Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wenn Radsportler bekannt und berühmt werden, dass über sie Geschichten erzählt werden, die sich mit der Zeit verselbständigen, wobei vor teilnehmende Beobachter als Fanatiker und bezahlte Beobachter als angeblich neutrale Berichterstatter, aber in Wahrheit Werbung treibende ihre fetten Finger tief in der teuflischen Suppe, in der sie rühren und aus der sie schöpfen, stecken haben, bis die Erzählungen mit der vergangenen Wirklichkeit immer weniger zu tun haben, dann spricht man von Legenden. Kritische Journalisten spucken gerne in diese Suppe. Und das ist gut so.
Gut war einmal der Sport, als die Sportler noch nicht krank waren und das Kapital noch einen großen Bogen um Radsportler macht. Seit Jahrzehnten schon sind die Radsportler krank. Gibt es noch welche, die kein Attest vorweisen, das ihnen erlaubte Asthmapräparate zu nehmen. Das scheinbar jeder Radprofi ein ärztlich attestiertes Asthma hat, gibt zu recht immer wieder Anlass zu Dopingspekulationen. Sicherlich ist das Risiko bei Hochleistungssportlern, vor allem solchen in Ausdauersportarten, höher als bei Hobbysportlern und Freizeitfahrern, aber wenn man krank ist, dann ist man krank, oder?
Und damit ist zum Doping noch nichts gesagt, ohne dass der Radsport genau so wenig funktioniert wie ohne genügend Kapital. Den Orten, an denen Radsportgeschichte geschrieben wurde, kann das egal sein und Chris Sidwells als Autor des Buches „Kultorte des Radsports, Wo Fahrer zu Legenden werden“ scheint das egal zu sein. Er listet auf rund 150 reich und großformatig bebilderten Seiten exakt 53 Kultororte auf. Legendäre Berge, Anstiege, Kopfsteinpflasterpassagen und Radrennbahnen sind darunter garniert mit Wann-was-wo- und „Wikipedia“-Wissen. Sidwells schreibt im Vorwort, dass das Orte seien, „die untrennbar mit der Geschichte des Sports verbunden sind. Manche Pässe sind darunter, die landschaftlichen Juwelen bei den großen Rundfahrten, sowie besondere Anstiege und ein paar Kopfsteinpflasterpassagen, die Nagelproben bei den Eintages-Klassikern; auch einige Radrennbahnen, die Kathedralen der Geschwindigkei, durften natürlich nicht fehlen.“
Es fehlen im Buch neben Bergen und Kurzen auch nicht die Kranken, die Asthmatiker, die Doping- und Drogenabhängigen, die Lügner und Betrüger. Wer sich für Radsport entscheidet, der entscheidet sich fürs Doping oder wie es Danilo Di Luca formulierte: „Ich habe mich dafür entschieden, Radsportler zu sein, und dazu gehört auch Doping.“
Mit anderen Worten: Sidwells ist nichts anderes als ein Märchenonkel, der Legenden strickt, die nicht tragbar sind.
Bibliographische Angaben
Chris Sidwells, Kultorte des Radsports, Wo Fahrer zu Legenden werden, aus dem Englischen von René Stein, 152 Seiten, 166 Farbfotos, Format: 23,1 x 26,6 cm, Klappenbroschur, Verlag: Delius Klasing, 1. Auflage, Bielefeld 2018, ISBN: 978-3-667-11115-9, Preise: 29,90 EUR (D), 30,80 EUR (A)