.2019) hießt es über ihn: „Wenige Stunden nachdem er sich zum Übergangspräsidenten ausgerufen hatte, gab Juan Guaidó über Twitter seine erste Amtshandlung bekannt: In einem Brief mit Staatswappen forderte er alle diplomatischen Vertreter auf, im Land zu bleiben. Präsident Nicolás Maduro hatte zuvor verkündet, dass alle US-Diplomaten innerhalb von 72 Stunden Venezuela verlassen müssten, nachdem Donald Trump den 35-jährigen Guaidó als Staatschef anerkannt hatte.

Noch am Mittwochabend erklärte Washington, die Diplomaten blieben – es war ein erster Sieg für Guaidó. Ein zweiter, dass Maduro ihn bis Donnerstagnacht nicht festnehmen ließ.

Unterschrieben hatte Guaidó das Dokument als „Präsident der Nationalversammlung und Präsident (E) der Bolivarianischen Republik Venezuela“. Das E steht für „encargado“, „amtsführend“ – es soll darauf verweisen, dass er nur so lange das höchste Amt im Staate ausübt, bis es Neuwahlen gibt. Zumindest auf dem Papier verfügt Venezuela jetzt über zwei Präsidenten und zwei Machtzentren.“

Doch Maduro verfügt zudem über die Herrschaft, doch Militärs kann man mit Moneten kaufen, vor allem diejenigen, die zu lange im Wartestand lauerten. Doch ein Aufstand von Mitgliedern der Nationalgarde scheiterte. Der Rückhalt in Armee und Polizei für Maduro ist trotz der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Lage im Land vorhanden. Dennoch bot Maduro seinen politischen Gegnern Gespräche an. Staatsmänner in Mexiko und Uruguay boten Unterstützung und Moderation bei der Vermittlung an.

Doch der selbsternannte Präsident, der sich verklausuliert amtsführender Präsident bis zur nächsten Wahl, die er gewinnen will, nennt, ohne auf einem Amtsstuhl oder im Amtshaus zu sitzen, lehnt Kompromisse ab und geht aufs Ganz. Offensichtlich wähnt der Möchtegern-Präsident die monetäre und militärische Macht und Herrschaft der VSA hinter sich.

Hinter dem legitimen Präsident stehen lateinamerikanische Staaten wie Bolivien, Nicaragua und Kuba, aber auch die Russische Föderation, die Volksrepublik China und sogar die Türkei. Wie weit diese und andere Verbündeten Nicaraguas gehen werden, das ist fraglich. Zwar gab es Grußworte und solidarische Briefe (Erdogan: „Bruder Maduro, bleibe hart, wir sind mit dir“), doch werden sie ihr Wort halten, wenn die Lage ernster wird? Wird es jetzt zu einer wirtschaftlichen und militärische Unterstützung Venezuelas durch seine Freunde kommen?

Was passiert, wenn Venezuelas Feinde, allen voran die VSA, so weit gehen, einzugreifen und den Putsch militärisch abzusichern. Ist dann der nächste Stellvertreterkrieg da? Dass der im Hinterhof der VSA stattfinden würde, das steht außer Frage. Und er hätte weit mehr Einwirkungen auf die innere Verfaßtheit der VSA als deren Öl-Kriege in fernen, fremden Ländern. Für die Falken in Moskau hätte das sicherlich seinen Reiz, nachdem die Falken in Washington und an der Wall Street dem russischen Bären arg auf den Pelz gerückt sind. Wie weit werden Washington und Moskau in diesem Polit-Poker reizen?

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