Dokumentation: Offener Brief an Karl Lauterbach zum Leukämie-Risiko von Glyphosat

Eine alte Schreibmaschine von Continental. Quelle: Pixabay, Foto: Peter H, BU: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Nachstehend dokumentieren wir einen mit Dummdeutsch und gesinnungsgeladenem Geschlechtergeschmiere verseuchten Offenen Brief der „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ (Eigenschreibweise) vom 15.11.2023 wie folgt:

Offener Brief: Leukämie-Risiko von Glyphosat
Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Lassan, München, 14. November 2023

Offener Brief: Leukämie-Risiko von Glyphosat: Bitte schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die Ablehnung der Glyphosat-Wiedergenehmigung


Sehr geehrter Bundesgesundheitsminister Professor Lauterbach,

neuste Studienergebnisse weisen einen Zusammenhang von Glyphosat mit der Entstehung von Leukämie bereits in jungen Jahren nach. Mit diesem Brief möchten wir Sie daher eindringlich dazu auffordern, sich in Ihrer Fraktion gegen eine Wiedergenehmigung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat auszusprechen und die Regierung darin zu bestärken, am 16. November 2023 gegen den Vorschlag der Kommission zu stimmen, Glyphosat für weitere zehn Jahre zu genehmigen.

Am 16. November werden die europäischen Mitgliedstaaten zum zweiten Mal zur Abstimmung darüber gebeten, ob der Unkrautvernichter Glyphosat europaweit erneut zugelassen oder verboten wird. Das erste Votum im Oktober scheiterte bekanntlich am Fehlen einer qualifizierten Mehrheit.

Auch wenn die Zulassung von Pestiziden nicht in die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums fällt, sehen wir die dringende Notwendigkeit, dass sich das Gesundheitsministerium in die Debatte über die Wiederzulassung von Glyphosat einbringt. Denn das Herbizid bedroht nicht nur die Artenvielfalt, sondern es birgt auch erhebliche Gesundheitsgefahren für den Menschen.

Dies zeigen auch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Global Glyphosate Study, einem multiinstitutionellen, internationalen Projekt unter Federführung des Ramazzini-Instituts (1) in Bologna. In dieser Studie wurde zum ersten Mal überhaupt die gesamte Lebensspanne von der embryonalen Phase bis zum Ende der Lebenserwartung abgedeckt. Sowohl bei Ratten, die in vergleichsweise niedrigen Dosierungen mit dem Wirkstoff Glyphosat behandelt wurden, als auch bei Ratten, die in noch niedrigeren Dosierungen mit glyphosathaltigen Herbiziden behandelt wurden, kam es zu einem signifikant gehäuften und extrem frühzeitigen Auftreten von Leukämie.

Aufgrund der Bedeutung der Befunde (2), entschloss sich das Team der Global Glyphosate Study, die Ergebnisse schon vor der Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift im Rahmen einer Pressekonferenz vorzustellen, die am 25. Oktober 2023 stattfand. Dort wurde auch bekannt gegeben, dass die Ergebnisse in Kürze als Preprint auf dem BioRxiv-Server zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die frühzeitige Kommunikation besonders wichtiger Erkenntnisse ist beim National Toxicology Program der USA, mit dem das Ramazzini-Institut zusammenarbeitet, ein übliches Verfahren und wurde in diesem Fall vom Ramazzini-Institut übernommen.

Angesichts dieser neuen Erkenntnisse fordern wir Sie eindringlich auf, sich für den Schutz der Gesundheit der Menschen in Deutschland und Europa einzusetzen, indem Sie sich klar gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat äußern.

Hintergrund

Die Fälle von Leukämie traten auch bei Dosierungen auf, von denen in der EU-Bewertung fälschlicherweise angenommen wurde, dass sie keine Auswirkungen hätten.

Bei der Hälfte der Ratten traten Todesfälle durch Leukämie zwischen der 21. Lebenswoche (vergleichbar mit etwa 16 Jahren beim Menschen) und einem Jahr
(vergleichbar mit etwa 40 Jahren beim Menschen) auf. Eines der in der Studie getesteten glyphosathaltigen Herbizide war die Formulierung BioFlow (MON 52276), die für die EU-Bewertung als repräsentative Formulierung herangezogen wird. Dieses Mittel ist derzeit in allen EU-Mitgliedstaaten zugelassen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam kürzlich zu dem Schluss, dass es bezüglich dieser Formulierung „keine kritischen Problembereiche“ gebe. Das bedeutet, dass die Formulierung alle für die Zulassung erforderlichen Sicherheitskriterien bezüglich der menschlichen Gesundheit und der Umwelt erfüllt.

Die Global Glyphosate Study (GGS) hingegen unterstreicht, dass das Karzinogenitäts- und Genotoxizitätspotenzial von Glyphosat offenbar nicht richtig bewertet wurde und dass entscheidende Erkenntnisse in der EU-Bewertung nicht anerkannt wurden. Diese Erkenntnisse der GGS sind äußerst besorgniserregend, da sie die bereits vorhandenen Belege für das krebserzeugende Potenzial von Glyphosat noch ergänzen (3).

Bezüglich der repräsentativen Formulierung „Bioflow“ weist die vorhandene wissenschaftliche Literatur auf deren genotoxisches Potenzial hin und obwohl die EFSA Datenlücken eingeräumt und auf eine potenzielle Genotoxizität bestimmter Inhaltsstoffe hingewiesen hat, wurden von den Antragstellern für diese repräsentative Formulierung keine Langzeittoxizitäts- oder Karzinogenitätsstudie durchgeführt.

Die Daten der GGS stellen in Frage, wie eine Entscheidung über die Sicherheit der repräsentativen Formulierung gerechtfertigt werden kann, wenn keine
Langzeittoxizitätsstudie vorliegt.

Entsprechend Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EU) 1107/2009 – und wie vom Europäischen Gerichtshof unterstrichen (Rechtssache C-616/17) – müssen
Formulierungen und Wirkstoffe gründlich beurteilt werden, um zu zeigen, dass sie keine Langzeittoxizität und/oder Karzinogenität verursachen.

Leider ist die Karzinogenität nur die Spitze des Eisbergs in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Glyphosat bzw. glyphosathaltigen Herbiziden. Die Exposition gegenüber Glyphosat und glyphosathaltigen Herbiziden wurde unter anderem mit Neurotoxizität (4), mit Autismus-Spektrum-Störungen bei Kindern, die ab dem pränatalen Alter exponiert waren5, mit amyotropher Lateralsklerose (6), mit Parkinson bei Erwachsenen (7), mit endokrinen Störungen (8) sowie einer Veränderung des Mikrobioms (9) in Verbindung gebracht.

Auch auf eine Vielzahl terrestrischer (10) und aquatischer Nichtzielarten (11) kann/können Glyphosat bzw. glyphosathaltige Formulierungen toxisch wirken, was möglicherweise schwerwiegende Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben kann.

Trotz all dieser wesentlichen schädlichen Auswirkungen kam die EFSA in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass keine kritischen Bereiche vorliegen.

Betrachtet man die weit verbreitete Verwendung von und Exposition gegenüber Produkten auf Glyphosatbasis, dann stellt eine Vernachlässigung jeglicher beobachteten Nebenwirkungen ein unannehmbares Gesundheitsrisiko sowohl für die Anwender:innen als auch für die Allgemeinheit dar.

Glyphosat erfüllt offensichtlich nicht die Zulassungskriterien der Verordnung (EU) 1107/2009, wonach in Verkehr gebrachte Wirkstoffe, Pestizidprodukte und deren Rückstände keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben dürfen. Im Zweifelsfall sind die Mitgliedstaaten und die Kommission dazu berechtigt, sich auf das Vorsorgeprinzip zu berufen, um das von der EU geforderte hohe Schutzniveau zu gewährleisten.

Angesichts dieser besorgniserregenden jüngsten Erkenntnisse fordern wir Sie als Bundesgesundheitsminister auf, sich für den Gesundheitsschutz zu positionieren und sich dafür einzusetzen, dass Glyphosat in der EU nicht weiterverwendet werden darf.

Hochachtungsvoll,
Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V.
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
Pestizid Aktions-Netzwerk e.V.
Schweisfurth Stiftung
Umweltinstitut München e.V.

Anmerkungen:

(1) https://www.istitutoramazzini.it/about/

(2) https://glyphosatestudy.org/press-release/global-glyphosate-study-reveals-glyphosate-based-herbicides-cause-leukemia-in-early-life/

(3) Robinson, C. et al. (2020): Achieving a High Level of Protection from Pesticides in Europe: Problems with the Current Risk Assessment Procedure and Solutions. European Journal of Risk Regulation, 11(3), 450 -480. https://doi.org/10.1017/err.2020.18

(4) Costas-Ferreira, C. et al. (2022): Toxic Effects of Glyphosate on the Nervous System: A Systematic Review. Int. J. Mol. Sci. 2022, 23, 4605. https://doi.org/10.3390/ijms23094605

(5) von Ehrenstein, O. S., Ling, C., Cui, X., Cockburn, M., Park, A. S., Yu, F., Wu, J., Ritz, B. (2019): Prenatal and infant exposure to ambient pesticides and autism spectrum disorder in children: Population based case-control study. BMJ, l962. https://doi.org/10.1136/bmj.l962

(6) Andrew, A., Zhou, J., Gui, J., Harrison, A., Shi, X., Li, M., Guetti, B., Nathan, R., Tischbein, M., Pioro, E. P., Stommel, E., & Bradley, W. (2021): Pesticides applied to crops and amyotrophic lateral sclerosis risk in the U.S. NeuroToxicology, 87, 128–135. https://doi.org/10.1016/j.neuro.2021.09.004

(7) Caballero, M. et al. (2018): Estimated Residential Exposure to Agricultural Chemicals and Premature Mortality by Parkinson’s Disease in Washington State. Int. J. Environ. Res. Public Health, 15, 2885. https://doi.org/10.3390/ijerph15122885

(8) Lesseur, C. et al. (2021): Maternal urinary levels of glyphosate during pregnancy and anogenital distance in newborns in a US multicenter pregnancy cohort Environ Pollut. 10.1016/j.envpol.2021.117002

(9) Mesnage, R. et al. (2021): Use of Shotgun Metagenomics and Metabolomics to Evaluate the Impact of Glyphosate or Roundup MON 52276 on the Gut Microbiota and Serum Metabolome of Sprague-Dawley Rats” Environ Health Perspect. https://doi.org/10.1289/EHP6990

(10) Klátyik, S. et al. (2023): Terrestrial ecotoxicity of glyphosate, its formulations, and co-formulants: evidence from 2010–2023. Environ Sci Eur 35, 51. https://doi.org/10.1186/s12302-023-00758-9

(11) Gonçalves, B. B. et al. (2020): Ecotoxicology of Glyphosate-Based Herbicides on Aquatic Environment. Biochemical Toxicology – Heavy Metals and Nanomaterials. IntechOpen. 10.5772/intechopen.85157

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