Großaufgebot für Verdis Requiem  – Die Berliner Symphoniker musizierten gemeinsam mit 14 spanischen Chören in der Berliner Philharmonie

Seit Jahren pflegen die Berliner Symphoniker eine Kooperation mit dem Festival Musica Mallorca, und so kamen die Kooperationspartner buchstäblich in hellen Scharen und voller Elan nach Berlin zum gemeinsamen Konzert. Mögen auch gemeinsame Proben so vieler Chöre eine logistische Herausforderung gewesen sein, so war von Streß nichts zu spüren. Moreno führte Orchester, Chor und Solisten souverän. Der Chor folgte dem Dirigenten schlaggenau und sang vorzüglich textverständlich – eine erstaunlich geschlossene Leistung. Die spanischen Sängerinnen und Sänger waren glücklich, in der Berliner Philharmonie auftreten zu können.

Der Erfolg verdankt sich der Zusammenarbeit, dem sicheren Blick und dem Organisationstalent zweier Macher: des Festivaldirektors Toyo Masanori Tanaka und des Intendanten des Orchesters, Jochen Thärichen. Mit diesem Konzert wurde auch die IX. Saison des Mallorca Musikfestes eröffnet.

Die Berliner Philharmonie mit  ihren 2 218 Plätzen war zu 90 Prozent besetzt. Drei der insgesamt sechs Konzerte waren zu 100 Prozent ausgelastet – Beweis für die Popularität des Orchesters und das Vertrauen seiner Abonnenten. 

Kaum jemand weiß, unter welchen Opfern die Orchestermitglieder ihre Konzerte in Berlin bestreiten. Seit 2004 erhalten sie vom Berliner Senat keinerlei finanzielle Unterstützung mehr. Und umsonst ist nichts: ein Konzert in der Philharmonie kostet allein 11 000 Euro Saalmiete. Die Einnahmen decken die Kosten nur gut zur Hälfte. Die Differenz »erwirtschaften« die Musiker durch Auslandsgastspiele, insbesondere durch Tourneen in China, Korea, Japan, Argentinien und durch Konzerte in Europa. Sie erhalten eine sehr bescheidene Gage, weil etwas übrigbleiben muß, damit das Orchester in Berlin präsent bleiben kann. In der Arbeitersprache heißt das: »Hier müßt ihr Geld von zu Hause mitbringen.« 

Doch die Finanzkrise macht auch vor dem Musikleben nicht halt. Ausfälle von Tourneen schaffen eine bedrohliche Lücke. Dennoch ist die Spielzeit 2011/12 mit sechs Konzerten festgemacht. Drei davon sowie die beiden Silvesterkonzerte wird Chefdirigent Lior Shambadal dirigieren. Mit Eintrittspreisen von 14 bis 35 Euro bleibt das Orchester seinem Grundsatz treu, auch für Besucher mit kleinem Geldbeutel da zu sein. Der Vorverkauf hat begonnen. 

Im Sommer werden die Berliner Symphoniker wie gewohnt beim Choriner Musiksommer (2.Juli) und beim Open Air Klassik Sommer in der Kulturbrauerei (17. und 21. August) sowie am 23. Juli im Schloß Tüssling (Bayern) spielen. Nach gutem Brauch ist das Orchester auch wieder Partner für Christoph Hagels Inszenierung von »Die Schöpfung« von Joseph Haydn, die ab 30. April im Berliner Dom zu erleben ist. Die Musiker begleiten seit vielen Jahren die Studenten der Universität der Künste bei ihren Examens-Abschlußkonzerten. Die nächste öffentliche »Prüfung« wird am 8. Juli im Konzertsaal in der Fasanenstraße stattfinden (Eintritt frei). Mit seiner zuverlässigen Leistungsfähigkeit genießen die Symphoniker einen guten Ruf bei Solisten und Veranstaltern. Im Kloster Chorin wird zum Beispiel Guy Braunstein, Erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, mit dem Orchester das Violinkonzert D-Dur op.77 von Johannes Brahms aufführen. 

Die breit gefächerte Tätigkeit kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Berliner Symphoniker infolge der gestrichenen Senatszuschüsse in Berlin nur noch sechs von ehemals 18 Konzerten pro Jahr spielen können. 

Ein Lichtblick ist eine unlängst gewährte Projektförderung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie. Inhalt soll der Gedanke der Integration neuer Hörerkreise in das Konzertleben sein, zum Beispiel durch eine Zusammenarbeit mit dem Konservatorium für Türkische Musik. Die Unterstützung der Lotterie wird es dem Orchester erlauben, seine beliebten Konzerte für die ganze Familie wieder aufzunehmen, und dies eben über die traditionellen Inhalte und Besucher hinaus. 

Zu schlechtem Gewissen sind die Politiker der rot-roten Koalition in Berlin so wenig fähig wie andere, aber vielleicht kann sich eine neue Stadtregierung zu einer gerechteren Verteilung ihres Kulturhaushalts durchringen.

Weitere Informationen im Internet unter www.berliner-symphoniker.de

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