Kalter Krieg – Teil 2

Vier Uniformierte tragen eine Flagge der Volksrepublik China, auch Rotchina genannt. Quelle: Pixabay, Foto: Ray Wong

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Im Herbst 1989 endete mit dem Fall der Berliner Mauer der Kalte Krieg – und die Europäer verhängten wegen des Massakers auf dem Tiananmen-Platz in Peking, das Hunderte, ja Tausende von Todesopfern gefordert hatte, ein Waffenembargo gegen China. 32 Jahre danach verhängt die EU – im Verein mit den USA, Kanada, Großbritannien und der Schweiz – erneut Sanktionen über China, und ebenfalls wegen Menschenrechtsverletzungen.

China hat über eine Million muslimischer Uiguren in der Provinz Xinjiang in „Umerziehungslager“ gesteckt, soll diese zur Zwangsarbeit, Sterilisation und Schlimmerem gezwungen haben. Nicht nur die USA sprechen von Genozid. Brüssel belegt vier Beamte, die dabei eine tragende Rolle gespielt haben, mit Einreise- und Kontensperren. Ein Boykott der olympischen Winterspiele in China am 4. Februar 2022 steht im Raum.

Peking bestreitet die Existenz der Lager nicht, lediglich ihren Zweck – die Deradikalisierung von Islamisten. China schimpft über „Megafon-Diplomatie“, „Ignoranz“ und „Arroganz“ des Westens, vermeidet aber einen allzu harschen Gegenschlag und lässt es bei Maßnahmen gegen zehn Personen und vier Institutionen bewenden – wohl um die Europäer nicht noch mehr in die gemeinsame Front mit den Amerikanern zu treiben. Und vor allem um die Wirtschaftsbeziehungen nicht zu gefährden; noch im Dezember hatte Brüssel mit Peking ein Investitionsabkommen unterzeichnet. Die Chinesen operieren geschickt mit Zuckerbrot und Peitsche.

Es waren die Chinesen selbst, die das „K-Wort“ aufbrachten, als sie von einer „Kalter-Krieg-Mentalität“ des Westens sprachen. Dass sich ein „Kalter Krieg Teil 2“ anbahnt, diesmal mit China und nicht mit der Sowjetunion als Kontrahenten, wird immer mehr zur Tatsache. Wie sich die Bilder gleichen: Damals wie heute verbietet man sich unter Verweis auf das (in der Uno-Charta verankerte) Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten jede Kritik an Staatsterror und Menschenrechtsverletzungen. Vor 32 Jahren war China noch ein Entwicklungsland – heute wird es zusehends zur Großmacht: Wirtschaftlich und immer mehr auch militärisch. China praktiziert Cyber-Spionage gegen den Westen und dieser – USA, Europa, Japan und Südkorea – übt den Schulterschluss gegenüber dem erstarkenden China; die Briten stocken ihr Nuklear-Arsenal auf und schicken einen ihrer beiden brandneuen Flugzeugträger ins Südchinesische Meer. Hier weiß kaum jemand noch vom Boxeraufstand des Jahres 1900 gegen die Kolonialmächte und deren Kanonenboot-Politik, doch China hat ein langes Gedächtnis. Mit der Visite des russischen Außenministers Sergei Lawrow in China bahnt sich eine Front gegen den Westen an – zugleich machen die Chinesen Avancen in Saudi-Arabien, der Türkei und Iran, der Einfluss Pekings in Südostasien und Afrika nimmt stetig zu.

Anmerkung:

Vorstehender Artikel von Dr. Charles E. Ritterband wurde in „Vorarlberger Nachrichten“ am 2.4.2021 erstveröffentlicht.

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