Merkel wirft das halbe Handtuch

Angela Merkel
Angela Merkel als Wachsfigur. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Heute morgen ging es über die Ticker. Angela Merkel, unsere Bundeskanzlerin wird sich für den Parteivorsitz der CDU nicht mehr bewerben. Ihre Reaktion auf die Wahlniederlage in Hessen und dem Verlust von mehr als 10 Prozent scheinen die Alarmglocken im Kanzleramt unüberhörbar zum Klingeln gebracht haben. Nun ja, viele ihrer Parteifreunde werden sich heimlich die Hände reiben.

Leichen pflastern ihren Weg, so könnte man, ganz nach dem Italowestern aus den 60er Jahren, die Alleinherrschaft unserer Kanzlerin beschreiben. Innerhalb von über ein Dutzend Jahren hat sie vor allem Männer aus dem Weg geräumt. Gewiss, manche von ihnen hatten nicht einmal das Niveau von Blockflöten, dennoch, unter den zwei Hände voll namhaften Opfern war auch der eine oder andere Hochkaräter dabei.

Helmut Kohl, Laurenz Meyer, Edmund Stoiber, Roland Koch, Christian Wulff, Günther Öttinger, sie alle erlitten aufgrund hinterfotziger Partei-Charaden bittere Schicksale. Auch Friedrich Merz zählte seinerzeit zu ihren Bauernopfern. Auch wenn die Parteiraison eine der wesentlichen Bestandteile für eine gewisse Stabilität darstellt, braucht man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass einige der Geschmähten auf der Lauer liegen. Manche sogar schon seit zehn Jahren.

Die Zeit scheint für einige der CDU-Krüppel gekommen zu sein. Das hessische und bayerische Wahl-Beben hat es möglich gemacht. Merkel spürt jetzt nicht nur den heißen Atem der ehemals Gedemütigten, sie muss auch mit dem Zynismus und der Scheinheiligkeit ihrer Parteifreunde fertig werden. Wie formulierte Horst Seehofer (CSU) vor der Kamera: „Es ist schade, dass Angela nicht weitermacht.“ Das innere Wolfslächeln steht ihm in Form von Genugtuung für „entgangene politische Freuden“ auf die Stirn geschrieben.

Mit der hessischen Wahlklatsche fühlt sich nicht nur die bayerische Niederlage halb so schlimm an, auch die klammheimliche Schadenfreude lässt sich nun bei Weißwurscht und Brezn entspannter auskosten. Doch ausgestanden ist der Erdrutsch nicht. Merkels Rückzug ist erst der Anfang. Es steht aber noch zu befürchten, dass sie als Kanzlerin spätestens zum Ende der Legislaturperiode Deutschland und die CSU noch einmal bestrafen will. Die Hiob’sche Heimsuchung könnte Annegret Kramp-Karrenbauer heißen.

Auch Jens Spahn, Gesundheitsminister seines Zeichens, bereitet sich auf den Kanzlerabgesang, den Frau Merkel heute zum Ende ihrer Amtszeit angekündigt hat, mit geschliffenem Messer vor. Wenn er da mal nicht die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat. Denn es gibt mindestens einen Wettbewerber, mit dem er noch vor wenigen Wochen nicht gerechnet, und dessen brillanten Fähigkeiten er auch nicht einschätzen kann.

Die Schlangengrube der CDU birgt noch allerhand Überraschungen weitere Überraschungen. Wie Phoenix aus der Asche, so erfolgt gerade die Wiederauferstehung des Friedrich Merz, als aus dem Kanzleramt verlautbarte, dass Kanzlerin Angela Merkel im Dezember nicht mehr für den CDU Vorsitz kandidieren will. Die Ergebnisse der Hessenwahl haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Nicht einmal eine Nacht war vergangen, schon kursieren die ersten Namen für die Nachfolge im Parteivorsitz.

Friedrich Merz, der 1998 bis 2000 und von 2002 bis 2004 das Amt des Parteivorsitzenden der CDU innehatte, trat in diesem Herbst plötzlich aus dem Dunstkreis seiner Wirtschaftskarriere wieder in Erscheinung und meldet seine Ambitionen an, das Ruder des schwer dahindümpelnden Seelenverkäufers CDU zu übernehmen. Man kann ihm die klammheimliche Freude schon von weitem ansehen, wurde er doch von der Kanzlerin höchstselbst entsorgt. Er hat also noch eine alte Rechnung offen.

Merz wollte damals eine Steuerreform auf einem Bierdeckel entwerfen. Er galt als Wirtschaftsexperte und rhetorisches Goldstück der Union. Als er sich anschickte, den Machtkampf mit seiner Parteichefin zu suchen, wurde ihm das zum Verhängnis. Zum Verhängnis wurde ihm allerdings auch CSU-Chef Edmund Stoiber, der nach der verlorenen Bundestagswahl 2002 Angela Merkel unterstützte und die Frau aus den neuen Bundesländern zur Mehrheit für den Fraktionsvorsitz von CDU und CSU verhalf.

Dass Angela Merkel schwer angeschlagen ist, jetzt das halbe Handtuch wirft, und ein Amt aufgibt, das für sie bislang untrennbar mit der Kanzlerschaft in einer Hand sein musste, darf man getrost als Einsehen in die Unvermeidlichkeit werten. Dem Himmel sei für ihren Rückzug gedankt.

In der Tat, der CDU täten politische Hochkaräter wie Friedrich Merz oder auch Roland Koch gut. Doch letzterer steht nicht mehr zur Verfügung. Dennoch, es beißt die Maus den Faden nicht ab, im Augenblick setzt sich das politische Führungspersonal überwiegend aus Dilettanten zusammen. Die Frage ist erlaubt, ob es nicht längst zu spät ist. Wenn man seinen Blick nach links wendet, wird es auch nicht gerade heller, sondern zappenduster.

Den derzeitigen Zustand der SPD kann man eher mit einer fußballerischen Gurkentruppe aus der Kreisklasse vergleichen, die gegen eine Bundesligamannschaft antreten müsste. Kaum anzunehmen, dass sich die Roten in den nächsten Jahren noch einmal berappeln. Da hilft nicht einmal das Auswechseln des Cheftrainers. Deutschland wird sich daran gewöhnen müssen, unter einer grünen Bevormundungspartei noch viele Jahre leiden zu müssen.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde unter dem Titel „Angela Merkel wirft das halbe Handtuch“ im Scharfblick am 29.10.2018 erstveröffentlicht.

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