Der Schriftsteller Günter Kunert ist nicht mehr Gast im Labyrinth des Lebens

"Zu Gast im Labyrinth" von Günter Kundert. © Hanser

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Im Alter von 90 Jahren verstarb der Autor Günter Kunert am Samstagabend in seiner Wahlheimat im hollsteinischen Kaisborstel. Kunert wurde am 6. März 1929 in Berlin geboren.

Er lebte sowohl in der Deutschen Demokratischen Republik als auch in der Bundesrepublik Deutschland und das vor der Vereinigung dieser deutscher Staaten. In seinen Werken beschäftigte er sich sowohl mit der DDR und der BRD als auch mit dem Deutschen Reich. Kunert gilt als einer der größten Schriftsteller der Gegenwart. In „Spiegel-Online“ (22.9.2019) wird darauf hingewiesen, dass „sein langjähriger Verleger Michael Krüger … Kunert einmal als ‚einen der bedeutendsten Lyriker der Nachkriegszeit‘ und Dichter in der Tradition Heinrich Heines“ bezeichnet habe.

Weiter heißt es: „1950 erschien Kunerts erster Gedichtband „Wegschilder und Mauerinschriften“ und 2019 der kritische DDR-Roman „Die zweite Frau“ – das Manuskript war bereits 45 Jahre zuvor entstanden, Kunert hatte es aus Sorge, ins Gefängnis zu müssen, unter Verschluss gehalten, dann vergessen und erst im hohen Alter zufällig im Keller wiederentdeckt.“

1948 trat er der SED bei, 1977 wurde er aus der SED rausgeworfen, weil er zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann aus der DDR gehörte. Zwei Jahre später folgte Kunert Biermann in die BRD.

Im „NDR“ (22.9.2019) wird daran erinnert, dass Kunert „in der alten Dorfschule von Kaisborstel … sein ‚Big Book'“ begann. „Aufzeichnungen, Erinnerungen, Träume, Gedanken, alles, was ihm durch den Kopf ging. Hier entstanden auch Hörspiele, Theaterstücke und Essays, meist geprägt durch Ironie, Skepsis und einen illusionslosen Blick. Zahlreiche Ehrungen wurden Günter Kunert zuteil. In den USA und in Italien erhielt er an mehreren Universitäten die Ehrendoktorwürde.“

In „Frankfurter Allgemeine“ (22.9.2019) hält Tilman Spreckelsen unter „Zum Tode von Günter Kunert: In vollkommener Klarheit“ fest: „Günter Kunert, geboren 1929, hatte genug Umschwünge, politische zumal, aber auch grundlegend gesellschaftliche erlebt, um nicht ständig mit neuen zu rechnen. Er überstand die NS-Zeit, immer in Gefahr wegen seiner jüdischen Mutter, als Angestellter in einer Tuchwarenhandlung, publizierte sein erstes Gedicht 1947 und erfuhr in der DDR Förderung durch anerkannte Autoren wie Brecht und Becher, geriet aber zugleich unter den Verdacht des Abweichlertums und machte Erfahrungen mit der Zensur. Reich begabt und vielseitig interessiert, veröffentlichte Kunert Lyrik, Prosa, Essays, Kinderbücher, Reiseberichte und literaturtheoretische Schriften.“

Kunerts letzter Gedichtband „Zu Gast im Labyrinth“, 112 Seiten, herausgegeben von Wolfram Benda, wird am Montag, 23.9.2019, im Hanser Verlag (ISBN: 978-3-446-26463-2, Preis: 19 EUR (D), 19,60 EUR (A)) erscheinen.

Anmerkung:

Eine kürzere Fassung dieses Artikel von Ingeborg Iltis wurde unter dem Titel „Günter Kunert ist nicht mehr Gast im Labyrinth des Lebens“ im KULTUREXPRESSO am 22.9.2019 erstveröffentlicht.

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