Fetischdienst als „Gegenstandpunkt“ – Zur Kritik der Ökonomie der politischen Herrschaft

Geld, genauer: 500-Euro-Scheine ohne Ende. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Dem Staat soll es mit dem Geld ergehen wie Goethes Zauberlehrling mit dem Besen: Er verzaubert Papierzettel in Geld, das sich schnell als vertracktes Ding mit vielen mysteriösen Sonderbarkeiten erweist.

Dem Staatshaushalt fällt hierbei eine doppelte Rolle zu: Einerseits ordnet sich der Staat durch seine Einnahmen und Ausgaben seinem eigenen Geschöpft, dem „Regime des Geldes“ unter, andererseits dient ihm der Staatshaushalt zur Durchsetzung der im Geld angeblich enthaltenen ökonomischen Sachzwänge.

Anders als der Zauberlehrling, der den verselbständigten Besen mit einer Axt erschlagen will, wird der Staat selbst zum willigen Vollstrecker des Geldes, das er installiert hat.

Dies ist in aller Kürze die sonderbare Geschichte von der Ökonomie der politischen Herrschaft. Den Ausgangspunkt bildet die Welt der „Edelmetall-Währung“. Ihr entnimmt der Staat die Zauberformel.

Die Magie dazu liefert der Geldfetisch, der um einige esoterische Hirngespinste und vulgärökonomische Einfälle angereichert wird.

Die Geschichtenschreiber haben noch eine Tarnkappe zur Hand, unter der sie ihren Fetischdienst vor ihrer treuen Gefolgschaft und mancher kritischer Leserschaft zu verbergen hoffen. Die Tarnkappe besteht aus Assoziationen mit Marxscher Begrifflichkeit und einer verdrehten Darstellungsweise, wodurch die oberflächlichsten Gedanken verkompliziert werden und dadurch den Schein einer tieferen Bedeutung erhalten.

Dabei wird in gewisser Weise ähnlich verfahren, wie es auch die modernen Vulgärökonomen tun, die ihre seichte Wichtigtuerei und die inhaltlichen Belanglosigkeiten nur hinter einer anderen Tarnkappe, nämlich hinter kompliziert wirkenden mathematischen Formeln und Modellen zu verbergen pflegen. Zumindest die treue Gefolgschaft wird ahnen, von welchen perfiden Schreiberlingen hier die Rede ist: Sie schreiben für die Münchner Zeitschrift „Gegenstandpunkt“, die mit ihrer viermaligen Erscheinungsweise pro Jahr, durch Herausgabe etlicher Flugblätter und durch die Organisation von zahlreichen Veranstaltungen ihrem Publikum die Zeit zum kritischen Nachdenken über die bürgerliche Welt stehlen. Nachfolgend soll der grundlegende Aufsatz im Gegenstandpunkt Heft 4-97 (zitiert als GS 4-97) „Der Staatshaushalt. Von der Ökonomie der politischen Herrschaft“ und die in Heft 1-98 gemachte „Notwendige Klarstellung zum Geld des Staates“ einer Kritik unterzogen werden.

I. Zur Magie der Geldherrschaft

Das Geld, das der Staat gezaubert hat, scheint in seiner schlichten papierenen Gestalt mehr Macht zu verkörpern, als sie jemals ein König besessen hat. Das Geld soll es doch tatsächlich fertig bringen, nicht nur ein ganzes “Regime“ errichten zu lassen, sondern dazu noch den materiellen Zusammenhang seiner Bürger zu stiften. Selbstherrlich lässt es durch die Feder seiner hörigen Schreiberlinge verkünden: Die Gesellschaft, das reale Gemeinwesen – das bin ich.

„Reales Gemeinwesen Geld“

„Kein Plan und kein Kommando stiftet in der Marktwirtschaft den materiellen Zusammenhang zwischen den Bürgern, sondern das von der Politik ebenso getrennte, wie von ihr ermächtigte ‘reale Gemeinwesen‘ Geld.“ (GS 4-97, S. 192)

Herangezogen wird eine Bemerkung von Marx aus den Grundrissen. Das Zitat, hier um des besseren Verständnisses halber um einen Vorspann erweitert, lautet:

„Die elementare Voraussetzung der bürgerlichen Gesellschaft ist, dass die Arbeit (!) unmittelbar den Tauschwert produziert, also Geld (!); und dass dann ebenso Geld unmittelbar die Arbeit kauft, den Arbeiter daher nur, sofern er selbst seine Tätigkeit im Austausch veräußert. Lohnarbeit nach der ersten Seite, Kapital nach der zweiten sind also nur andere Formen des entwickelten Tauschwerts und des Geldes als seiner Inkarnation (!). Das Geld ist damit (!) unmittelbar zugleich das reale Gemeinwesen, insofern (!) es die allgemeine Substanz des Bestehens für alle ist, und zugleich das gemeinschaftliche Produkt (!) aller.“ (Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Dietz Verlag Berlin 1974, S. 192.)

Hier stiftet nicht das Geld einen „materiellen Zusammenhang“, vielmehr umgekehrt: Im Geld verkörpert sich, wie ausdrücklich steht, der entwickelte Tauschwert, der seinerseits durch die Arbeit produziert wird. Der mit den Waren gegebene gesellschaftliche Zusammenhang ist bei der Bestimmung des Geldes, wie man auch an der begrifflichen Entwicklung etwa im Marxschen Kapital ohne Schwierigkeiten nachvollziehen kann, unterstellt.
Der gesellschaftliche Witz der Ware besteht ja gerade darin, dass die Arbeit ihren gesellschaftlichen Charakter erst im Nachhinein, innerhalb des Austausches erhält, nachdem sie verausgabt und mit ihrem Gegenstand zum Warenkörper verbunden worden ist. Da die Arbeit erst nach dieser Vergegenständlichung ihre gesellschaftliche Form bekommt, kann sie auch nur auf gegenständliche Weise, wie dem Geld, ausgedrückt werden.

Opfer des Geldfetischs

Geld ist also die als ein Gegenstand dargestellte allgemeine gesellschaftliche Form der Arbeit, und in diesem Sinne die allgemeine gesellschaftliche Form der bürgerlichen Produktionsweise. Als die unmittelbare gesellschaftliche Inkarnation aller menschlichen Arbeit, ist das Geld unmittelbar zugleich das „reale Gemeinwesen“.
Dieses Geheimnis des Wertverhältnisses der Warenwelt, einem Ding die spezifische Form aufzudrücken und es damit zum Geld zu machen, so als würde diese Geldeigenschaft einen Teil seiner eigenen Natur bilden, haben die GS-Autoren überhaupt nicht verstanden.
Der im Geld als Ding dargestellte gesellschaftliche Zusammenhang Warenproduzierender Arbeit wird als okkulte Eigenschaft des Dings selbst aufgefasst. Darin besteht der Geldfetisch, dem die GS-Autoren prompt aufsitzen, und dem sie ihrem Staatsgeld andienen.
Was dann noch als gesellschaftlicher Zusammenhang thematisiert werden kann, liegt außerhalb der Waren produzierenden Arbeit.

Zum „Antagonismus der Zirkulationssphäre“

“Über das Geld, nur darüber hängen die Privatsubjekte voneinander ab – und zwar in einer antagonistischen (?) Weise: Jeder (!) ist bestrebt, sich des Geldes (Warum nicht auch der Waren?) zu bemächtigen (!), das der andere hat; das Angebot, das einer dem anderen zu diesem Zweck machen muss, benutzt dessen Bedürfnis als die Schwäche (?), die es auszunutzen gilt…Ihre gegeneinander gerichteten Anstrengungen, sich Geld anzueignen…“ (GS 4-97, S. 192)

Dass bei der Begegnung auch Warenbesitzer erforderlich und die Geldbesitzer ebenfalls von den Warenbesitzern abhängig sind, die den Gegenstand ihres Begehrens mit sich herumführen, passt nicht zur Selbstherrlichkeit des Geldes. Der eine besitzt die Ware, deren Nutzen für ihn nur im Tauschwert besteht, den er versilbert haben möchte; der Käufer hat das Geld und benötigt den Gebrauchswert der Ware. Beide brauchen sich für ihre Privatzwecke.
Dass jeder bestrebt ist, sich des Geldes des anderen zu bemächtigen, hat Gültigkeit nur für die Warenbesitzer, die die Geldbesitzer mit ihrer Ware ködern. Umgekehrt ködert der Geldbesitzer die Ware, indem er ihren Tauschwert in Händen hält.
Der einfache Zirkulationsakt wird sprachlich durch das Wort „bemächtigt“ zum Gewaltakt mystifiziert. Dass der Warenbesitzer die Bedürftigkeit des anderen nutzt, wird zum Gewaltverhältnis dahingehend verdreht, als würde er die Schwäche des Geldbesitzers ausnutzen. Man stellt sich hier auf den Standpunkt des schwach gewordenen Schatzbildners, der verliebt im Geld seine persönlichen Bedürfnisse zurückstellen wollte, und nun für den Warenkörper eine Leidenschaft entwickelt.
Für eine Einschätzung des Zirkulationsakts sei hier nur angemerkt, dass in der Waren- und Geldzirkulation Äquivalente getauscht werden, die Werte also eine Formverwandlung durchlaufen, ohne dass der eine gegenüber dem anderen einen besonderen Schnitt macht. Da die Produktion und mit ihr die Wertschöpfung ausgeblendet wird, lässt sich von dem oberflächlichen Standpunkt der Zirkulationssphäre aus dieser Äquivalententausch natürlich nicht mehr beurteilen.
Indem die Autoren die Sphäre der Zirkulation ganz in den Vordergrund rücken, blenden sie den Antagonismus aus, der in der Gerberei der Lohnarbeiter jenseits des Tausches existiert. Dies war schon immer ein wichtiges Anliegen der Vulgärökonomen, die ihr gläubiges Publikum in apologetischer Absicht ganz auf die saftigen Wiesen der Zirkulation locken, um sie von der Betrachtung des Ausbeutungsprozesses abzulenken.
Die Sphäre der Zirkulation hat so wenig mit Antagonismus zu tun, dass Marx sie als ein „wahres Eden der angeborenen Menschenrechte“ bezeichnen konnte.

II. Das Verdienen: Geheimnisvolle Liaison von Geld- und Kapitalfetisch

Neben seinen mysteriösen Geldeigenschaften scheint das Geld zusätzlich noch die Fähigkeit zu besitzen, sich selbst als Inhalt und Zweck des gesamten gesellschaftlichen Lebens zu setzen.

Geld = Kapital !

“Der Konkurrenzkampf um Geld (!), um immer mehr Eigentum(?)… ist die gültige Verlaufsform und der eigentliche Inhalt und Zweck des gesellschaftlichen Produzierens (!) und Konsumierens (?)…Es hat eben seinen Preis, das Geld zum ‘realen Gemeinwesen‘ zu machen. Dafür dreht sich dann aber auch alles (!) ums Geld; der gesamte gesellschaftliche Lebensprozeß (!) dient dem Erwerb von Eigentum (!) und seiner Mehrung.“ (GS 4-97, S. 202f)

Was sind „Inhalt und Zweck“? Nur das Geld, das natürlich Privateigentum eines jeden werden kann, oder gehört dazu auch das gewöhnliche Eigentum, etwa an Konsumgütern. Vom Lohnarbeiter wissen wir, dass er seine Ware, die Arbeitskraft, verkauft, um mit dem Geld eine Ware nach seinem Geschmack aus der Zirkulation heraus zu fischen.
Hier bilden aber ganz offensichtlich weder Geld noch Mehrung des Eigentums den Zweck; das Konsumieren bedeutet genau das Gegenteil: Es besteht in der Vernichtung des Warenkörpers; der Konsument gebraucht das durch Weggabe des Geldes angeeignete Konsumtionsmittel als Gegenstand des Genießens. Und daraus wird die Absurdität gemeißelt, als würde das bloße Konsumieren im Dienst des Geldes oder der Eigentumsmehrung stehen.
Geld bzw. dessen Mehrung bildet den Zweck nur dann, wenn dem Geld eine neue gesellschaftliche Bestimmung zuteil wird: Von der durch die einfache Warenzirkulation bestimmten Geldzirkulation unterscheidet sich wesentlich die Zirkulation des Geldes als Kapital, deren Zweck im Tauschwert selbst, in der maßlosen Vermehrung des als Kapital vorgeschossenen Geldes liegt.
Da entwickelt Marx über Seiten hinweg mit größter Akribie und begrifflicher Schärfe den Unterschied zwischen der einfachen Warenzirkulation und der Zirkulation des Geldes als Kapital, weist die unterschiedlichen Bestimmungen nach, die das Geld in beiden Zirkulationsweisen besitzt, mit dem Resultat, dass die Ergebnisse ignoriert und die wohl unterschiedenen Bestimmungen in allgemeine Floskeln aufgelöst werden.
Was heiß denn, dass sich „alles ums Geld dreht“, oder dass der „gesamte gesellschaftliche Lebensprozess dem Erwerb von Eigentum und seiner Mehrung dient.“ In diesem begriffslosen Brei sind die Kapitalbestimmungen des Geldes nicht mehr zu unterscheiden von den Geldbestimmungen der einfachen Warenzirkulation, wobei dann in der zweiten Bemerkung noch unklar wird, ob Eigentum in der Geld- oder in der gewöhnlichen Warengestalt gemeint ist, oder ob ganz allgemein über Eigentumserwerb gerätselt wird.

Marxsche Theorie als Legitimationsinstanz

Selbst der Volkswirtschaftsstudent lernt schon im ersten Semester im Fach Mikroökonomik einen Unterschied zu machen zwischen dem Zweck, den der “private Haushalt“ verfolgt, und jenem der Unternehmen. Er hat etwas von der “Nutzenmaximierung“ als Zweck im Gegensatz zur “Gewinnmaximierung“ der Unternehmen gehört, natürlich immer nur in einer Klasse unspezifischen, nebulösen und oberflächlichen Weise.
Aber kein Vulgärökonom käme auf den absurden Einfall, in der Konsumtion des Haushalts eine “Konkurrenz um Geld“ oder “um immer mehr Eigentum“ oder irgendeinen anderen Geldzweck zu sehen.
Warum wird nicht an den klaren Marxschen Unterscheidungen angeknüpft? Wozu dieser Nebel, all die Verdrehungen? Warum fällt man auf den Geldfetisch herein, schlimmer noch, als es der akademischen Vulgärökonomie passiert? Sollte dahinter bloße Unkenntnis stecken oder vielleicht noch etwas anderes?
Ist man mit der Marxschen Analyse unzufrieden, dann muss die Kritik auf den Tisch! Dies geschieht gerade nicht. Vielmehr assoziiert man trotz all der Verdrehungen und Mystifikationen eine Übereinstimmung mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie.
Eine uneigennützige, unbefangene Forschung über das Geld hätte nicht nötig, sich mit fremden Federn zu schmücken, und ihr läge auch völlig fern, diese als Täuschungsmittel einzusetzen. Wollte man sich etwa in die Galerie jener Vulgärökonomen begeben, die die Kritik der politischen Ökonomie entsetzlich verkrüppelt haben, um sie dann in vulgarisierter, verbürgerlichter Form zur Blendung eines kritischen Publikums einzusetzen?
Durch die Vermischung des Geldes mit den Bestimmungen des Kapitals fließt nun auch noch der Kapitalfetisch in die Magie des Geldes hinein.

Verdienen – Eine Verschleierung des Klassengegensatzes

In dem verwendeten Ausdruck “Verdienen“ wird diese Komposition aus Geld- und Kapitaleigenschaft platt formuliert. Verdienen tut schließlich jeder: der Arbeiter, der seine Arbeitskraft gegen Lohn verkauft und in dessen Händen das Geld niemals Kapitalfunktionen verrichtet, der Unternehmer, der immer wieder verdientes Geld als Kapital vorschießt, um es zu vermehren, oder die Geldkapitalisten, die ihr Eigentum gegen Zins zur Verfügung stellen, um dann einen Teil des “Verdienstes“ als zusätzliches Kapital zu verwerten.
Durch die Vermischung der Einkommensarten und der unterschiedlichen Zirkulationsweisen des Geldes sind Profit und Zins im Nebel eines allgemeinen Gelderwerbs verschwunden, unkenntlich verquickt gerade mit der Einkommensform, deren Quelle zugleich auch die beiden übrigen Verdienstmöglichkeiten speist.
Besser lässt sich nun wirklich nicht der Gegensatz von Lohnarbeit und Kapital wegschwätzen als durch solchen Begriffssalat, der im Wörtchen “Verdienen“ enthalten ist. Diese Formel entspricht zugleich dem Interesse der herrschenden Klasse, indem sie die Gleichheit der Einkommensquellen proklamiert und damit die sozialen Verhältnisse apologetisiert.

III. Vorläufer des Staatsgelds

Der schillernde, klassenunspezifische “Verdienst“ wird zur zentralen Bestimmung des Geldes gemacht. Mit Blick auf die Geschichte soll ein wichtiger Unterschied bestehen zwischen dem Geld, “das im modernen Kapitalismus der Staat selbst schöpft“, und seinem historischen Vorläufer, der “Edelmetall-Währung“.

Der „verdiente Geldreichtum“

Die Autoren stellen sich den Vorläufer des modernen Geldes als ungeheure Goldansammlung vor, worin aller Verdienst aufgestapelt gewesen sei.
Was hat aber der Geldvorrat mit dem “Verdienen“ zu tun? Geld wird zum Schatz, sobald der Kreislauf des Geldes unterbrochen, der Verkauf nicht durch nachfolgenden Kauf ergänzt wird. Das Geld, das sich als Schatz niederschlägt, kann zufällig eine Geldform der Revenue und damit ein “Verdienst“ gewesen sein, etwa Geldeinkommen der Lohnarbeiter, der Kapitalisten etc., die das Geld nicht sofort für den Kauf von Waren verausgaben. Aber diese Einkommensbestimmung des Geldes verschwindet, sobald es die Schatzfunktion ausübt.
Dasselbe Geldstück hat dann eine neue Bestimmung erhalten. Und in dieser neuen Funktion treten Geldstücke hinzu, die zuvor völlig andere Funktionen ausgeübt haben mögen. Vielleicht dienten sie als Geldformen des Kapitals, die vorübergehend in der Hand ihres Besitzers überflüssig werden und sich als brachliegender Schatz niederschlagen. Im Umschlag des fixen Kapitals ist diese Brachlegung ein sich ständig wiederholender Prozess.
Hier sitzen die Autoren wieder dem Geldfetisch auf: Die funktionelle Bestimmung, Geldform der Revenue zu sein, wird fälschlicherweise zur Eigenschaft des Geldstücks selbst erklärt und dazu mit einer anderen funktionellen Bestimmung, nämlich der Schatzfunktion, verquickt. Gesellschaftliche Eigenschaften werden so zu einer inhärenten Eigenschaft des Geldstücks gemacht.

Der mit der Banknote in die Welt gesetzte „Anspruch auf Verdienst“

Der begriffliche Unfug, der mit dem Wörtchen “Verdienst“ getrieben wird, bleibt leider nicht zusammen mit dem Schatz in den Tresoren der Banken verschlossen, sondern wandert wie ein böser Geist in die Banknoten hinein.
Unter den Bedingungen der “Edelmetall-Währung“ werden zwei Fälle unterschieden: Soweit die Banken ihre Noten als bloße Stellvertreter des bei ihr aufgeschatzten Verdienstes emittierten, soll die Banknote noch ohne den Geist des Verdienens ausgekommen sein. Zufrieden gestellt durch die bereits vorhandene Geld-Ware verweilt der Geist satt und friedlich im glänzenden Goldkörper.
Anders im zweiten Fall: “Sobald die Banknoten nicht mehr bloß den wirklichen Schatz der Bank im Verhältnis 1:1 repräsentierten (!), sondern ihren eigentlichen Dienst als Kreditmittel (?) tun und das Geld als existent und verfügbar vorstellig machen, das die damit kreditierte (!) Geschäftswelt erst verdienen muss (!) und zur Schuldenbedienung abzuliefern hat, muss der Gang der Bankgeschäfte dann auch dafür sorgen, dass an der Geldqualität ihres Kreditmittels keine Zweifel aufkommen.“ (GS 4-1997, S. 194) „Es ist kein anderer Anspruch als der, der jedem (!) Kreditmittel eigen ist: dass das damit finanzierte Geschäft sich lohnt“(ed. S. 198)
Aufgeschreckt durch das fehlende verdiente Gold schlüpft der Geist des Gelderwerbs in die Banknote hinein, verwandelt sie in Kreditmittel, die von der damit kreditierten Geschäftswelt eine lohnende Verwendung einfordern.
Hier wird so getan, als könnte nur die nicht gedeckte Banknote (Kreditmittel), nicht aber die gedeckte Banknote selbst einen Kredit vermitteln, was falsch ist. Der Kredit besteht in einer zeitweiligen Fortgabe von Geld. In welcher Form der Bankier den Kredit gibt, ob in eigenen oder fremden Banknoten oder gar in Goldgeld und ob die Banknoten durch entsprechendes Gold gedeckt sind, hat mit dem Kredit selbst nichts zu schaffen.
Das Repräsentationsverhältnis von Banknoten und Goldschatz sagt wenig aus über die Werthaftigkeit der Banknoten: Die Bank, wie sie in der Vorstellungswelt der Autoren existiert haben soll, verliert ihr Vertrauen sofort, wenn trotz voller Golddeckung größere Kreditengagements platzen. Auch die vom Kunden deponierte Geld-Ware ist furchtsam und schnell wie ein Reh. Banknoten, von denen die Autoren glaubten, dass sie bloße Stellvertreter seien, können im Handumdrehen ohne Golddeckung nackt dastehen.

Legende über das Ausmaß des Goldschatzes

Absurd ist die Vorstellung, die früheren Banken hätten annähernd so viel Gold in den Tresoren gehabt, wie “Papiergeld“ zirkulierte. Wertzeichen und Kreditgeld bilden doch gerade ein Mittel zur Ökonomisierung der Geld-Ware.
Statt eine wirkliche Analyse des Geldes, seiner Bestimmungen, seiner Funktionen und der daraus entstehenden Formen vorzunehmen, werden Mythen über ungeheure Edelmetallberge erzählt.
Dabei stehen gerade für eine wissenschaftliche Analyse des Geldes ausgezeichnete Werke zur Verfügung, zu denen die Marxsche Kritik der Politischen Ökonomie gehört. Dort hätten unsere Mythenschreiber eine Menge darüber erfahren, wie die Geldware in bestimmten Funktionen nur ideell vorhanden sein muss, wie sie notwendig durch Wertzeichen ersetzt wird, wie aus der Warenzirkulation das Kreditgeld entsteht, das dann seinerseits Geldfunktionen erfüllt. Sie könnten dort auch manches über das damalige Bank- und Geldwesen erfahren, hätten Gelegenheit zur Kenntnis zu nehmen, dass die von ihnen als neu ausgegebene Nichteinlösungspflicht der Banknoten in Gold bereits eine Erfahrungstatsache war, über die schon auf unvergleichlich höherem Niveau gestritten worden ist.
Als Folge der vielfältigen Ökonomisierung der Geld-Ware wird man in den damaligen Bilanzen der Banken nicht die Goldberge aufgelistet sehen, wie von den Autoren unterstellt, dafür aber – ähnlich wie heute – um so mehr fiktives Kapital, das für den Bankier den Vorteil der Zins- bzw. Dividendenzahlung besitzt und allerlei Spekulationsmöglichkeiten eröffnet.

Verschmelzung von Kredit und Kreditmittel: „Unterwerfung des gesamten Lebensprozesses unter die Bedingungen des Gelderwerbs“

Neben dem mysteriösen Anspruch auf Verdienst, der im Kreditmittel stecken soll, wird ein weiterer folgenschwerer Schnitzer gemacht. Das Kreditmittel wird mit einer nicht durch Gold gedeckten, als Kredit fort gegebenen Banknote identifiziert: Das Kreditmittel bildet zugleich Kredit!
Wieder wird man Opfer des Geld- und Kapitalfetischs. Wie bereits beim “Verdienen“ verwächst der Geldkörper, hier in Form der nicht gedeckten Banknote, mit einer Bestimmung des Kapitals, diesmal in der Form des Leihkapitals.
Eine zeitweilige Weggabe von Geld, wodurch der (Geld)Kredit gekennzeichnet ist, stellt doch in Wirklichkeit etwas völlig anderes dar als die Geldform selbst, worin die Weggabe erfolgt.
Die Bank kann dem Schuldner z. B. ein Sichtguthaben einräumen, worüber er verfügt, ohne dass Banknoten hierbei ein Mittel des Kredits geworden sind. Oder aber dieselbe Banknote kann mehrere Kredite vermitteln, indem sie etwa vom Verkäufer einer Ware zur Bank gebracht wird, diese einen Vorschuss an einen Kunden tätigt, dieser damit Waren kauft und der entsprechende Verkäufer die Noten wieder zur Bank bringt und so fort.
Auch kann eine durch entsprechenden Goldvorrat „gedeckte“ Banknote ebenso einen Kredit vermitteln wie eine ungedeckte Banknote, die als das ausschließliche Kreditmittel ausgewiesen wird.
Durch die Verquickung von Anspruch auf Verdienst, Banknote und Kredit erhält der Emittent die geheimnisvolle Macht, durch seine Notenemission alle Geschäftstätigkeit zu steuern. Im “modernen Kapitalismus“ wird dann diese wundersame Waffe in die Hand der staatlichen Zentralbank gelegt:

“Indem er aus eigener Machtvollkommenheit die gültigen Finanzmittel schöpft und diese unter Auflagen und gegen Zins an die Geschäftsbanken der Nation verleiht, betätigt sich der Staat als allererster Finanzausstatter und somit Urheber aller kapitalistischen Geschäftstätigkeit in seinem Land und nimmt diese insgesamt in eine einzige große Geldvermehrungs- und Zinszahlungsmaschinerie in Anspruch.“ (GS 1-98, S. 221)

IV. Das moderne Staatsgeld: Das Banknotenmonopol und seine Leistung

In der vom Goldschatz emanzipierten, als Kreditmittel fortgegebenen Banknote sehen die Autoren den Anknüpfungspunkt für die zusätzliche “Leistung der staatlichen Zentralbank“. Diese soll erstens in der Monopolisierung der Banknoten existieren, d.h. umgekehrt im Verbot der Geschäftsbanken, eigene Banknoten zu emittieren, und zweitens soll die Zentralbank in ihrer Geldschöpfung überhaupt nicht mehr auf einen verdienten Goldschatz angewiesen sein.

Das Banknotenmonopol

Das staatlich verliehene Emissionsprivileg für Banknoten bedeutet natürlich nicht, wie die Autoren sich einbilden, dass der Staat damit die gesamte “Geldversorgung bei seiner Notenbank zentralisiert und monopolisiert“.
Andere Geldformen, die naturwüchsig aus der Warenzirkulation oder dem Geldhandel herauswachsen und Geldfunktionen erledigen, wie etwa der Wechsel, werden hartnäckig geleugnet.
Warum diese Ignoranz? Dahinter steht das Dogma vom Staat, der voraussetzungslos alle gesellschaftlichen Verhältnisse herrichtet: Er “verordnet seiner Gesellschaft die Herrschaft des Geldes“, er sorgt dafür, “dass seine Zentralbank mit ihren fälschungssicheren Noten einen Imperativ zum Durchbruch verhilft, der ein ganzes Produktionsverhältnis etabliert“, er “verschafft dem Kapital die im Geld vergegenständlichte Kommandogewalt über Arbeit und Konsum“, er greift in den “privaten Lebensunterhalt seiner Lohnarbeitenden Untertanen ein“, sorgt sich dabei um eine ausreichende Reproduktion, er “schafft die gesellschaftliche Klasse der Grundrentner“ etc.
Diesem Dogma vom Staat müssen alle übrigen Geldformen, die jenseits der Zentralbanknoten real existieren, geopfert werden, damit der vorgesehene Staats-Absolutismus nicht ökonomisch untergraben wird.
Das Handelsgeld beispielsweise, wie etwa der Wechsel, bildet nicht nur eine eigenständige Geldform, die bis zu ihrem Verfalls- und Zahlungstag als Zahlungsmittel zirkuliert und bei Ausgleichung von Forderungen und Verbindlichkeiten absolut als Geld fungiert, der Wechsel bildet durch die Diskontierung bzw. Rediskontierung auch eine Grundlage für die Zirkulation von Staatsgeld, das dann bei Fälligkeit der Wechsel zum Ausgangspunkt zurückkehrt.
Entgegen der Vorstellung vom Staat als Schöpfer des Geldes kann der Staat diese Masse des Kreditgeldes weder schaffen noch steuern. Er kann lediglich dem privat garantierten Kreditgeld eine allgemeine gesellschaftliche Gültigkeit verleihen. Aber selbst dazu ist die Initiative der “Untertanen“ erforderlich, die den Wechsel zuvor zum Diskont bzw. Rediskont fortgegeben haben müssen. Erst dann kann das Staatsgeld in die allgemeine Zirkulation treten.

Goldschatz ade!

Die zweite Leistung der Zentralbanken soll in der vollständigen Emanzipation der Notenausgabe vom Gold bestehen.

„Denn die staatliche Zentralbank ihrerseits ist bei der Notenemission überhaupt nicht auf einen angesammelten und bei ihr hinterlegten gesellschaftlichen Schatz, auf verdientes, beiseite gelegtes und bankmäßig verwahrtes Geld angewiesen.““ (GS 4-1997, S. 195) “Indem sie es ‘nachahmt‘ und monopolisiert, vollendet (!) die staatliche Notenbank den Kunstgriff des Kreditgewerbes, statt Geld Schuldpapiere als Zahlungsmittel zirkulieren zu lassen, und stellt es zugleich auf den Kopf (!): Sie stiftet selber das Geld, das es in der Gesellschaft überhaupt bloß zu verdienen (!) gibt.“ (GS 4-1997, S. 196f)

Mit dem Verschwinden jeglicher Golddeckung werden nun sämtliche Banknoten zum Kreditmittel gemacht. Zugleich verallgemeinert sich der im Kreditmittel enthaltene Anspruch auf Verdienst. Wie bereits beim früheren Kreditmittel muss dieser Anspruch durch tatsächlichen Verdienst eingelöst werden. Dahinter steht die bereits kritisierte, unsinnige Vorstellung, das Kreditmittel sei zugleich Kredit, der samt Zinsen durch den tatsächlichen Verdienst zurückgezahlt werden muss.
Der im Zitat angesprochene „Kopfstand des Geldes“ verweist auf den Unterschied zwischen der früheren durch Gold gedeckten Banknote (die deshalb kein Kreditmittel war) und dem modernen, nicht gedeckten Staatsgeld. Damals bildete der Verdienst in Gestalt des verdienten Goldschatzes den Ausgangspunkt der Notenemission. Heute soll es genau umgekehrt sein: Im Kreditmittel, das angeblich im Staatsgeld seine Vollendung findet, wird der Verdienst lediglich antizipiert, der Geschäftswelt als Anspruch mitgeteilt, der dann durch entsprechende “lohnende“ Geschäfte eingelöst werden muss. Der tatsächliche Verdienst bildet den Endpunkt, nicht mehr den Ausgangspunkt.
Da dem “Verdienst“ Klassen fremd sind, Staatsgeld jeder aber irgendwann einmal in Händen hält, geistert auch der entsprechende “Anspruch auf Verdienst“ in allen Volksteilen umher, gleichgültig ob Lohnarbeiter, Sozialhilfeempfänger oder Unternehmer das Geld besitzen.

“Es ist kein anderer Anspruch als der, der jedem (!) Kreditmittel (!) eigen (!) ist: dass das damit finanzierte Geschäft sich lohnt (!), so dass der behauptete Geldwert des Kreditmittels durch den Ertrag seiner Verwendung tatsächlich bestätigt wird.“ (GS 4-97, S. 198)

Das Verwachsensein des Kreditmittels mit dem Anspruch auf Verdienst wird hier klar ausgesprochen. Allerdings wird unter der Hand eine Modifikation eingeführt: Der Verdienst wird in die Nähe eines lohnenden kapitalistischen Geschäfts gerückt und erhält dadurch eine Spezifizierung in Richtung Profit.
Mit dieser überraschenden, überhaupt nicht hergeleiteten Konkretisierung entsteht eine neue Mystifikation: Wurden zuvor Lohn-, Profit-, Zins- und andere Einkommen unter der Rubrik “Verdienst“ miteinander identifiziert, und sowohl ihre unterschiedlichen Quellen als auch die Unterschiede in der Zirkulationsweise des Geldes vernebelt, so werden jetzt durch das Kreditmittel alle Geldbesitzer unterschiedslos in Geschäftsleute verwandelt, die gleichermaßen hinter dem Profit hinterher rennen. Da mögen sich die Lohnarbeiter schon fragen, wie sie mit den paar Mark, die sie mühevoll verdient haben, “Geschäfte finanziert“ bekommen und wer die Profite schafft, wenn sie es nicht mehr sind.
Die Quelle des Profits wird hier nur in anderer Weise umnebelt: Eine solche Apologie gesellschaftlicher Verhältnisse stellt nichts Neues dar. Auch den akademischen Vulgärökonomen kommen schließlich alle möglichen Einfälle, wenn es darum geht, den zentralen Antagonismus der Gesellschaft zu verdecken.

V. Zur Bewährungsprobe des Staatsgeldes

Entsprungen dem verdienten Goldschatz, beseelt der Geist des Gelderwerbs das staatliche Kreditmittel. Derjenige, der es in Händen hält, bekommt den Geist des Kapitals eingehaucht. Er muss verdienen, um dem Anspruch seines Geldes, das er besitzt, zu entsprechen. Diese alberne Geschichte mündet in einer nicht weniger albernen Bewährungsprobe.

Leistungstest

Der Leistungstest scheint zunächst eine banale Angelegenheit zu sein: Da geht es um eine einfache Gegenüberstellung von Anspruch auf Verdienst, der im Geld als staatliche Vorgabe existieren soll, und einem tatsächlichen Verdienst.

„Auch der Wert, der im gesetzlichen Zahlungsmittel bereits existiert, will durch gelingende Geschäfte geschaffen, die staatliche Vorgabe durch wirkliche Geldvermehrung(?) eingelöst sein.“ (GS 4-97, S. 198)

Vom Ausmaß dieser “wirklichen Geldvermehrung“ hängt das Testergebnis ab: Hat die “Geschäftswelt“ die im staatlichen Kreditmittel enthaltene Vorgabe durch eine entsprechend große „wirkliche Geldvermehrung“ eingelöst, dann schließt der Test erfolgreich ab.
Bleibt hingegen die „wirkliche Geldvermehrung“ hinter dem Verdienstanspruch zurück, dann ist der gesetzlich fixierte Wert des Staatsgelds nicht im vollen Umfang mit wirklichem Geld untermauert:

„Der gesetzlich fixierte Wert des Zahlungsmittels selbst wird relativ; das Bargeld unterscheidet sich selbst von seinem Geldwert (?); der Gebrauch, den die konkurrierenden Kapitalisten der Nation davon machen, entscheidet darüber, wie sehr (GS 4-97, S. 198).

Und an anderer Stelle heißt es: „Es (das Staatsgeld) muss sich selber am eigentlichen Geldwert (?) messen lassen und erweist sich darin als bloßer Geldersatz, dass es im Laufe der Zeit eine immer geringere Portion jener privaten Macht (?) enthält, deren Maß und schlagkräftiger Inbegriff es doch daheim wie in aller Welt darstellt.“(GS 4-97, S. 220)

Hier wird nun die Sache schwer durchschaubar gemacht. Wie kann sich Bargeld von seinem „Geldwert“ oder „eigentlichen Geldwert“ unterscheiden, und was ist, wie in einem der vorigen Zitaten angedeutet worden ist, unter “wirklicher Geldvermehrung“ zu verstehen?

Bargeld

Eine Gegenüberstellung von Staatsgeld und „Edelmetall-Währung“ lüftet ein wenig diese esoterischen Vorstellungen.
Das frühere Bargeld, so wird dem Leser versichert, sei die Geldware selbst gewesen und der Souverän habe „Legierung und Gewicht der Geldware durch seine den Münzen aufgeprägten Insignien garantiert.“ (GS 4-97, S. 93)
Die Autoren tun so, als hätte es nie eine mit der Zirkulation des Geldes verbundene natürliche Tendenz gegeben, das Goldsein der Münzen in ein Wertzeichen zu verwandeln.
Stattdessen wird die Scheidung von Nominal- und Realgehalt zu einem merkwürdigen Staatsakt verklärt: Im staatlichen Bargeld soll der Nominalgehalt in Gestalt aufgedruckter Geldeinheiten fortexistieren. Es unterscheidet sich, wie das Zitat sagt, „von seinem eigentlichen Geldwert.“ Über diesen zusätzlichen Geldwert, der aus unerfindlichen Gründen noch erforderlich sein soll, erhält der Leser sehr spärliche und dazu mehrdeutige Angaben.
Erstens wird behauptet,

„dass wirklicher Geldwert nur durch Produkte (!) konstituiert wird, in denen sich kapitalistisch lohnend angewandte Arbeit (!) vergegenständlicht hat.“ (GS 4-97, S. 220)

Wie es dieser bunte Produkthaufen fertig bringen soll, einen einheitlichen Geldwert zu konstituieren, bleibt ein Geheimnis, das nirgends gelüftet wird. Dass in den Produkten Arbeit vergegenständlicht ist, die Produkte in einer Verbindung von Naturstoff und geronnener Arbeit bestehen, gehört zu den selbstverständlichen Voraussetzungen eines jeden Gebrauchswerts, ohne dass daraus Geldwert entstehen kann.
Da der entscheidende Punkt, die spezifische gesellschaftliche Form Warenproduzierender Arbeit unerkannt bleibt, lässt sich das Geheimnis des Geldes und seines Wertes nicht enträtseln.
Zweitens wird der wirkliche Geldwert mit „abstrakten Reichtum“ in Verbindung gebracht (GS 4-97, S. 199, GS 1-98, S. 222, 224), der durch „private Geschäftstätigkeit“, durch den „Unterbau“ produziert wird.
Eine solche Aussage ist ziemlich genau das Gegenteil von der ersten Vorstellung über den wirklichen Geldwert. Was da aus dem Reichtum heraus abstrahiert werden soll und wie es dann zum wirklichen Geldwert kommt, bleibt dem Leser verborgen.
Selbst wenn unterstellt würde, – was der Text allerdings nicht hergibt – mit dem abstrakten Reichtum könnte die Wertsumme der Waren gemeint sein, dann wäre nichts gewonnen: Ein solcher Wert bildet noch keinen „wirklichen Geldwert“ sondern eben nur den Wert der Waren, was etwas völlig anderes ist.
Zum Geldwert kommt man nur über eine Analyse der Äquivalentform, worin Geld eine besondere Stellung gegenüber der Warenwelt einnimmt. Eine solche Analyse wird überhaupt nicht vorgenommen. Stattdessen wird ein Gewaltverhältnis des Geldeigentums gegenüber dem gewöhnlichen Reichtum vorgetäuscht. Durch diese behauptete Kommandogewalt wird die Reichtumsmehrung juristisch in eine wirkliche Geldvermehrung verdreht.

Einige wenige Hinweise sollen genügen, um diesen haarsträubenden Unsinn kenntlich zu machen.

Geldeigentum als “Zugriffsmacht“ oder “Kommandogewalt“

Von allgemeiner Diskreditierung abgesehen, besitzt jedes Staatsgeld innerhalb eines Landes die Eigenschaft der unmittelbaren allgemeinen Austauschbarkeit mit jeder beliebigen Ware. Diese tatsächlich vorhandene Äquivalentform wird völlig entstellt und in eine

„Zugriffsmacht(!) des Eigentums(!!!) auf die Arbeitsleistung anderer“ (GS1-98, S. 219) verdreht oder, wie es an anderer Stelle heißt, in eine „privateigentümliche(!!!) Kommandogewalt(!) über Güter und Dienste anderer, die das nationale Geld seinem Besitzer verleiht.“ (ed., S. 222)

Gleich dem Wareneigentümer besitzt der Geldeigentümer natürlich nur eine absolute Gewalt über seine Sache, nicht aber zugleich über die Sache, die Eigentum eines anderen bildet. Das Eigentumsrecht stellt keine Besonderheit des Geldes dar, vielmehr teilt das Geld gerade diese Eigenschaft mit jeder gewöhnlichen Ware.
Die Schranken, die – wie jedem Eigentum – auch dem Geldeigentum auferlegt sind, werden im Zitat durch die dort behauptete „privateigentümliche Kommandogewalt über Güter und Dienste“ niedergerissen. Umgekehrt muss unter dem Einfluss des Geldeigentums das Eigentum am gewöhnlichen Reichtum verschwinden, der nun ganz vom Geldeigentum beherrscht zu werden scheint.
Eine Grundlage für solch einen haarsträubenden, jeglicher Erfahrung widersprechenden Unsinn liegt in der unglückseligen Verwirrung der Äquivalentform des Geldes mit dem Eigentum. Geld, so wissen wir vom Marxschen Geldbegriff, ist „qualitativ oder seiner Form nach schrankenlos, d.h. allgemeiner Repräsentant des stofflichen Reichtums.“ Aus einer willkürlichen Verknüpfung mit dem Geldeigentum wird dann die schrankenlose Kommandogewalt über den Reichtum gezimmert.
Fassen wir zusammen:
Der ganze Unfug über den „wirklichen“ oder „eigentlichen“ Geldwert besteht in der Verzauberung des gewöhnlichen Reichtums in irgend eine nicht definierte abstrakte Größe, über die eine „privateigentümliche Kommandogewalt“ bestehen soll, quantifiziert durch die dem Bargeld aufgedruckten Geldeinheiten. Das Staatsgeld enthält nun einerseits diese ausgedachten Bestimmungen des Bargelds, bestehend aus einem wirklichen, vom Papierkörper zwar getrennten, durch die Kommandogewalt jedoch zugleich zum Bargeld gehörenden Geldwert, und bestehend aus dem nominellen Wert in Gestalt der „aufgedruckten Geldeinheiten“; andererseits besitzt das Staatsgeld noch die Eigenschaft des Kreditmittels, worin der Kredit samt Anspruch auf „Verdienst“ und das Kreditgeld eingeschlossen sind.

VI. Stabilität des Geldwerts als Erfolgskriterium des Haushalts

In der doppelten Bestimmung des Staatsgeldes als Bargeld und Kreditmittel fasst sich das gesamte Geldmysterium zusammen.
Der Leistungstest bildet den Springpunkt der Ökonomie der politischen Herrschaft: Er entscheidet über die Stabilität des Geldes, über Inflation und Wechselkursentwicklung und bildet das Erfolgskriterium für staatliches Handeln.

Kaufkraft des Geldes

An einer Stelle des Aufsatzes wird Inflation als “Veränderung der Kaufkraft einer Geldeinheit“ (GS 4-97, S. 228) beschrieben; entsprechend sinkt der gesetzlich fixierte Wert des Geldes, wenn sein Besitzer für eine bestimmte Geldsumme weniger Güter als zuvor kaufen kann.
Die Kaufkraft des Geldes unterstellt die fertige Existenz von Preisen, um deren Erklärung man sich ebenso wenig bemüht wie es die akademischen Vulgärökonomen tun. Inflation kann dann nur noch oberflächlich als Änderung solcher ungeklärt bleibender Preise wahrgenommen werden.
Im Verwirrspiel unserer Geldverdreher wird u. a. im Kapitel über die Inflation selbst der oberflächliche Kaufkraftzusammenhang immer wieder durch die bereits kritisierten Hirngespinste umnebelt:

“Es (das Staatsgeld) muss sich selber am eigentlichen Geldwert(!) messen lassen und erweist sich darin als bloßer Geldersatz(!), dass es im Laufe der Zeit eine immer geringere Portion jener privaten Macht enthält, deren Maß und schlagkräftiger Inbegriff(!) es doch daheim wie in aller Welt darstellt.“ (GS 4-97, S. 220)

Die Verdrehungen kommen durch die bereits kritisierte Kommandogewalt herein. Die im Zitat angesprochene “geringere Portion jener privaten Macht“ ist nichts anderes als die sinkende Kaufkraft, deren “Maß“ durch die in einer bestimmten Summe des Staatsgeldes realisierte Reichweite der Kommandogewalt über gesellschaftlichen Reichtum gebildet wird. Kaufkraft als die Kraft des Geldes, mit einer bestimmten Geldsumme eine gewisse Warenmenge zu kaufen, wird in eine direkte Zugriffsmacht verdreht, die schon ohne Kauf, allein durch den “schlagkräftigen Inbegriff“ des Geldeigentums existieren soll.
Das im Zitat angesprochene Maß erhält eine esoterische Bedeutung: Es misst keine Werte, wie im Marxschen Geldbegriff, sondern die Reichweite einer im Geldeigentum vermuteten direkten Kommandogewalt über gesellschaftlichen Reichtum.
Dass sich das Staatsgeld selber am “eigentlichen Geldwert messen lassen“ muss, verweist auf den Leistungstest: Hier geht es um den Vergleich von Reichtumsproduktion, die selbst wieder zur “wirklichen Geldvermehrung“ mystifiziert wird und der Menge Staatsgeld, das als Anspruch darauf figuriert.

Verdeckte Reproduktion vulgärer Inflationsauffassungen

Im Leistungstest steckt eine vulgäre “Inflationstheorie“, die in jedem abgegriffenen Lehrbuch weit weniger kompliziert nachgelesen werden kann: Wächst nämlich die “wirkliche Geldvermehrung“, also eine wie auch immer geartete gesellschaftliche Reichtumsproduktion langsamer als die Emission des Staatsgeldes, dann entsteht Inflation.
Der moderne Vulgärökonom dürfte sich in dieser Vorstellung vollständig bestätigt sehen. Soweit er sich keynesianisch verpflichtet fühlt, wird er von einer “inflatorischen Lücke“ prahlen, oder er wird als Quantitätstheoretiker von einer monetär verursachten Inflation phantasieren, da die Geldmenge schneller zunehme als der Reichtum.
Auch die konkreten Umstände, die zu der wie auch immer gearteten Lücke führen können, hat der akademische Vulgärökonom schon längst formuliert: es ist die Staatsverschuldung.

“Die zunehmende Masse liquider Mittel(!) in der Gesellschaft, die gar nicht durch die …Produktion käuflicher Güter entstanden sind(?) und trotzdem … als definitives kapitalistisches Kauf-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel(!) gelten und fungieren, gestatten es den Verkäufern … ihr Ware insgesamt zu steigenden Preisen zu verkaufen.“ (GS 4-97, S. 220) “Weil der Staat seinen Haushalt durch die Vermehrung seiner Schulden bestreitet, die sich in einer steigenden Anzahl von zirkulierenden Geldeinheiten(!) niederschlagen, relativiert sich deren Brauchbarkeit.“ (ed.,S. 228)

Hier ist die Meinung zur Inflation wenigstens einigermaßen klar formuliert. Als Folge der Staatsverschuldung werden im Vergleich zu den “liquiden Mitteln“ zu wenig käufliche Güter produziert, so dass Inflation entsteht.
Dass liquide Mittel durch “Produktion käuflicher Güter entstehen“ bringt allerdings einen Widerspruch zu den bisherigen Behauptungen, wonach die Produktion erst durch den Anspruch auf Verdienst, der im staatlichen Kreditmittel enthalten sein soll, ins Werk gesetzt wird.
Was die im zweiten Zitat behauptete Gleichzeitigkeit von Geld- und Schuldenvermehrung betrifft, da sollten die Autoren besser noch einmal die Schulbank bei ihren heimlichen Lehrmeistern drücken.
So wissen die Vulgärökonomen über die Tatsache Bescheid, dass eine Finanzierung des Staatsdefizits auch über den “privaten Kapitalmarkt“ erfolgen kann: Das Geld, das der Staat ausgibt, hat er zuvor durch die Ausgabe von Staatsobligationen etc. von seinen Untertanen eingesammelt, so dass sich die behauptete Gleichzeitigkeit als Irrtum erweist.

Kaufkraftparitätentheorie

Die Inflationsauffassung wird zur Deutung der Wechselkursveränderungen herangezogen. Der Test innerhalb eines Landes zwischen zusätzlichem Staatsgeld und wirklicher Geldvermehrung, wodurch die Veränderung der Kaufkraft bestimmt war, wird zur internationalen Bewährungsprobe; Länder mit guten Testergebnissen, die also in ihren Währungen vergleichsweise geringe Kaufkraftverluste hinnehmen müssen, verzeichnen dann steigende Wechselkurse. Der Vulgärökonom wird hier seine Kaufkraftparitätentheorie wieder finden.
Dass der Leistungstest positiv ausfällt, bildet das eigentliche Erfolgskriterium des Staatshaushalts. Durch ausgiebige Betreuung soll der Staat seine Gesellschaft zu dauerhaft wachsender Kapitalvermehrung befähigen. Die “Beförderung des Wachstums“ bildet daher den “Haupt- und Generalzweck des Haushalts“.

VII. Zur Ökonomie der politischen Herrschaft

Das Geld hat sich als geheimnisvolle, mysteriöse Macht erwiesen. Es besitzt durch eine verborgene Qualität eine zauberische Kraft über die gesamte Gesellschaft: Es stiftet den Bürgern ihren materiellen Zusammenhang, schafft Antagonismen, setzt sich als Zweck, fordert in seinen Geldeinheiten einen Verdienst, kommandiert sämtlichen Reichtum, löst Privateigentum auf, veranstaltet Bewährungsproben etc.
In der Ökonomie der politischen Herrschaft geht es dann darum, „wie der Staat diese Produktionsweise gemäß den Sachzwängen des von ihm etablierten Geldregimes organisiert.“ (GS 1-98, S. 219)
Dazu gehört auch die Umsetzung der “’Eigengesetzlichkeit‘ des Marktes“, die “ohne den segensreichen Zwang, den ein politischer Souverän mit seinem Gewaltmonopol ausübt“, gar nicht in Kraft treten kann. (GS 4-97, S. 200)
Mit dieser “Eigengesetzlichkeit des Marktes“ kann es also, wie auch eingeräumt wird, “nicht so weit her sein“ (ed.), wenn die Sachen, die da den Zwang aufmachen, zusätzlich den Staat als notwendigen Vollstrecker benötigen. Was bleibt von einem solchen Sachzwang übrig, wenn es ihm an Durchsetzungskraft fehlt?
Die Lücke, die da politisch ausgefüllt werden soll, bedeutet Rückübersetzung naturgesetzlich, blind wirkender Zusammenhänge in bewusste gesellschaftliche Zusammenhänge.
Die Auflösung ökonomischer Gesetze in Staatsaktionen wird viel radikaler vollzogen, als es in den behutsamen Andeutungen zum Ausdruck kommt: Der Staat ist es, der die “Sachzwänge“ durch das “Regime des Geldes“, das er selbst installiert, in die Welt bringt. Als Eigenschaften des staatlich installierten Geldes sind solche “Sachzwänge“ schon von ihrem Ursprung her kein Resultat eines blind wirkenden Zusammenhangs.
Der Staat besorgt also nicht nur die Umsetzung des “Sachzwangs“, er hat ihn selbst geschaffen.
Was da noch als blinder Sachzwang übrig bleibt, ist eine Blindheit des Staates, die darin besteht, dass er wie Goethes Zauberlehrling nicht zu wissen scheint, welche Eigenschaften er da herbei gezaubert hat.
In der Auflösung des sachgesetzlichen Zusammenhangs in Staatsaktionen, worin sich die Ökonomie der politischen Herrschaft zusammenfasst, zeigt sich eine völlige Unkenntnis der Waren-, Geld- und Kapitalformen. Zum Beispiel werden Waren schon sprachlich – wie in der Vulgärökonomie üblich – häufig als “Dinge“ oder “Güter“ aufgefasst, wodurch die spezifische gesellschaftliche Form Warenproduzierender Arbeit von vornherein ausgeblendet wird.
Übersieht man die spezifische Gesellschaftlichkeit Warenproduzierender Arbeit, dann verlieren die ökonomischen Gesetze tatsächlich ihren naturgesetzlichen Charakter, d.h. die gesellschaftliche Bewegung hört auf, die Form einer Bewegung von Sachen anzunehmen, unter deren Kontrolle die Marktakteure stehen und die sie nicht kontrollieren können.
An die Stelle blind wirkender ökonomischer Gesetze setzen die Autoren juristische Gesetze, wie etwa das Recht der Notenbank, Banknoten nach eigenem Belieben zu emittieren.
Mit Hilfe des Staatshaushalts soll jede Regierung die Fähigkeit besitzen, „ihre Gesellschaft zu einem Kapitalismus herzurichten, wie er im Buche steht.“ (GS 4-97, S. 227) Dies ist durchaus wörtlich zu verstehen: Gemeint sind die Marxschen Bücher zur Kritik der Politischen Ökonomie, in denen die Bestimmungen der kapitalistischen Produktionsweise begrifflich entwickelt werden.
Der Staat verfährt wohl gar nicht so blind in seiner Zauberei, wie es erschien. Er hat zunächst ins “Kapital“ geschaut, macht dann ein Geld, wie es im “Buche“ steht, um dann entsprechend dieser Geldbestimmungen einen Kapitalismus herzurichten.
Wir wissen nicht, wer den entsprechenden “Kapital-Kurs“ abgehalten hat, viel heraus gekommen ist dabei jedenfalls nicht.

Anmerkung:

Die Erstveröffentlichungen erfolgte im Politmagazin KALASCHNIKOW und die erste Zweitveröffentlichung in „Proletarische Briefe“. Der Autor hat dieser Text unter einer Creative-Commons-Lizenz lizenziert.

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