„Planet“ auf dem Trockenen – Serie: Ein Spannungsbogen zwischen Deutscher und Kaiserlicher Marine (Teil 2/2)

Dr. Peer Schmidt-Walther vor dem Forschungsschiff "Planet" in Eckernförde. Übrigens fuhr der Autor dieses Beitrages jetzt zum ersten Mal per Schiff von seiner alten Heimatstadt Eckernförde in seine neue (seit 1994) Heimat Stralsund.

Vor Kap Arkona, der nordöstlichsten Spitze Deutschlands auf der Insel Rügen, fegten Böen mit Spitzen bis zu elf Windstärken und über 40 Metern pro Sekunde über das Schiff. Im Gegensatz zu anderen Schiffen, die die „Planet“ passierten, bewegte sie sich kaum. „Ein enormer Vorteil gegenüber herkömmlichen Schiffen“, sagte Kapitän Skerka, „so können Forschungsaufgaben auch bei starkem Seegang in Ruhe ausgeführt werden“. Da muss sich die 25-köpfige Crew nicht mit den Auswirkungen starken Seegangs herumschlagen. „Das Leben geht fast normal weiter“, freut sich auch Erster Offizier Helmut Littmann.

Lift-Reise

Am 2. November hat das Schiff – nach einigem längeren Einsatz in den Gewässern rund um Irland – die Volkswerft angelaufen, um dort auf dem größten Schiffslift der Welt trockengestellt und im Unterwasserschiffsbereich repariert zu werden. Die Dichtung einer der beiden Propellerwellen wird erneuert. Mit den Leistungen der Werft war die WTD 71 schon bei der vorangegangenen Werftzeit sehr zufrieden, als es um defekte Schottelantriebe ging.

Vergleicht man die „Planet“-Abmessungen mit denen der größten (300 Meter Länge, 54.000 Tonnen) auf der Stralsunder Volkswerft gebauten Containerschiffgeneration, sind sie eher bescheiden: 3500 Tonnen Verdrängung, 73 Meter Länge, 27,2 Meter Breite. Der Tiefgang allerdings von 6,30 Meter war schon fast zu viel für die Ostansteuerung des Strelasunds, deren Pegel infolge Südwind um 20 Zentimeter unter Normal lag.

Die Werft erreichte der bullige Katamaran unter Führung von Kapitän Reiner Skerka am Montagabend. Jens Mauksch, Stralsunder Seelotse, besorgte die nautische Beratung auf der Brücke.

Schiffsflüsterer

Die „Planet“ ist das erste Schiff dieser Größe als SWATH (Small Wapterplane Area Twin Hull), das in Deutschland gebaut wurde. Auch in technischer Hinsicht betraten die Konstrukteure gleich auf mehreren Gebieten absolutes Neuland: unter anderem bei der Konstruktion des trapezförmigen Unterwasserschiffes mit Flossenstabilisatoren, der Festigkeit und Stabilität des Rumpfes und der Schallreduzierung. Letzteres fiel Seelotse Jens Mauksch beim erstmaligen Betreten des Schiffes sofort auf

Die „Planet“ kann auch von sich behaupten, zur Familie der U-Boote zu gehören. Sie hat den vollelektrischen Antrieb und Maschinen eines U-Bootes, kann sich dank eines ausgeklügelten Ballastwasser-Systems absenken und wieder auftauchen. In einem Schwimmkörper ist unter Wasser sogar eine Torpedoabschussanlage eingebaut.

Vier MTU-Dieselgeneratoren mit zusammen 5400 kW erzeugen den Strom für ebenso viele extrem leise Elektromotoren. Die wiederum, in den Schwimmkörpern gelagert, treiben zwei Propeller an und sorgen für eine Geschwindigkeit von maximal 17 Knoten.

90 Millionen Euro hat die „Planet“ gekostet. Der Baupreis von U 33 mit dem neuartigen Wasserstoff-Hybridantrieb, das gerade in der Eckernförder Bucht übt, ist noch um ein Mehrfaches teurer. Auch bekäme man ein respektables Kreuzfahrtschiff für diese Summe.

Übungsszenario

Zu dem fast völligen vibrations-, seegangs- und geräuscharmen Arbeiten in den Labors und an den Messgeräten trägt entscheidend die Katamaranform bei. Selbst sehr raue See wie in der Biskaya behindert weder Besatzung noch wissenschaftliches Personal beim Arbeiten.

In der Ostsee vor Rügen wurden zahlreiche Übungen – vom Rettungsboots- über Bergungs- bis zum Feuerlöscheinsatz – gefahren. Kapitän Skerka dazu: „Kommunikation und Kooperation, beides die wichtigsten Punkte, haben sehr gut geklappt. Das schafft man nur durch dauerndes Üben“.

Die „Planet“ wird sowohl von der Forschungsgesellschaft der Bundeswehr für Wasserschall und Geophysik (FWG) in Kiel als auch von der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen (WTD 71) in Eckernförde als Plattform für Forschungen und Erprobungen genutzt. Forschen können, wo die Marine fährt – so könnte man den Auftrag für das innovative Doppelrumpfschiff formulieren. Der blau-weiße, bei den Nordseewerken in Emden gebaute und Ende Mai 2005 in Dienst gestellte Katamaran hat Maßstäbe gesetzt.

Mitte November soll FS „Planet“ – bei den Werftleuten heißt sie verballhornt nur „der Plennet“ – von Stralsund auslaufen mit Ziel Eckernförde. Auf dem Programm steht während der Überfahrt eine marineinterne Abnahmefahrt (ISM-Audit).

Frisch zertifiziert steht sie anschließend wieder zu Forschungszwecken im Skagerrak zur Verfügung.

Die „Planet“(en) der deutschen Marinen im Überblick

Erste „Planet“ (1905 – 1914)

Die „Planet“ war ein Vermessungsschiff aus der Kaiserzeit. Ihr Schwesterschiff war die SMS „Möwe“.

Die erste „Planet“ wurde bei der Weser-Werft in Bremen gebaut. (Stapellauf am 2. August 1905) und am 16. November in Dienst gestellt. Sie wurde vorwiegend im Bismarck-Archipel im Westpazifik eingesetzt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Schiff am 7. Oktober 1914 durch die eigene Besatzung vor der Insel Yap versenkt.

Technische Daten:

  • Konstruktion: Querspant -Stahlbau

  • Länge: 49 m

  • Breite: 9,8 m

  • Tiefgang: 3,3 m

  • Verdrängung: 650 t

  • Geschwindigkeit: 10 kn

  • Bewaffnung: 2 x 3,7-cm-Maschinenkanonen

  • Antrieb: 2 stehende Einzelzylinder-Dreifach-Expansionsmaschine

  • Besatzung: 6 Offiziere, 4 Decksoffiziere, 81 Unteroffiziere, Matrosen, Heizer, Handwerker

Insbesondere bei deutschen Forschungsschiffen ist es üblich, Traditionsnamen vor allem aus der Astronomie an die Nachfolgemodelle weiterzugeben. Bei der „Planet“ handelte es sich um das dritte Schiff einer solchen Reihe.

Zweite „Planet“ (1967 – 2003)

Die zweite „Planet“ ist die unmittelbare Vorgängerin des 2005 in Dienst gestellten Doppelrumpfschiffes gleichen Namens. Sie wurde von der Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall und Geophysik eingesetzt. Sie hat bei 575 Seereisen mit insgesamt 6.000 Seetagen 675.000 Seemeilen zurückgelegt.

Das Schiff wurde am 31. März 2004 außer Dienst gestellt und in Wilhelmshaven im Ausrüstungshafen vor dem Neuen Hafentor aufgelegt. Im Jahr 2006 wurde das Schiff an einen Käufer in St. Vincent und den Grenadinen verkauft, der es zu einer Großyacht umbauen lassen will.

Technische Daten:

  • Länge: 80,6 m

  • Breite: 12,6 m

  • Tiefgang: 4,6 m

  • Verdrängung: 1.943 t

  • Geschwindigkeit: 12,5 kn

  • Antriebsleistung: 1020 kW

Dritte „Planet“ (seit 2005)

Technische Daten:

  • Länge: 73 m

  • Breite: 27 m

  • Tiefgang: 6, 8 m / kann durch Ballastwasseraufnahme auf 8,8 Meter erweitert werden

  • Verdrängung: 3.500 t

  • Antriebsleistung: 4.160 kW

  • Generatorleistung: 2 x 1.250 kW und 2 x 1.700 kW

  • max. Geschwindigkeit: 17 kn

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