Öffentlich-rechtliches Product-Placement?

Für Wetten, dass..?-Zuschauer ist leicht erkennbar, dass Audi schon seit Jahren in der Sendung vorfährt und so in der Lage ist, seine Modelle vor Millionen Zuschauern präsentieren zu können. Dafür soll Audi laut Informationen des “Journalist” 1,8 Millionen Euro für zwei Staffeln von Wetten, dass..? zahlen. Interessanterweise wird der Deal über die Firma Dolce Media abgewickelt, die Thomas Gottschalk und seinem Bruder Christoph gehört, der auch Geschäftsführer ist. Laut Definition des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrags jedoch handelt es bei einer Kooperation, bei der es um Bildschirmpräsenz geht und für die das Unternehmen bezahlt, um Product Placement. Und genau das ist seit Inkrafttreten dieses Staatsvertrags im April den öffentlich-rechtlichen Sendern grundsätzlich verboten.

Auch wenn das ZDF einen derartigen Zusammenhang bestreitet, sieht alles danach aus, dass Dolce Media das für das ZDF erledigt, was der Sender nicht darf. Laut “Journalist” sagten die Brüder Gottschalk in einem Interview mit dem Focus vor sechs Jahren, dass die Geschäftsidee für die Firma Dolce Media die gewesen sei, “sich um die Vermarktung von `Wetten, dass..?` zu kümmern. Sein Bruder habe sich dann mit dem ZDF zusammen gesetzt und Partner gesucht. Zitat Thomas Gottschalk: “Ich komme ja aus einer Zeit, in der das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Sendungen, die es produziert hat, auch noch bezahlen konnte. Heute sagt der Sender schon mal, diesen Gast können wir uns nicht leisten, dieses Bühnenbild ist uns zu teuer. Deshalb muss es neue Ideen zur Finanzierung geben. (”¦) Was mit Gebühren nicht mehr zu finanzieren ist, fällt eben weg, oder es müssen Sponsoren ran”. ZDF-Sprecher Walter Kehr äußerte sich zu der Angelegenheit folgendermaßen: “Audi zahlt ausschließlich für Lizenzen, für umfangreiche Medien- und Beratungsleistungen in den Bereichen Print und Online, für die Einräumung der Persönlichkeitsrechte von Thomas und Christoph Gottschalk, für Events und Event-Organisationen sowie für Werbemaßnahmen im Rahmen ausländischer TV-Produktionen.” Um welche Leistungen es sich dabei handelt, wird nicht näher erläutert. Offen bleibt also, welche “Eventorganisationen”, “Werbemaßnahmen” und “ausländische TV-Produktionen hier wohl gemeint sein könnten.

Die Autobranche gehört international zu den Vorreitern bei Product Placement, vor allem in Kinofilmen und sie macht auch keinen Hehl daraus. Zu der Zusammenarbeit mit Dolce Media jedoch wollen sich weder Audi noch andere Hersteller “aus Wettbewerbsgründen” äußern.

Nun sieht zu aller Tragik des Unfalls bei “Wetten, dass..?” der Branchendienst Meedia einen Zusammenhang zwischen dem Sponsorenvertrag mit Audi und dem Unfall am vergangenen Samstag in der Show, bei dem sich der Student offenbar bleibende Verletzungen zugezogen hat. Zitat Meedia: “Wie die Idee zu dem Power-Rizer-Stunt entstand, ist unklar. Er passte allerdings nur zu gut ins Sponsoren-Konzept, dass der Student seine waghalsige Salto-Akrobatik über fahrenden Autos inszeniert und nicht etwa beispielsweise über Heuwagen, wo sein Sturz wohl glimpflicher hätte enden können. Erschwerend für den Sprung war auch, dass die A8-Limousine als Flaggschiff der Audi-Flotte 5,15 Meter misst – ein weiter Weg für einen Satz auf Sprungfedern”¦”

Der Evangelische Pressedienst resümiert in einem Beitrag, dass sich das ZDF in der “Quotenspirale” befinde und zitiert den Rheinland-Pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, der gleichzeitig Verwaltungsratsvorsitzender des ZDF ist, es müsse darüber gesprochen werden, wann die Grenzen des Verantwortbaren überschritten würden. Allerdings geht es hier vielleicht gar nicht um Quotendruck und Zuschauerzahlen, sondern eher darum, den Verpflichtungen gegenüber einem Groß-Sponsor gerecht zu werden, in die sich ein öffentlich-rechtlicher Sender begeben hat? Hier könnte der (GEZ)-zahlende Zuschauer sich aufgefordert sehen, auf Rechenschaft zu bestehen.

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