Ehrungen zur Primetime – Berlin zeichnet seine Sportler des Jahres aus

Hieß es früher schlicht Sportlerehrung, so ist nun eine Champions Gala daraus geworden, da ja Berlins Champions 2011 zur Auszeichnung standen. Waren einst dafür eher nicht geeignete Autohäuser der Schauplatz, so traf man sich diesmal erneut im Neuköllner Estrel, einem der wohl größten Hotels Europas.

Die Top Sportmarketing Agentur, Kooperationspartner von Landessportbund,
Olympiastützpunkt und Berlin Werbung, hat aus einem provinziellem Etwas eine
Veranstaltung gemacht, die einer bundesweiten Sportler-Ehrung würdig wäre. Agentur-Chef Martin Seeber dankte zu Beginn  Sponsoren von Lotto GmbH über Spielbank und Getränke Hoffmann bis zu Berlin Recycling, "weil ohne deren Unterstützung eine Gala in dieser Form nicht möglich wäre." Gewählt wurde vom 1. bis 22. November über Medien, online, über Lotto- bzw. Getränke-Filialen. Mehr als 22 000 gaben ihr Votum in vier Kategorien ab.

Dass bei diesem Verfahren überraschende Ergebnisse zustande kommen, liegt auf der Hand. Welche Person oder welcher Verein die meisten Anhänger zu aktivieren versteht, dürfte gute Aussichten für eine vordere Platzierung haben. Am deutlichsten vorn war der nun zweifache Diskuswurf-Weltmeister Robert Harting. Hinter ihm der Weltklasse-Wasserspringer Patrick Hausding und Profi-Weltmeister Marco Huck.

Ziemlich unerwartet auf Rang eins bei Trainern/Managern landete Fußball-Trainer Markus Babbel, der mit Hertha BSC "nur" den allgemein erwarteten Aufstieg aus der zweiten in die erste Bundesliga geschafft hat. Dahinter Handball-Füchse-Coach Dagur Sigurdsson, der einen fantastisch Job macht und der langjährigen Handball-Diaspora nun die Champions League (als Meisterschaftsdritter) beschert. Meisterliches leistete gar der Eisbären-Headcoach Don Jackson, der mit seinen Boys den fünften Hockey-Titel auf dem Eis an die Spree holte…

Füchse vor Hertha und die Eisbären lautete die Reihenfolge bei den populärsten Mannschaften der Hauptstadt. Immerhin aus einer Fülle von 145 Teams der ersten oder zweiten Bundesliga des städtischen Areals.

Als Lady in Red, sprich tollem Ballkleid, präsentierte sich Tennisspielerin Sabine Lisicki bei ihrer Ehrung. Nach Verletzungen, Krankheit, abgestürzt auf Rang 218 der Welt, kam sie – u.a. im Einzel-Halbfinale beim Klassiker in Wimbledon – bis auf Position 15 wieder in beeindruckender Weise zurück. Und will "natürlich weiter nach oben".

Hinter ihr die fünffache Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein und die Moderne Fünfkämpferin Lena Schöneborn. Lisicki/Schöneborn erschienen auf der Bühne zur Moderation mit Julia Scharf (Sport 1 München) und Rene Hiepen. Wobei die junge Dame aus Bayern mit der Berliner Sportlerszene nicht so vertraut wirkte wie der routinierte TV-Reporter Hiepen (u.a. Berlin-Marathon bei NTV).

Pechstein ("Der zweite Platz nach sieben ersten in Berlin ist nach den Vorkommnissen mit der Sperre für mich wie ein Sieg – ich bin unschuldig verurteilt worden und habe nie gedopt") hingegen wurde vom Weltcup in Holland zugeschaltet.

Mit Video-Aufzeichnungen behelfen mussten sich die Gastgeber auch bei den Handball-Füchsen (Champions League am Sonntag in Polen) und deren Trainer. Ebenso bei Hertha und Babbel (der so keine Fragen zu seiner Vertragsverlängerung beantworten musste) wegen des Auswärtsspiels in Kaiserslautern. So mussten Manager Bob Hannig und Geschäftsführer Ingo Schiller Rede und Antwort stehen bzw. die Auszeichnungstrophäen in Empfang nehmen. Die Eisbären hatten zwischen den Partien am Freitag in Ingolstadt und Sonntag in Wolfsburg zumindest zwei Spieler (Urgestein Sven Felski, Dominik Bielke) sowie Don Jackson und Geschäftsführer/Sportdirektor Peter John Lee als Geste des guten Willens aufgeboten…

Er wünscht sich, so der Isländer Sigurdsson, "beim nächsten Mal einen Termin mit einem Heimspiel, damit wir bei dieser Feier wieder dabei sein können." Nicht einfach Anfang Dezember. Wenn die Fußball-Ligen noch kreiseln, der Puck schliddert, die Handbälle ins Netz zischen, Eisläufer ihre Kringel drehen, Basketbälle durch die Reusen rauschen…wenn sportliche Primetime vor dem Jahresendfeier-Chaos angesagt ist.

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