Der 1. FC Union erobert einen direkten Aufstiegsplatz – Ironie der Fans: „So‘ ne Scheiße, wir steigen auf!“

Pressekonferenz nach dem Spiel Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress) Was die fußballerischen Leistungen betrifft, da schimmert hier und da bereits ein bisschen Erstklassigkeit hervor. Es sind zwar noch 11 Spiele zu absolvieren und davon deren fünf im Stadion An der Alten Försterei, trotzdem, so langsam wird es ernst. Das spüren die Fans und da der 1. FC Union ein Verein mit allen Konsequenzen ist, macht sich bei einigen Vereinsmitgliedern eine gewisse Angst vor der Zukunft breit. Gewiss ein Luxusproblem, aber was ist, wenn es wirklich passiert?

Vor dem Spiel gegen Liganeuling Würzburger Kickers gab es von der Tribüne an der Waldseite ein vieldeutiges Statement in Form einer Choreo. Er erinnerte an vergangene Union-Zeiten, an Wegmarken der Vereinsgeschichte und die Gegenwart. Ein Feuerwerk, wohl eher inoffiziell, übrig gebliebenes oder bewusst nicht benutztes Knallzeug von der letzten Silvesternacht stieg in den Nachthimmel, als das letzte Banner sichtbar wurde: Union schießt über das Ziel hinaus – nicht mit Feuerwerkskörpern, sondern mit bisher nicht gekannten sportlichen Leistungen sowie mit dem Ehrgeiz und Können der Vereinsführung.

Nächstes Opfer der sportlichen Euphorie wurden die Würzburger Kickers. Sie versuchten sich zu wehren, aber mal ehrlich, sie hätten vielleicht eine Chance gehabt, wenn der 1. FC Union von vornherein nur 10 Spieler hätte aufbieten dürfen. Ab der 44. Spielminute waren die Gastgeber durch eine gelb-rote Karte für Roberto Puncec dann wirklich dezimiert. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Spiel eine recht einseitige Angelegenheit. Eine richtig gute Chance für die Würzburger war zu notieren. Daniel Mesenhöler im Union-Tor klärte mit unglaublicher Kaltblütigkeit gegen den durchgebrochenen Würzburger Winterneuzugang Sebastian Ernst. Das hätte die Führung für die sein können, die berühmte aus dem Nichts. Das erste Tor fiel folgerichtig für die rot-weißen aus Berlin. Sebastian Polter brachte einen wuchtigen Kopfstoß im Tor von Robert Wulnikowski unter. Zunächst brachte Felix Kroos einen Eckball herein, der per Kopf von Michael Parensen verlängert wurde und aus dem Hinterhalt lief Polter an. Wulnikowski im Tor der Würzburger ist mit noch 39 Jahren, der zur Zeit älteste aktive Fußballprofi, zudem hat er eine Vergangenheit in der Wuhlheide, 5 Jahre (von 1999-2003) gehörte er zum Kader der Eisernen und brachte es zu 54 Einsätzen. Vor dem Spiel wurde er mit Beifall begrüßt. Er hatte in der ersten Halbzeit mehr zu tun als sein Gegenüber – der 18 Jahre jüngere Daniel Mesenhöler.

Was Union bis zum Platzverweis von Puncec in der 44. Minute ablieferte war souverän. Es hätte ruhig ein Tor mehr sein dürfen, sogar müssen. So bot die 2. Halbzeit ein anderes Bild. Trainer Jens Keller stärkte die Defensive. Simon Hedlund blieb in der Kabine, für ihn kam Emanuel Pogatetz, ein Innenverteidiger. Bernd Hollerbach tat logischerweise das Gegenteil und stärkte die Offensive. Taktisch löste er in der Abwehr die 4er Kette auf, ebenso die Mittelfeldraute und versuchte mit einem 3-5-2 System mehr Zugriff auf das Spiel zu bekommen. Der fehlende Feldspieler wurde bei den Unionern mit einem 4-4-1 versucht zu kompensieren. Man überließ den Würzburgern die Initiative und die konnten herzlich wenig damit anfangen. „Man hat gesehen, dass Würzburg mit dem Ball relativ wenig klar kommt, es ist eine Mannschaft, die defensiv gut steht und auf Konter lauert.“ Toni Leistner hat so das Problem der Würzburger beschrieben. Verteidigen können wir auch gut. Die Spielanteile waren in der 2. Halbzeit erwartungsgemäß anders verteilt, dass aber das Spiel kippen könnte, war nicht der vordringliche Eindruck. Gelegentliche Konter sorgten für Entlastung, Sebastian Polter bemühte sich weiter, die Abwehr zu beschäftigen.

Wie war das nochmal mit dem Lauf, in der 82. Minute entledigte Damir Kreilach seine Mannschaft von allen Sorgen. Er bekam den Ball von Polter zu gespielt, Ballannahme, halbe Drehung und Schuss, das alles mit einer fließenden Bewegung, so zeigt sich eine gute fußballerische Ausbildung. Das Spiel war durch und der 13. Sieg im Kasten. 44 Punkte sind jetzt auf der Habenseite und bedeuten Platz 2 in der Tabelle. Es wäre sogar der direkte Aufstieg, noch fehlen etwa 20 Punkte, 11 Spiele bis zum Saisonende.

Nach dem Sieg, sah man ein Banner – So‘ ne Scheiße, wir steigen auf – das steigerte sich zu Sprechchören. So standen die siegreichen Spieler vor ihren Fans und waren etwas irritiert.  Die Befindlichkeiten der Fans der Eisernen sind nicht einfach zu deuten. Da ist die faszinierende Aussicht auf die erste Liga und auf der anderen Seite, ein bisschen Angst vor den neuen Herausforderungen, weniger auf der sportlichen Seite, als vielmehr, wie entwickelt sich die Fankultur bei einem möglichen Aufstieg. Es gibt ja Fans die sagen, dass der 1. FC Union weder auf- oder absteigt, sonder nur ab und zu mal die Liga wechselt.

Stimmen zum Spiel

Toni Leistner (Verteidiger 1. FC Union Berlin): „Wir mussten relativ weit rausschieben, um Würzburg von unserem Tor fernzuhalten. Ein Platzverweis spielt nie in die Karten, wir sind so gefestigt, dass wir auch das 1:0 über die Bühne gebracht hätten. Wirklich gefährlich wurden die Würzburger nie. Nach dem 2:0 war das Spiel eigentlich vorbei.“

Sebastian Polter (Union Berlin Torschütze zum 1:0 und Vorlage zum 2:0): „In der 1. Halbzeit waren nicht so gut, wir konnten dem Spiel nicht so den Stempel aufdrücken, wie wir es eigentlich vor hatten. Daniel Mesenhöler hat in der 1. Halbzeit zweimal großartig gehalten. Der Platzverweis brachte in der 2. Halbzeit taktische Umstellungen mit sich, und es hat bis zur 60. Minute gedauert, bis alles gegriffen hat.“

Daniel Mesenhöler (Torwart 1. FC Union Berlin – erstes Zweitligaspiel): „Es war für mich kein so ruhiges Spiel, wie es vielleicht aussah. In Unterzahl hat sich sehr viel um meinen Strafraum herum abgespielt. Es ist meine Art die Dinge einfach ruhig anzugehen. Spezielle Rituale vor dem Spiel habe ich nicht. Natürlich hat mir Jakob Busk vor dem Spiel viel Glück gewünscht.“

Bernd Hollerbach (Trainer Kickers Würzburg): „Wir wollten in der 1. Halbzeit gut stehen und kein frühes Gegentor kassieren, das ist uns gelungen. Offensiv konnten wir nicht diese Akzente setzen, die wir uns vorgenommen hatten. Zwei gute Chancen konnten wir nicht nutzen. Beim ersten Gegentor hat der Verteidiger leider S. Polter aus den Augen verloren. Union war vor allem vor den Strafräumen einen Tick besser als wir und so haben sie verdient gewonnen. Ich wünsche Union den Aufstieg, hier wird eine tolle Arbeit geleistet.“

Jens Keller (Trainer Union Berlin): „In der ersten Halbzeit haben wir das Spiel dominiert, wenig zugelassen, dann kam die rote Karte. In 48 Minuten Unterzahl haben wir keine richtige Chance zugelassen und mit 2:0 gewonnen, dass zeigt, was die Mannschaft zu leisten im Stande ist.“

Spieldaten

1. FC Union Berlin

Tor: Daniel Mesenhöler Abwehr: Christopher Trimmel; Toni Leistner Roberto Puncec ; Michael Parensen Mittelfeld: Stephan Fürstner; Damir Kreilach; Felix Kroos (ab 90. Benny Kessel) Steven Skrzybski (ab 84. Kenny Redondo); Simon Hedlund (ab 45. Emanuel Pogatetz); Angriff: Sebastian Polter 4-1-3-2 /4-4-1

Kickers Würzburg

Tor: Robert Wulnikowski Abwehr: David Pisot (ab 73. Marco Königs); Sebastian Neumann; Christian Schoppenhauer; Peter Kurzweg Mittelfeld: Tobias Schröck; Rico Benatelli (ab 45. Valdet Rama); Campbell Diaz (ab. 53. Felix Müller); E. Tabbertshofer; Angriff: Sebastian Ernst; Elia Soriano 4 -4-2 Raute/3-5-2

Zuschauer: 19.875 Stadion An der Alten Försterei
Schiedsrichter: Dr. Robert Kampka; Rafael Foltyn; Jonas Weickenmeier; Alexander Sather
angenehmes (+8 Grad C), trockenes Wetter

Vorheriger ArtikelOld English Style oder Ein Akronym in Leder – Die AJS Lederjacke
Nächster ArtikelHetzplakate und Hassbanner, Schmähschriften und Gewaltexzesse bedrohen die Fankultur im Fußball – Die Dachorganisationen zeigen wenig Initiative