Optimierte Trainingsbedingungen wurden zugesagt
„Die Verpflichtung von Sascha Glass ist ein weiterer Meilenstein auf unserem Weg, die Nachwuchsarbeit beim VfL zu professionalisieren“, berichtet Daniel Nister, Sportlicher Leiter Nachwuchs. „Mit ihm haben wir außerdem jemanden gewinnen können, der sich bestens im Frauen- und Mädchenfußball auskennt.“ Nach dem Erhalt des Zertifikats „Eliteschule des Fußballs“ in der laufenden Saison, den bereits seit Jahren bestehenden Wohngemeinschaften für die Juniorinnen sowie den optimierten Trainingsbedingungen ist die Zusage von Sascha Glass ein weiterer Schritt, um die Förderung des weiblichen Nachwuchses in Wolfsburg voranzubringen.
Das Füllhorn der Commerzbank ist gekoppelt an Titel
Der 41-jährige Glass, der als Interimstrainer auch die erste Mannschaft des 1. FFC für fünf Spiele betreut hat, wird Florian Kula als B-Juniorinnen-Trainer ablösen. Kula hatte einen bis zum 30. Juni befristeten Vertrag erhalten. Wir denken, dass die Verpflichtung des Frankfurters Sascha Glass einmal mehr die Ernsthaftigkeit von Wolfsburg unterstreicht, die Nachwuchsarbeit zu fördern und zu professionalisieren. Es ist ein erneuter Hinweis, wie stark der 1. FFC Frankfurt seit einigen Monaten sparen muss, denn in Frankfurt hätte man gerne gesehen, dass Glass bliebe. Gewiss sind gestandene Trainer/innen im Frauenfußball mit gleichzeitiger Nachwuchserfahrung noch ziemlich rar in Deutschland, aber das Füllhorn der Commerzbank ist bekanntlich gekoppelt an Titel.
Mangelnde Durchlässigkeit zwischen "System Vereinstrainer" mit "System Bundestrainer"
Die andere Seite der Medaille ist, dass die Top-Positionen beim DFB Frauen-Trainerteam fast ausschließlich von Frauen besetzt sind, die außer Ute Ballweg vorher alle als Nationalspielerinnen in DFB-Auswahlen gespielt haben. Kompetenten fähigen Männern wie Sascha Glass bleibt der Karriereweg als Bundestrainer der DFB Mädchen- und Juniorinnenteams verschlossen, da er wohl über keine Lobby beim DFB verfügt. Die nationale Ebene ist eine geschlossene Büchse. Für die Weiterentwicklung der Vereinsstrukturen in einer "Allianz Frauenbundesliga" bedarf es aber einer systemischen Durchlässigkeit von Vereinstrainer/innen mit Bundestrainer/innen, so wie es in anderen europäischen Ländern üblich ist.
Keine Genderfrage, eher eine Lobbyfrage
Die vorhandenen Trainerstrukturen zeigen und bedürfen mit Sicherheit keiner Genderfragestellung, sondern sind banal gesehen eher eine reine Lobbyfrage. Hier sollte die DFB Vize-Präsidentin Hannelore Ratzeburg einmal intensiver hinschauen. Der Wechsel von Vereinsebene zur Bundesebene und vor allem auch umgekehrt sollte in Zukunft machbar werden. Es ist bemerkenswert, dass Sascha Glass gerade bei jenem Verein gekündigt hat, dem nachgesagt wird, einen intensiven personellen Schulterschluss zum DFB zu pflegen. DFB-Personalpolitik gehört ebenso auf die Agenda wie schwache Zuschauerzahlen bei Vereinen ohne Fanarbeit oder zielgerichter Einsatz zukünftiger "Allianz Frauenbundesliga" Zuwendungen in die Alltagsstrukturen der Vereine. Ehrenamtliche Mitarbeiter auf Dauer reichen nicht aus, um einen Ligastandard zu halten. Der Abschied von Glass in Frankfurt stand schon seit einem Vierteljahr fest. Sascha Glass suchte laut damaliger FFC-Pressemeldung eine neue Herausforderung.
Erfolge über Erfolge in der Jugendarbeit
Gründe des Wegganges könnten nach Auffassung von Beobachtern die mangelnde Durchlässigkeit des Nachwuchses sein. Glass war in Frankfurt als Jugendkoordinator und Jugendtrainer nicht gerade erfolglos. Mit der U-17 wurde bei den Juniorinnen Meister der Bundesliga Süd. Auch sein derzeitiges FFC-Team spielt in der 2. Bundesliga eine sehr gute Rolle und steht aktuell nach siebzehn Pflichtspielen auf Platz 4. Als Interim für die erste FFC-Bundesliga Mannschaft hatte Glass in der vorigen Saison in fünf Einsätzen vier Siege u.a. gegen Wolfsburg und Potsdam geholt. Glass erreichte letzte Saison mit der von ihm trainierten U-17 des FFC das Halbfinale der deutschen B-Juniorinnen-Meisterschaft.
Attraktiver Offensivfußball
Noch wichtiger: viele dieser begeisterungsfähigen Mädchen spielen inzwischen in der 2. Frauen-Mannschaft des 1. FFC Frankfurt, zwei gehören sogar schon zum Kader der 1. Mannschaft, einige weitere stehen auf dem Sprung dorthin. In seiner kurzen Zeit als Interimstrainer in der Frauen-Bundesliga hatte er einiges bewirkt. Er hatte eine zu diesem Zeitpunkt völlig verunsicherte Mannschaft wieder in die Spur gebracht. Unter der Führung von Glass spielte die 1. Mannschaft attraktiven Offensivfußball und besann sich auf ihre spielerische Qualität. Mit seiner Verpflichtung zum VfL Wolfsburg erhält das Trainerteam um die Sportlichen Leiter Ralf Kellermann im Frauenbereich und Daniel Nister im Jugendbereich ein "Goldstück".
Frei jeglicher Mogelei und Übertreibung
Warum der 1. FFC Frankfurt sein "Goldstück" ziehen liess, liegt vielleicht gar nicht am Salär, sondern eher an der mangelnden Durchlässigkeit junger Frankfurter Nachwuchsspielerinnen im System DFB/Dietrich/FFC. Vielleicht war die damalige Presseerklärung des 1. FFC Frankfurt frei jeglicher Mogelei und entsprach ohne Übertreibung einmal der Wahrheit. Abzuwarten bleibt, ob dem neuen VfL-Jugendtrainer ebenso talentierte Spielerinnen aus Frankfurt folgen werden. Der strukturelle Zweikampf zwischen VfL Wolfsburg und dem 1. FFC Frankfurt wird Vereine wie Turbine Potsdam und FC Bayern München zum Nachdenken zwingen. Die zukünftige "Allianz Frauenbundesliga" wird mit Sicherheit für die Zuschauer attraktiver und spannender werden. Leute wie Sascha Glass werden dafür sorgen.
Quellen: VfL Wolfsburg, 1. FFC Frankfurt, DFB, UEFA, Wikipedia