Kühlungsborn: Ein Hauch von Mittelmeer an der Ostseeküste – Saubere Seeluft, Naturphänomene und Bäderarchitektur

Die Straße schlängelt sich kurvenreich hinauf und hinab durch kleine Dörfer und Buchenwälder, saftig grüne Wiesen und Weiden, auf denen Kühe und Pferde grasen. Kurz vor dem Ziel – meist hinter Kuppeln – gibt der Höhenzug dann unvermutet fantastische Fernblicke frei auf die Ostseeküste und das Seebad.

Angelika Garreis, Chefin des Aparthotels „Am Weststrand“, bemüht eine Sage, um das Landschaftsphänomen zu erklären. In grauer Vorzeit hätten Riesen die Ostsee zuschütten wollen, beim Anblick der endlos scheinenden Weite des Meers ihr Vorhaben aber aufgegeben und ihr schweres Gepäck aus Erde und Steinen dort hinterlassen, wo heute die Kühlung liege. Tatsächlich stammt dieser Höhenzug aus der Eiszeit. Als das Eis schmolz und seine mitgeführten Schutt- und Gesteinsmassen freigab, wurde diese liebliche Landschaft aus Wäldern und Hügeln, Tälern und Bächen geprägt.

Die Ostsee in Kühlungsborn weist bei wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein ein weiteres Naturphänomen auf. In unmittelbarer Nähe des sechs Kilometer langen Strands liegen vereinzelt Sandbänke unter Wasser. An diesen Stellen leuchtet das Meer türkisblau und setzt sich so kontrastreich von der übrigen schwarz-blauen Wassermasse ab. Ein wohltuender Hauch von Mittelmeer an der deutschen Ostseeküste.

Zu diesen landschaftlichen Besonderheiten kommt ein typisches Inselklima: Drei Viertel der Winde in Kühlungsborn seien reine Seewinde, die meistens aus Westen wehen und für besonders saubere Luft sorgten, erklärt Garreis. Auch das Wasser sei von hervorragender Qualität, wie ein seit mehr als zehn Jahren jährlich erneut verliehenes amtliches Umweltsiegel beweise.

Auf einem Spaziergang zum zehn Kilometer entfernten Ostseebad Heiligendamm, wo im Juni 2007 der G8-Gipfel ausgerichtet wurde, zeigt sich die Küste von ihrer schönsten Seite. Die Strandpromenade in Kühlungsborn – mit fast vier Kilometern eine der längsten Deutschlands – verläuft parallel zu der von prächtigen Villen gesäumten Ostseeallee. Auf der einen Seite des Wegs rollen Wellen sanft auf den Strand. Auf der anderen Seite wandert der Blick auf die für die Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns typische Bäderarchitektur.

Die ersten Villen, in denen zumeist Hotels, Pensionen und Restaurants untergebracht sind, entstanden Ende des 19. und zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts für erholungssuchende Gäste vorwiegend aus wohlhabendem Bürgertum. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Wende avancierte Kühlungsborn zum größten Badeort der ehemaligen DDR. Was aber nicht verhinderte, dass die vom sozialistischen Regime enteigneten Immobilien heruntergewirtschaftet wurden und ihr totaler Verfall drohte. Die Rettung der Häuser mit ihren Elementen aus Jugendstil und Historismus kam erst mit der Wiedervereinigung Deutschlands. Bis 2001 sind die Villen nach und nach aufwendig im traditionellen Stil der Bäderarchitektur saniert worden.

So zeugen sie mit ihren geschwungenen Giebeln und Türmchen, Erkern und Balkonen heute noch vom Bauverständnis der damaligen Zeit und verleihen Kühlungsborn seinen städtebaulichen Charakter. Hässliche Neubauten, die das harmonische Bild der Bäderarchitektur zerstören könnten, seien nicht zu befürchten, versichert Garreis. Die Stadtverwaltung achte streng darauf, dass auch neue Villen im alten Stil errichtet würden.

Die Promenade endet Richtung Heiligendamm an einem Bootshafen, in dem Segelboote, Yachten und Fischerkutter dümpeln, und geht über in einen von Büschen und Sträuchern gesäumten Spazier- und Fahrradweg auf Klippen. Hier wird der Strand schmaler und steiniger bis er sich zum Heiligen Damm ausweitet.

Der rund vier Kilometer lange Heilige Damm galt schon lange vor der Gründung des gleichnamigen ersten deutschen Seebads im Jahr 1793 als Naturschönheit. Nach einer Überlieferung soll in einer Sturmnacht von 1427 das tosende Meer das Beten von Mönchen aus dem nahegelegenen Kloster in Bad Doberan sowie ansässigen Bauern und Fischern erhört und den Damm zu ihrem Schutz aufgespült haben. Daher wird er als heilig bezeichnet. Geologische Untersuchungen der Universität Rostock belegen, dass der Heilige Damm ein von der Ostsee aufgeworfener Steinwall ist. Das Meer hat große Geröllmengen aus der Steilküste westlich von Heiligendamm herausgebrochen, zerkleinert und abgeschliffen und vor die Meeresbucht geschoben.

Das nach diesem Naturereignis benannte Seebad war im frühen 19. Jahrhundert Treffpunkt eines privilegierten Publikums wie in – und ausländischer Adel sowie Gesandte aus anderen Staaten, ranghohe Offiziere und angesehene Künstler. Zur DDR-Zeit wurden dort Patienten mit Atemwegs- und Hauterkrankungen in einem renommierten Sanatorium behandelt. Inzwischen ist aus der ehemaligen Heilanstalt ein modernes Kurzentrum in unmittelbarer Strandnähe entstanden.

An den ehemaligen Glanz des Ostseebads erinnert indes nur noch die im Sonnenlicht gleißende, makellos weiße Fassade des von der Kölner Fundusgruppe gebauten Grandhotels, in dem die Regierungschefs während des G8-Gipfels residierten. Aber hinter der Fassade bröckelt es. Die bis Februar 2009 von Kempinski betriebene Luxusherberge hat trotz eigenem Sandstrand und sonstigen Vorzügen eines Fünf-Sterne-Hauses die Erwartungen der Investoren nicht erfüllen können. Auch das Management des inzwischen vom Eigentümer selbst verwalteten Haus scheint keine Fortune zu haben, wie aus einem vor kurzem erschienenen Bericht in der Wochenzeitung „Die Zeit“ hervorgeht.

Über fehlende Gäste können sich die Kühlungsborner Hoteliers und Pensionsbetreiber, die insgesamt rund 14 000 Betten zur Verfügung stellen, dagegen nicht beklagen. Die durchschnittliche Auslastung der Hotels beträgt nach Worten von Tourismus-Chef Brauer rund 64 Prozent. Das sei zwar noch steigerungsfähig, aber zu Spitzenzeiten wie Ostern oder in den Sommerferien sei in Kühlungsborn ohne vorherige Reservierung kein Zimmer mehr zu kriegen.

Doch das Ostseebad Kühlungsborn hat gleich mit zwei Imageproblemen zu kämpfen. Zum einen haftet dem Ort der Ruf eines Rentnerparadieses an. Der große Teil der Gäste sei ab 75 Jahren aufwärts, ulkt der Lebenspartner von Hotelchefin Garreis. „Das stimmt so nicht“, wendet ein Mitarbeiter des lokalen Touristik-Service ein. Ältere Menschen seien nur im Winter und zum Frühlingsbeginn in der Überzahl. Ab Juni würden junge Familien mit Kindern dominieren.

Doch um einen Imagewandel herbeizuführen, bedarf es „großer Anstrengungen und guter Ideen“, weiß der Inhaber des Hotels Polar-Stern Albrecht Kurbjuhn. Er ist neben seiner Kollegin Garreis Mitbegründer der Initiative Internationaler Tourismus. Der Verein habe sich vor allem zum Ziel gesetzt, ausländische Gäste nach Kühlungsborn zu holen. „Dieses Potenzial liegt hier weitgehend brach“, sagt Kurbjuhn. Dabei würde etwas internationales Flair die Attraktivität von Kühlungsborn auch für Gäste aus westdeutschen Bundesländern erhöhen.

„Es ist hier insgesamt zu deutsch“, unterstreicht der Hotelier. Das sei vor allem jungen Menschen mit gehobenem Bildungsniveau zu langweilig. Aber erste Schritte in Richtung mehr Internationalität seien schon erfolgt. So arbeiteten Künstler aus nahen und fernen Ländern wie Dänemark und China auf Einladung des Kühlungsborner Tourismusservice mehrere Wochen im Jahr in dem Ostseebad. „Kunst ist international, kann Menschen zusammenführen und verbinden“, betont Kurbjuhn.

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Infos: Ostseebad Kühlungsborn

Anreise

Das Ostseebad Kühlungsborn liegt 35 Kilometer westlich der Hansestadt Rostock, wo auch der nächstgelegene Flughafen ist. Es empfiehlt sich, nach Kühlungsborn mit dem Auto zu fahren, denn die Anreise mit dem Zug erfordert das Umsteigen in Rostock und Bad Doberan und ist zeitraubend. Mit dem Auto aus Richtung Westen (Hamburg, Lübeck) über die Autobahn A 20 fahren und in „Kröpelin“ oder „Bad Doberan“ abfahren. Aus Richtung Süden (Berlin) auf die Autobahn A 19 Richtung Rostock fahren und am Rostocker Kreuz auf die A 19 Richtung Lübeck wechseln und in "Bad Doberan" oder "Kröpelin" abfahren. Die Fahrt über Kröpelin ist landschaftlich reizvoller.

Unterkunft und Gastronomie

Kühlungsborn bietet eine Vielfalt an Unterkünften, von der familiären Pension über moderne Ferienwohnungen und -appartements bis zum exklusiven Vier-Sterne-Hotel ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Ebenso gibt es zahlreiche Restaurants mit internationalem Angebot. Empfehlenswert sind vor allem Lokale, die fangfrischen Fisch bieten. Zu empfehlen ist auch Räucherfisch, der auch in Fischgeschäften erhältlich ist. (www.kuehlungsborn.de)

Aparthotel „Am Weststrand“

Das Aparthotel „Am Weststrand“ mit Ostseeblick bietet Apartments, Suiten und Doppelzimmer. Die Preise reichen von 110 bis 190 Euro pro Nacht und Wohneinheit. Zur Ausstattung zählt ein Wellnessbereich mit Hallenbad und Saunalandschaft.

Aparthotel „Am Weststrand“, Ostseeallee 38, D-18225 Kühlungsborn, Tel.: +49 (0)38293 8480, Fax: +49 (0)38293 848431, Website: www.am-weststrand.de, E-Mail: info@am-weststrand.de

Hotel Polar-Stern

Die von der Familie Kurbjuhn geführte Villa Polar-Stern mit Ostseeblick bietet individuell gestaltete Zimmer, die in der Sommersaison rund 100 Euro kosten. Das hauseigene Restaurant ist auf Steaks spezialisiert und bietet eine umfangreiche Whiskey-Karte.

Hotel Polar-Stern, Ostseeallee 24, D-18225 Kühlungsborn, Tel.: +49 (0)38293 8290, Fax: +49 (0)38293-82999, Website: www.polar-stern.com, E-Mail: info@polar-stern.de

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