Berlin, Deutschland (Weltexpress). Pünktlich um 9 Uhr fiel der Startschuss zur Koalitionsverhandlung. Ganze 4 Monate und zwei Tage nach der Bundestagswahl und dreieinhalb Monate nach den Ausscheidungsläufen der grünen, schwarzen, und gelben Sprinter, haben sich nun die Roten und Schwarzen dem Endlauf gestellt.
Noch bevor von den politischen Recken die Startblöcke eingenommen wurden, mussten die Genossen einen Dämpfer ertragen. Je nach Umfrageinstitut fiel die SPD in der Wählergunst auf 18 bzw. 19 Prozent zurück. Übertragen auf das politische Sportereignis bedeutet das Ergebnis, dass die Sozialdemokraten ihren Startblock zwei Meter weiter nach hinten verlegen müssen.
Die Leidensfähigkeit seiner roten Mitstreiter wird mit Martin Schulz und seinen Kurskorrekturen auf eine harte Probe gestellt. Noch vor wenigen Tagen heizte ihm mitten in den Startvorbereitungen zum Endkampf Kevin Kühnert, der Jungspund aus der Nachwuchsmannschaft dermaßen ein, dass ihm die Lust zum Siegen endgültig vergangen ist. Nun ja, ich kanns verstehen. Wer gibt schon gerne zu, dass ein Jugendlicher zur ernsthaften Konkurrenz heranwächst. Aber vielleicht hat der „kleine Kevin“ zu früh zu hoch gepokert und stellt in ein paar Wochen fest, dass er jetzt „alleine zuhause“ ist.
Nun darf man gespannt sein, wie sich die Genossen trotz sichtbarer Ermüdungserscheinungen in den Koaltionsverhandlungen schlagen werden. Die Verhandlungsmasse bei den Genossen ist hinreichend bekannt. Was von dem Inhalt des ohnehin dürftig gefüllten Rucksack nach den Gesprächen übrigbleibt, wird sich weisen. Die CDU hat längst klargemacht, dass Reizthemen wie Krankenversicherungen und Familiennachzug überflüssiger Ballast ist und die SPD gut daran täte, die hinderlichen Gewichte in der Umkleidekabine abzustellen, zumal es die Chancen bei der Zielerreichung signifikant erhöhe.
Die Gefahr, dass Martin Schulz, der noch vor einem halben Jahr als Favorit galt, nach dem Rennen auf Antrag des eigenen Lagers disqualifiziert wird, wäre keine Überraschung. Er ist auf dem Weg zum Lorbeerkranz für den Sieger zu oft in die falsche Richtung gelaufen. Mal wollte er Kanzler werden, mal Oppositionsführer. Wenig später ließ Martin Schulz noch einmal die Muskeln spielen und zeigte sich renitent. Kategorisch schloss er aus, im Merkelschen Kabinett als Minister anzutreten. Aber man munkelt bereits hinter der vorgehaltenen Hand, dass er seinen endgültigen Entschluss schon wieder umgeworfen hat. Seit heute will er doch Minister werden. Man kommt seinen kategorischen Imperativen nicht mehr hinterher…
Nun hat sich Sigmar Gabriel erneut in Stellung gebracht. Er darf bei der Veranstaltung sogar wieder mitmachen. Das kann spannend werden. Unterstellen wir einmal, dass die GroKo zustande kommt und die Zuschauer am Rande endlich eine Regierung küren können, was geschieht dann mit dem einstigen Hoffnungsträger Martin? Schickt man ihn in die Wüste wegen entgangener Freudentänze? Muss er seine letzten Sportlerjahre unter Inkaufnahme von Tagesgeldern gar in Belgien verbringen? Oder gibt man ihm das Gnadenbrot in Berlin?
Nein, gut ist es nicht um dessen Zukunft bestellt. Immerhin glauben noch 56 Prozent der SPD-Genossen an das Here und Gute, wenngleich mit zusammen gebissenen Zähnen. An die Koalition mit der CDU. Diese Sicht nimmt auch Angela Merkel ein, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass sie am Ende das goldene Lorbeerblatt einer Siegerin entgegennehmen darf. Dann werden die Fanfahren für den neuen Aufbruch ertönen und die Mauern deutschen Fortschritts erzittern lassen. Hoffentlich ergeht es uns nicht so wie damals in Jericho.
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde unter dem Titel „Die Leiden der Koalitionäre“ im Scharfblick am 26.1.2018 erstveröffentlicht.