Mann mit Riecher – Jankofsky zeichnete für den Tag, nicht für die Ewigkeit. In die er vor acht Jahren eingegangen ist. Am 28. September hätte Heinz Jankofsky seinen 75. Geburtstag gefeiert

Heinz Jankofsky

Doch Heinz Jankofsky ist ein fleißiger Mensch gewesen. Er hat für sämtliche Zeitschriften und Zeitungen der DDR gezeichnet, fürs Fernsehen und für die DEFA, Postkarten, Plakate und Prospekte, ein Skat-Kartenspiel und eine Schallplattenhülle. Später avancierte er zum Hauszeichner der Super-Illu. Die noch heute die wöchentliche Witzeseite mit Arbeiten aus seinem umfangreichen Nachlass bestückt. Die Leser und die Erben sind’s zufrieden. 

Und auch der Eulenspiegel Verlag rechnet weiterhin mit dem Vater der komischen Männer und Rubensfrauen, die sich mit Kolbennasen und Stauneaugen als zur Jankofsky-Sippe gehörend ausweisen. Die Bücherreihe – an der Spitze «Das Dicke Jankofskybuch« – ist lang. Noch immer einer der Renner: der »Schein für`s Sein«. Das ist »der absolut  umtauschsichere und unbegrenzt gültige Personalausweis der Deutschen Demolierten Republik«, den H. J. jenem blaßblauen Dokument nachempfunden hat, das auch die härtesten Ostalgiker 1995 auf den Müllhaufen ihrer Geschichte legen mussten. Seinerzeit setzte er in überlaufenen Signierstunden mit einem handgeschriebenen »Genehmigt!« noch eins drauf. Auch heuer hat sich das fälschungssichere Dokument bislang bereits mehr als 2 Mio. mal verkauft.

Jankofsky, der keine Zeitung las und seine Studien im Café zur Post in Pankow und später im Café Kolberg in Templin betrieb, kannte »unsere Menschen« und wußte, worüber sie lachen. Und das bot er ihnen. Zur Freude seiner Redakteure lieferte er – zuverlässig und überpünktlich – ganze Serien über  Bräute, Bargeld und Beamte, Bullen, Banken und Banditen, über Menschen, Möbel, Möglichkeiten und immer wieder über Katzen. Der Aha-Effekt stellt sich beim Betrachter seiner Zeichnungen sofort ein. Bildidee und Wortwitz bilden eine Einheit. Jankofsky war naiv, im besten Sinne des Wortes. Belehrung der Leser, Erziehung gar, war seine Sache nicht. »Ich will zeichnen, nicht kämpfen.«

So dachte er ohne Verbissenheit an die DDR zurück, in die der gebürtige Kreuzberger der Liebe wegen gekommen war, wo er jahrelang Reichsbahnloks reparierte und sich – vom verehrten Altmeister Erich Schmitt ermutigt – als Autodidakt in die erste Reihe der Pressezeichner vorarbeiten konnte. Wertvolle Hinweise, z.B. eines hochrangigen Volkspolizisten, hat er befolgt und »die Genossen« (für ein Preisausschreiben} so gezeichnet, wie sie wirklich aussehen. Was er sich zunächst nicht getraut hatte. Ein Witz, über den der meist ernste Mann immer wieder schmunzeln konnte. Freundlicher sei’s damals zugegangen, kollegialer. Aber auch das neue Leben hielt komische Situationen für ihn bereit und Fans, die auf seine Bilder warteten. 

Die entstanden am Zeichentischchen, das er sich mit Lieblingskatze Nancy teilte. Er schaute aus dem Fensterchen auf die ukermärkische Dorfstraße und lauschte in sich hinein. In seinem Kopf verknüpperten sich Einfälle und Ausfälle. Und auf dem Zeichenkarton entstanden Personen, die aussahen wie du und ich. 

Jankofsky zeichnete für den Tag, nicht für die Ewigkeit. In die er vor acht Jahren eingegangen ist. Sein letztes Büchlein heißt sinnigerweise »Jetzt ist Sense« und versammelt Schwarzen Humor. Am 28. September sollten wir auf seinen 75. Geburtstag ein Bier trinken.

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Anmerkung:

Erstveröffentlichung in Neues Deutschland vom 28.10.2010.

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