Das erste Funkhaus der Welt wird dieser Tage 90

Funkhaus Berlin, Block B, Saal 1, Studio, 2015. © Copyright Funkhaus Berlin

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Ein Haus, das dieser Tage 90 Jahre alt wird – das soll aufsehenerregend sein, bemerkenswert? Das soll eine Würdigung verdient haben?

Ja – so ist es. Denn dieses Gebäude hat Geschichte geschrieben und erlebt, und es dient noch heute dem gleichen Zweck, weshalb es 1931 in Dienst gestellt wurde: Das erste Funkhaus der Welt verbreitete damals wie heute Radioprogramme – aus Berlin, von der Masurenallee in Westend, einem Ortsteil von Charlottenburg-Wilmersdorf.

Der Grundstein für das Gebäude wurde am 29. Mai 1929 gelegt. Im Datum der Einweihung unterscheiden sich die zuverlässigen Quellen wie Wikipedia, Haus- oder Architekturarchive. Sicher ist, dass sich zur feierlichen Eröffnung am 22. Januar 1931 der Große Sendesaal noch im Bau befand. Wie auch immer: 2021 sind bis Jahresende mehrere offizielle Gedenken geplant – 90 Jahre eben.

In seiner Eigenschaft als Haus des Rundfunke hat dieser einmalige Berliner Bau verschiedenen deutschen Staaten und Gesellschaftssystemen gedient:

0 Zuerst der Weimarer Republik. Ihr folgten die Nazis, die hier eines ihrer wirksamsten Propagandainstrumente etablierten – Joseph Goebbels, ihr oberster und aggressivster Propagandist, hatte im Haus sogar ein eigenes Büro, vielleicht sogar ein Wohnung. Hier war die Reichsrundfunkzentrale untergebracht, der sämtliche deutsche Sender – „Reichssender“ – angeschlossen und unterstellt, somit gleichgeschaltet waren.

0 Als die Sowjets 1945 Berlin besetzt hatten, gehörte eine Rundfunkpropagandakompanie zu den ersten Truppen. Sie besetzte das Haus des Rundfunks am 2. Mai 1945. Ihr Chef war ein Major Popow. Er kannte das unzerstörte Gebäude sehr gut, denn er hatte in ihm von 1931 bis 1933 als sowjetischer Ingenieurspraktikant gearbeitet. Obwohl das Gebäude im britischen Sektor Berlins lag, wurde es dank Viermächteabkommens den Sowjets überlassen – bis 1956! Die stationierten in dem Komplex eine 15köpfige Wachkompanie, die im Zwei-Wochen-Rhythmus ausgetauscht wurde. Und das unter den Augen britischer Soldaten, die rund um das Gebäude patrouillierten. Unter sowjetischer Regie begann von hier aus der Berliner Rundfunk zu senden. Klammheimlich bauten die Sowjets nach und nach die gesamte technische Ausstattung ab und verbrachten sie in ihren Berliner Sektor.

Nachdem die SMAD (Sowjetische Militär Administration) das Haus am 5..Juli 1956 geräumt hatte, fanden die zuständigen Behörden des Westberliner Senats – Regierender Bürgermeister war damals Otto Suhr – Unglaubliches vor. Das gesamte Haus war völlig herabgewirtschaftet und verdreckt. Es musste entrümpelt werden. Hierzu sei die Archiv-Agentur des Internet zitiert, Wikipedia:

„Es war zu erheblichem Vandalismus gekommen, da die sowjetischen Wachtruppen unter anderem viele Holzteile zum Heizen verfeuert hatten. Der Zustand war einfach katastrophal. Der Große Sendesaal und der Lichthof waren schwer beschädigt. Beschädigungen gab es an den Fenstern, den Heizungsanlagen, der Technik und den Wasseranlagen. Die Renovierung fand hauptsächlich von 1956 bis 1957 statt. Die Kosten betrugen zehn Millionen Mark, kaufkraftbereinigt rund 4,4 Millionen Euro“.

Das waren aber nur die Renovierungskosten. Da die Sowjets alles, aber auch alles demontiert und mitgenommen hatten, kostete die neue Innenausstattung weitere Millionen. Um die Jahreswende 1957/58 zog der Sender Freies Berlin (SFB) in das Hus des Rundfunks ein – diese Radiostation war damit die modernste Deutschlands.

Eine weitere „Wende“ für das Haus gab es am 1. Mai 2003; Der SFB fusionierte mit dem ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) zum rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg). Zudem wurde 2008 ein komplett verglaster Neubau in Betrieb genommen – für das Inforadio des rbb.

Entworfen und gebaut hat das Haus des Rundfunks der Architekt Hans Poelzig (1869 bis 1936). Er bewies damals schon ein geradezu unglaubliches Verständnis für die technischen Bedürfnisse des neuen Mediums Rundfunk. Seiner Weitsicht ist zu verdanken, dass die Innenarchitektur nicht „verbessert“ werden musste. So sind seit 1931 die beiden Sendesäle wie auch die Hörspielstudios von dickwandigen Büros umgeben, was als Lärmschutz zu werten ist. Der Große Sendesaal ist 47 Meter lang und bei einer Höhe bis zu 12 Meter zwischen 47,5 und 25,3 Meter breit. Für das Publikum gibt es 1 084 Klappsitze. Sie sind so konstruiert, dass die Akustik stets gleich ist – unabhängig von jeglicher Besetzung. Der Nachhall beträgt konstant 1,6 Sekunden.

Der Grundriss des Hauses zwischen Masurenallee, Kaiserdamm und Theodor-Heuss-Platz, an dem sich der turmartige Fernsehkomplex befindet, gleicht einem an zwei Seiten abgerundeten Dreieck. Die aus verschiedenfarbigen Klinkern und Keramikkacheln bestückte Front an der Masurenallee – mit dem Haupteingang – ist über 150 Meter lang. Grundfläche des Hauses, das über 700 Fenster hat: 8 140m². Weitere prominente Bauten des Architekten Hans Poelzig: Das Schauspiel/Konzerthaus an Berlins Gendarmenmarkt, der Berliner Friedrichstadtpalast mit der größten Bühne der Welt und der Bau der IG Farben in Frankfurt/Main.

Fragen zu Führungen durch Berlins Haus des Rundfunks: 030 9799 312 497.

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