Ist Hessen vorn? – Die Hessenwahl ist mehr als eine Landtagswahl

In diesem Gebäude sitzt das Parlament von Hessen.
Ein Blick auf das Gebäude mit dem Plenarsaal des Hessischen Landtages in Wiesbaden. © Hessischer Landtag, H. Heibel

Wiesbaden, Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Landtagswahl in Hessen heute macht das Dilemma in der deutschen Politik deutlich. Die Entscheidung der Bundeskanzlerin am 4./5. September 2015, die deutschen Grenzen schutzlos zu stellen und als Folge ihres Vorgehens Millionen Migranten nach Deutschland und Europa einströmen zu sehen, hat sowohl Deutschland als auch Europa in den Grundfesten erschüttert. Die Folgen, die diese Entscheidung hervorgerufen hat, überlagern inzwischen das gesamte staatliche und politische Leben. Dabei spielt es keine Rolle mehr, dass im Kanzleramt beschäftigte Meinungs-Manipulatoren und ihre willigen Vollstrecker in Medien und Nichtregierungsorganisatoren alles unternehmen, normale staatliche Sachfragen dieser Diskussion und Empörung über das Putsch-Vorgehen der Bundeskanzlerin in den Weg zu stellen. Dadurch soll derEindruck erweckt werden, dass die Bundesregierung schon beim „business as usual“ scheitert und die tatsächlichen Gründe für die Spaltung Deutschlands in den Hintergrund treten.

Bouffier, letztes Relikt der berühmten „drei von der Tankstelle“ in Hessen und Enkel des legendären Alfred Dregger, konnte so gut wirtschaften und regieren wie er wollte. Er muss mehr als zuvor der Ministerpräsident des Freistaates Bayern seinen Kopf dafür herhalten, gemeinsam mit anderen die politische und rechtliche Vorgehensweise der Bundeskanzlerin „beschwiegen“, hingenommen und nicht mit dem Gewicht seines Amtes und Einsatz seiner Person bekämpft zu haben. Er folgt damit dem Beispiel seines Vorgängers Roland Koch, der sich in seiner Zeit als Ministerpräsident in Hessen der Bundeskanzlerin nicht in den Weg stellte, als sie anfing, den deutschen Staat und die eigene Partei unter „Führer-Gesichtspunkten“ umzubauen. Es rächt sich eben, die Mahnung von Papst Benedikt XVI. im Plenum des Deutschen Bundestages bei seinem Besuch 2011 nachhaltig zu missachten. Der Papst aus Deutschland legte seinerzeit den „Finger in die Wunde“, als er den Staat bei seiner Missachtung des Rechtes mit einer „Räuberbande“ verglich. Papst Benedikt XVI. hat seinerzeit der Inschrift über dem Portal des Reichstagsgebäudes „ Dem Deutschen Volke“ die ewige Schrift an der Wand hinzugefügt und geradezu eine „Liebeserklärung an den Rechtsstaat“ der Inschrift hinzugefügt. Dieser Mahnung des Papstes an die Deutschen sind weder die Bundeskanzlerin, die überwiegende Zahl der Mitglieder des Deutschen Bundestages noch die obersten Verfassungsorgane in der Missachtung des Friedensgebotes im Grundgesetz und der rechtsstaatlichen Ordnung Deutschlands gerecht geworden. Volker Bouffier muss jetzt erleben, selbst gute Regierungsarbeit in und für Hessen nicht mehr honoriert zu sehen, weil die Merkel-Dynamik unser Land zerreißt.

Frau Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland, Generalsekretärin der CDU, hat über die Konsequenzen Merkel´ scher Politik das Verdikt gesprochen. Mit Gerhard Schröder und seiner Agenda 2010 bei ihrer Migrationspolitik verglichen zu werden, bedeutet für Frau Dr. Merkel und die ehedem stolze, tatkräftige und erfolgreiche CDU/CSU gleichsam den Wink mit dem Zaunpfahl. Vor dem politischen „aus“ in der deutschen Politik steht politisches Siechtum, wie bei der traditionsstolzen SPD hinlänglich zu beobachten ist. Da reicht es auch nicht, die AfD oder ihre Mitglieder und Wähler in die rechte Ecke zu drücken, weil sowohl Wähler und Mitglieder der AfD in der Vergangenheit die „Treuesten der Treuen“ bei den derzeitigen Koalitionsparteien der Groko gewesen sind. Es sein denn, sowohl Linke, CDU/CSU oder SPD waren bislang Sammelbecken derjenigen, die in Deutschland herkömmlich als „Rechts-Radikale“ oder gar „Nazis“ bezeichnet werden. Wenn man so um die Wähler-und Mitgliederscharen zwecks Rückkehr in diese Parteien wirbt, dürfte das Hohn hervorrufen.

Hessen wird auf Dauer damit leben müssen, mit dem Sprachgebrauch des Kalten Krieges in Verbindung gebracht zu werden. Seinerzeit war der „Schrecken an der Wand“ das berühmte „Fulda-Gap“. Sowjetische Panzerarmeen bedrohten die Existenz des prosperierenden Westens. Diese Wirkung für die rechtsstaatliche Ordnung Deutschlands geht heute von der amtierenden Bundeskanzlerin aus. Frau Dr. Merkel und ihre CDU-Generalsekretärin sehen das wohl auch so. Der politische „Todeskuss“ bei der Schröder-Agenda 2010 und die umwerfende Aussage der Bundeskanzlerin darüber, den Grund allen Übels in Berlin und nicht in Wiesbaden zu sehen, sagen politisch alles. Fast jedenfalls, denn unmittelbar nach der Wiedervereinigung ergingen sich führende protestantische Mitglieder der CDU in den Aussagen darüber, dass Deutschland und damit auch die CDU jetzt „östlicher“ und „protestantischer“ werden würde. In wenigen Wochen beginnt das Jahr 2019 und damit die Erinnerung an das Jahr des Mauerfalls 1989 vor dreißig Jahren. Es war die alte Bundesrepublik mit ihrer rechtsstaatlichen Ordnung, die Deutschland eine neue Perspektive eröffnete. Mit Frau Dr. Merkel steht Deutschland in dem freiheitlichen Europa, für das von Adenauer über Schmidt und Brandt bis Kohl sich deutsche Bundeskanzler eingesetzt hatten, vor einem unüberwindlichen Scherbenhaufen. Die Wahlen in Bayern und Hessen machen deutlich, dass sich Deutschland politisch neu sortiert. In diejenigen politischen Kräfte, die der „Neuen Weltordnung“ und damit der „Herrschaft der Nichtregierungsorganisationen“ verpflichtet sind und diejenigen, die an dem demokratischen Rechtsstaat und damit der Nation festhalten, weil demokratischer Rechtsstaat und Nation einander bedingen. Wenige Monate nach der heutigen Hessenwahl stehen die Europa-Wahlen an. Mit dem Niederländer Frans Timmermans tritt ein Spitzenkandidat an, der die Nationen als konstitutive Bestandteile des westeuropäischen Friedenswerks abschaffen will. Nach Merkel also Timmermans. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sollen auf der Strecke bleiben, ob die Namen nun Merkel oder Timmermans lauten. „Hessen“ heute ist mehr als eine Landtagswahl.

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Willy Wimmer
Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung a.D. Von 1994 bis 2000 war Willy Wimmer Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).