Nach den Männern wie Basquiat, Arainas und dem Schmetterling kommen mit „Mistral“ die Frauen des Israel-Palästinenser-Konflikts anrührend ins Bild – Der durchaus geniale Julian Schnabel erhielt den Douglas Sirk Preis in Hamburg

Auch sein erster Film handelte von einem außergewöhnlichen Menschen: Basquiat aus dem Jahr 1996. Und der vorletzte Film, für den findet man auch Jahre danach keine anderen als hymnische Worte. Es geht um „Schmetterling und Taucherglocke“ von 2007, wo das Schicksal des durch einen Autounfall gelähmten Chefredakteurs einer französischen Zeitung, der nur noch sein linkes Augenlid bewegen kann, eine Wucht und positive Lebenssicht für die Zuschauer bringt, die man sich vom Sujet her erst einmal gar nicht erklären kann. Tatsächlich hatte der zuvor zynische und unsympathische, nun fast bewegungslos im Bett liegende Chef nun Gelegenheit, sein glanzvolles und wie er auf einmal sieht, äußerliches und substanzloses Leben zu reflektieren. Seine Gedanken darüber schreibt er in einem Buch zusammen. Wie er das macht? Er lernt ein neues Alphabet und diktiert einer Verlagsmitarbeiterin über sein linkes Augenlid Buchstabe für Buchstabe das ganze Buch. Und dieses Buch verfilmt nun Julian Schnabel.

Wie er das macht? Mit echten filmischen Mitteln. So zeigt der Beginn des Films seine ganze Meisterschaft. Denn wir sehen fast nichts. Wir sehen Verwackeltes, und Gestalten, die größer werden und wieder kleiner, dann ein wenig deutlicher. Wir blicken nämlich aus den Augen des aus dem Koma aufwachenden Verunglückten auf die Welt um das Krankenbett. Das ist eine unglaubliche Erfahrung, mit den Augen eines anderen zu sehen. Der ganze Film ist phantastisch und brachte ihm die Oscar-Nominierung und die Goldene Palme von Cannes für seine Regieleistung ein.

Die Übergabe des Douglas Sirk Preises kommt zum richtigen Zeitpunkt. Denn derzeit laufen die Pressevorführungen von „Mistral“ an, der wieder ganz ungewöhnlichen Menschen gilt, die ihm diesmal aber besonders nahe stehen, weshalb dieses sein persönlichster Film ist, der auf dem autobiographischen Roman der Journalistin Rula Jebreal basiert, die seine Lebensgefährtin ist. Es geht um das Entstehen des Israel-Palästinenser-Konflikt und die heutigen Folgen für die Menschen auf beiden Seiten. Historisch wird an Personen die Zeitgeschichte vorgeführt und gleichzeitig sind die dargestellten Menschen lebendige Geschichte. Neben den Stars Freida Pinto ("Slumdog Millionär"), Hiam Abbass ("Paradise Now", "München"), Vanessa Redgrave und William Dafoe, spielt das Land mit seiner einzigartigen Landschaft, seinen vielfältigen Menschen und seiner außergewöhnlichen Geschichte eine große Rolle, wobei es nur eine Botschaft gibt: endlich Frieden.

"Ich bin Künstler, kein Politiker, und ich erzähle nur Mirals Version der Geschichte, von der es viele andere, widerstreitende Versionen gibt. Dies ist keine Polemik. Es ist ein Gedicht und ein Ruf nach Frieden.", sagt Julian Schnabel zu seiner Verfilmung, die noch in diesem Jahr in die deutschen Kinos kommt.

Und jetzt zu Douglas Sirk.

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