Granny Playback Show – Cher und Christina Aguilera stolpern durch Steven Antins Kino-“Burlesque“

Die nicht mehr sonderlich junge Mädchen vom Lande (Christina Aguilera) ist nicht mehr in Iowa, sondern dem verruchten L. A. . Alice nennt sich hier Ali und boxt sich ihren Weg frei. Aus dem Billighotel (wie in „Midnight Cowboy“) in eine glitzernde Zauberwelt (wie in „Lili“), an deren Pforte sie ein geschminkter Gastgeber (Alan Cumming) empfängt (wie in „Cabaret“) und wo große verkleidete Kinder auf der Bühne Tonbandmusik die Lippen bewegen (wie in der Mini-Playback-Show). Weil Linda De Mol wohl zu hoch gegriffen war, moderiert Tess (Cher) die einer Kopie der Pussycat Dolls gleichende Truppe. Auf ihrem Weg zum Star von Tante Tess ´ „Burlesque Lounge“ muss Ali sich gegen die eifersüchtige Rivalin Nikki (Kristen Bell) behaupten (wie in „Showgirls“) und verliebt sich in den Musiker Jack (Cam Gigandet).

Nikki wird als Alkoholikerin, weil sie gelegentlich einen Drink nimmt. Doch sogar sie darf zurück in den Schoß der großen Burlesque-Familie, als sie geläutert zu Tess gekrochen kommt und um Wiederaufnahme bettelt. So schwach und hilflos ist Ali, dass „Burlesque“ ihr nicht einmal eine fiese Konkurrentin gönnt. Alis Revanche beschränkt sich demnach auf eine zickige Bemerkung hinter der Bühne, auf der nun sie den Ton angibt. Alle waren Sieger, auch wenn eine nur gewinnen kann. Verglichen mit einem echten Stripclub geht es in der „Burlesque Lounge“ züchtig wie beim YWCA zu. Wird eine schwangere Tänzerin trägt umgehend den Ehering am Finger. Jack nimmt die wohnungslose Ali in sein geräumiges Apartment auf und macht ordnungsgemäß mit seiner Freundin Schluss, bevor er Ali mit einer Pop-Ballade becirct. Ihre anfängliche Notlage für unzüchtige Avancen auszunutzen, würde dem Mustermann nie einfallen.

Im strahlenden Film-L.A. Regnet es nur damit dadurch zwei füreinander Bestimmte zusammenfinden. „Ich versuche etwas zu tun, von dem alle profitieren. Wieso bin ich darum der Böse?“, fragt Marcus. Sei er nicht, versichert Ali. Niemand ist hier der Böse. Böses existiert nicht in der Welt von Burlesque, die Regisseur Antin als ausgelassenes, lustiges Herumtollen beschreibt. Dass klingt mehr nach Kölle Alaaf als nach einer Erotikshow. Burlesque sei nie etwas Sexuelles gewesen, sagt Antin. Seine Tänzerinnen inszeniert Astin so keusch wie einen Chor Sonntagsschülerinnen. Unter zwei bis drei Paar Strümpfen scheinen hautfarbene Bodies durch und in Aguileras Interpretation von „A Guy who takes his Time“ blitzt die beige Push-up-Einlage des fleischfarbenen Miederanzugs durch, den sie unter ihrem transparenten Glitzerkostüm ist nicht das einzige, das peinlich ins Auge stechen lässt, dass in Antins Leinwand Burleske ohne Stützstrümpfe und Bauch-Weg-Mieder mehr als die Tonlage hängt. Letzte kommt dafür vermutlich immer noch vom Tonband.

****

Titel: Burlesque

Land/ Jahr: USA 2010

Genre: Musicalfilm

Kinostart: 6. Januar 2011

Regie und Drehbuch: Steven Antin

Darsteller: Christina Aguilera. Cher, Stanley Tucci, Cam Gigandet, Alan Cumming, Kristen Bell, Peter Gallagher, Julianne Hough, Eric Dane

Kamera: Bojan Bazell

Schnitt: Virginaia Katz

Laufzeit: 120 Minuten

Verleih: Sony

www.burlesque-derfilm.de

www.sonypictures.de

Vorheriger ArtikelSpieglein, Spieglein an der Wand – Grimms „Kinder und Hausmärchen“ des Verlags Mescheryakov sind unter den Schönsten im Bücherland
Nächster ArtikelWer bin ich und wenn ja, wie viel? – Kad Merad übt das „Fasten auf Italienisch“ in Olivier Baraoux ´ Komödie „L ´Italien“