Ministerien in Bonn und Berlin, wann endlich hört das einmal auf? – Vieles geht auf Preußen zurück

Blick über Wein und Rhein auf Bonn. Quelle: Pixabay, Foto: Thomas B.

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Alles schon mal dagewesen – so könnte man meien, nimmt man unser heutiges Staatswesen, also die Bundesrepublik Deutschland, unter die Lupe. Mit einem gewaltigen Unterschied: Damals, im Norddeutschen Bund, war Berlin der zentrale Regierungssitz. Das ist heute, drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung, noch immer nicht der Fall, denn 6 der 16 Ministerien des Olaf Scholz haben ihren Hauptsitz noch immer in Bonn.

Die Gegenwart: In den in Bonn angesiedelten Ministerien arbeiten rund 7 000 Personen, ursprünglich waren es einmal 12 000, und diese Zahl war im sogenannten Berlin-Bonn-Gesetz sogar zugesichert worden. Aber die mit ihren Dienststellen in Berlin ansässigen Minister holten über die Jahre quasi klammheimlich immer mehr Abteilungen nach Berlin, ohne das es übrigens zu nennenswerten Protesten kam. Die „Bonner“ heutzutage: Bundesministerium der Verteidigung, für Ernährung und Landwirtschaft, für Gesundheit, für Umwelt, für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für Wohnen und Bauwesen.

Bundesministerien sind eine Wissenschaft für sich. Es gibt offiziell nur fünf klassische, und nur sie dürfen sich in ihrem Namen, in ihrer Bezeichnung des Genitiv bedienen, also „des“ oder „der“. Alle anderen haben mit der Präposition „für“ auszukommen. Warum das Bundesministerium der Wirtschaft nicht offiziell auch zu den „Klassikern“ zählt, kann einem niemand erklären. Im übrigen gehen „Minister“ wie auch „Ministerium“ auf das lateinische „ministare“ zurück – „dienen“.

Weder der Norddeutsche Bund noch das aus ihm entstandene Deutsche Kaiserreich verwendeten das Wort „Ministerium“, sehr wohl aber verwandte Bezeichnungen, die auch in der Bundesrepublik gebräuchlich sind. So hatte der als Militärbündnis 1866 gegründete Norddeutsche Bund , dem alle „deutschen Lande“ nördlich des Main angehörten, sowohl einen Bundeskanzler als auch ein Bundeskanzleramt. Im folgenden Kaiserreich gab es ein Auswärtiges Amt, aber die obersten Reichsbehörden hießen ab 1871 nicht etwa Ministerien, sondern „Reichsämter“, an deren Spitze jeweils ein Staatssekretär stand. Sie nahmen Weisungen des Kanzlers entgegen. Erst mit der Weimarer Republik von 1918 bis 1933 wurden Reichsministerien eingeführt – sie entsprachen den heutigen Bundesministerien.

Re Bonn heute: Im früheren Kanzleramt ist das Entwicklungshilfeministerium untergebracht. Doch das Gebäude hat eher den Charakter eines Museum. Denn überall anzutreffende Schautafeln erläutern die frühere Verwendung als Kanzleramt. In dem Gebäude arbeiten 530 Beamte, während es am Dienstsitz des Ministers in Berlin 250 sind. Die Chefs aller in Bonn verbliebenen Ministerien haben ihren Sitz in Berlin. Das erfordert quasi eine Luftbrücke zwischen der einstigen Bundeshauptstadt und Berlin, denn vielfach ist die Anwesenheit vor allem der Fachkräfte persönlich erforderlich.

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