Dadurch bange machen lassen? Nicht doch! Folgen wir lieber den Verlockungen von der „grünen Hölle als Paradies“.
Abhelfen lässt sich dieser Sehnsucht nur durch eine Reise, denn: „Der Dschungel ruft, lass ´ dich verzaubern!“. Wobei vor allem der wilde Oberlauf ab Manaus reizt. Zig Kilometer breit hingegen der träge Unterlauf, dessen Ufer nur als grüne Striche auszumachen seien, wie erfahrene Amazonas-Reisende zu berichten wissen.
Unendliche Wasserwüste
Der „Amacunu“ empfängt den Kreuzfahrer. So nennen die Indianer den Unterlauf des Stromriesen. In ihrer Sprache ist das „Wasserwolkenlärm“, der sich aus dem hohen Schwall der Springflut im Unterlauf ableitet.
Bis zu 800 Kilometer schiebt sich die Salzwasserzunge des Atlantik bei Flut hinein nach Amazonien. Das ist die Wirkung der Gezeiten. Pegelschwankungen zwischen sieben und 13 Metern sind die Folge. Insgesamt gesehen ist der südamerikanische Wasserriese daher weit ins Landesinnere für Seeschiffe befahrbar. Kreuzfahrt-Passagiere mögen sich darüber wundern, dass auch noch über 4000 Kilometer stromaufwärts Seeschiffe gesichtet werden. Auf der pazifikabgewandten Seite von Peru in Iquitos. Sogar deutsche Containerfrachter verkehren bis an den Fuß der Ost-Anden.
Das liegt auch daran, dass 200 größere Nebenflüsse, davon 17 länger als der Rhein, den Amazonas speisen. Einige davon zählen zu den größten Strömen der Erde.
Bis zu 200 Kilometer lange und 40 Kilometer breite Seen bilden ein gewaltiges Wasserlabyrinth. Das letztlich führt dem Atlantik eine Wassermenge zu, die das Mehrfache aller Riesenströme der Erde
ausmacht. Beeindruckend, wenn man an Bord eines großen Passagierschiffes in das Mündungsgebiet mit seinen zahlreichen Inselgruppen einläuft.
Der Passagier sieht im Unterlauf indes nur eine schier unendliche Wasserwüste. Erst entfernt vom Mündungsgebiet verengt sie sich teilweise drastisch, so dass man „Uferkontakt“ hat. Berühmtes Beispiel sind die Breves-Kanäle bei Belem, die gern von Kreuzfahrtschiffen angesteuert werden, um ein gewisses „Amazonas-feeling“ zu vermitteln.
Richtig „spannend“ wird die Amazonasa-Fahrt erst oberhalb von Manaus. Doch geht das nur mit kleineren Expeditionskreuzfahrtschiffen bis knapp 10.000 Tonnen.
Gleißender Lichtstrahl in lauer Nacht
Im Hafen von Manaus, fünf Grad südlicher Breite. Kabbeliges, dunkles Rio-Negro-Wasser klatscht gegen die Bordwände.
Auslaufen um 18 Uhr. Hinein in die schnell einbrechende Tropennacht. Schade, daß wir dem Rio Negro so schnell das Heck zuwenden müssen! Seine Ufer sollen geradezu Spannendes bereithalten. Von der berühmten Einmündung dieses Schwarzwasser-Flusses in den Weißwasser-Amazonas ist im Dunkeln natürlich nichts zu sehen. Nächstes Mal vielleicht.
Der starke Schiffsscheinwerfer bohrt seinen gleißenden Lichtstrahl in die laue Nacht. Baumstämme, tückische Hindernisse für die Propeller, erfaßt das Radargerät nämlich nicht. Das Schiff wiegt sich förmlich in den schlanken Hüften, wenn der Rudergänger einem treibenden Stamm ausweicht. Myriaden von hektisch flatternden Insekten saugt das Lichtbündel scheinbar an, während uns Inseln von Wasserhyazinthen träge entgegenschwimmen. Aus dem Urwald glimmen offene Feuer, Holzkohlegeruch weht herüber. Kanus gleiten lautlos und unbeleuchtet vorüber. Erste Nacht auf dem gigantischen Fluß, 2200 Kilometer westwärts noch vor uns. Die häufigen Kursänderungen schaukeln uns in den Schlaf.
Hoher winterlicher Pegel
Auf der Brücke einer der beiden peruanischen Lotsen. Sie navigieren auf dem Strom in erster Linie nach Sicht, Erfahrung und Gefühl. Aber auch Fluß-See-Karten aus einer Hamburger Spezial-Kartensammlung sowie modernste Radargeräte und Echolote assistieren ihnen dabei. Immer wieder tragen sie per Bleistift Flußlauf- Veränderungen ein, die etwa alle zwei Monate fällig sind. Wo sonst sieben Meter Wassertiefe eingezeichnet sind, hat das Hochwasser den Pegel auf 14 Meter getrieben; an anderen Stellen spült der Amazonas tückische Sandbänke auf, die nirgends verzeichnet sind. Eine Betonung wie auf europäischen Flüssen verbietet sich hier von selbst. Da muß auch manchmal ein Schlauchboot vorausgeschickt werden, um durch Lotungen die Tiefe zu peilen. Das Schiff schleicht dann, sich zaghaft vortastend, hinterdrein.
Tapfer schiebt es sich unter Aufbieten aller Maschinenkräfte mit neun Knoten gegen den fünf Knoten schnellen Strom. Drum dauert die Bergfahrt vom brasilianischen Manaus nach dem peruanischen Iquitos auch zwei Tage länger.
Der hohe winterliche Pegel hat auch seine Vorteile (nicht nur die lange Fahrt nach Iquitos ist dadurch möglich). So nähert sich das Schiff auf dem tiefen Prallhang-Fahrwasser bis auf wenige Meter der grünen Wand des tropischen Regenwaldes. Natur pur: Durchs Fernglas glaubt man Affen auf sich loshüpfen zu sehen Ansonsten sieht man wenig Tiere. Papageien sind allerdings nicht zu überhören.
Nach 131 See- (besser: Fluß-) Meilen seit Manaus fällt der Anker vor der kleinen schwimmenden Siedlung Boca do Anori. Drei Stunden Zodiac-Rundfahrt zwischen den auf Pontons dümpelnden Hütten. Erste Einblicke in ein kärgliches, doch anscheinend unbeschwertes Leben. Hängematten als einzige „Möblierung“, vor der Tür verbeulte Treibstofftonnen. Gehandelt wird hier mit Waldprodukten, Fisch und Häuten. Fröhliche, gut genährte Kinder springen vom Haus aus in den Fluß. Neugierige, aber verhalten freundliche Blicke verfolgen die Ankömmlinge. Per Foto und Video wird “scharf geschossen.“ Exotik hautnah!
Abstecher in ein riesiges Wasserhyazinthenfeld. Ein Indio demonstriert, wie man ein wagenradgroßes Victoria-Regia- Blatt zum Sonnenschirm umfunktionieren kann.
Während der Rückfahrt begleiten uns Rudel von rosa Fluß-Delphinen, die ihre Wasserkunststückchen vorführen. „Einstudiert“ natürlich ohne Trainer.
Mittags Anker auf. 188 Seemeilen bis zum nächsten Ziel: Boca do Jutica Guaribas.
Riesenbäume mit Brettwurzeln
Der Anker schleift haltlos über den Grund, gräbt sich nicht gleich ein. Die Strömung – zwei Meter pro Sekunde ist schnell – schiebt den Dampfer wie ein Spielzeugschiffchen vor sich her. Endlich gelingt das vertrackte Manöver. An der schweren, straffen Kette verfangen sich ganze Wälder von Wasserhyazinthen. Wie Blumengrüße des großen Stromes an das kleine Schiff. Es zählt zu den wenigen Seeschiffen, die den Riesenfluß über 4000 Kilometer zu Berg befahren – weit ins peruanische Amazonas-Tiefland hinein.
Urwald-Anzug wird empfohlen: langärmliges Hemd, lange Hosen, Gummistiefel, Kopfbedeckung – Schutz unter anderem vor Ungeziefer, das einen überfallen könnte. Schließlich ist eine Urwaldwanderung angesagt.
Das Boot prescht durch die Flußlagune. Wir steuern in einen stillen Seitenarm, auch „grüner Korridor“ genannt. „Man lernt ganz neu zu hören, wenn der Urwald spricht“, meint der indianische Begleiter. Da vernehmen wir sie, die Stimmen des Waldes.
Stopp vor einer Pfahlbau-Hütte. Indio-Kinder, schwarze Schweine, Hühner tummeln sich zwischen den Landgängern. Den Arm des Clan-Chefs ziert eine goldene Rolex-Uhr, in der Hütte eine fast schon antike Singe-Nähmaschine, Made in Germany der „Golden Twenties“.
Über eine wacklige Mini-River-Kwai-Bambus-Brücke geht ´s an Riesenbäumen mit Brettwurzeln, Lianen oder tiefgründigen Sumpf hinweg: Urwald-feeling, wie ´s im Buche steht.
Nur 38 Seemeilen bis Cuxui Muni
Nahe dem Landeplatz des kleinen Dorfes spielen Matrosen mit den Indios Fußball. Irgendwo im Busch bullert ein Diesel-Generator. Einigermaßen erstaunt betreten wir die Dorfstraße: gepflastert und von schiefen glühbirnbeschwerten Lichtmasten gesäumt. Aus der gerammelt vollen hölzernen Dorfkneipe flimmert einem brasilianisches Werbefernsehen entgegen: laute, verzerrte Bilder aus einer anderen Welt. Nebenan röstet ein barbusiges Mädchen auf einer Riesenpfanne Maniokmehl. Über dem Feuer bruzzeln Piranhas, ihre scharfen Zahnreihen bösartig bleckend. Eine Kind-Mutter säugt ihr Baby. Auf dem Boden eines Pfahlhauses hockt eine vielköpfige Familie um einen schwarzen verbeulten Topf – die kerzenbeleuchtete Szene wirkt fast schon wieder romantisch. Schweine, Hühner und schwarze Geier, Haustiere fast, wühlen unter der wackligen Hütte im Dreck. An langer Leine turnt ein Wollaffen-Baby.
Rio-Negro-Wasserschauspiel
147 Seemeilen ist das Schiff über Nacht nach Westen gedampft. Fonte Boa voraus!
Gespannt steuern wir diesem selten angelaufenen Ziel entgegen.
Indios auf japanischen Geländemotorrädern knattern munter über Asphaltstraßen, die von fernsehantennengespickten Holzhütten gesäumt sind. Dazu Straßenbeleuchtung und Pop-Musik. Kontraste auch hier – mitten im entlegendsten Amazonien! Eine freundliche Frau schenkt uns spontan eine riesige Frucht, als wir ihren grünen Papagei bewundern. Ein paar Jungen führen einen Kaiman an der Leine spazieren.
Am Nachmittag Passieren eines erst in jüngster Zeit vom Amazonas durchbrochenen Flußarms und Ankern vor der Mündung eines kleinen Schwarzwasserflusses: Rio-Negro-Wasserschauspiel en miniature. Der kurzerhand engagierte Indio-Fischer aus einer einsamen Pfahlhütte spielt den Fremdenführer. Zwischen Stelzwurzeln und schwimmenden Wasserhyazinthen-Inseln bahnen wir uns den Weg in einen See mit einer unübersehbaren Kolonie weißer Reiher. Dazu Natur-Theaterdonner: Schwarzgrau verhüllt sich der Himmel und läßt einen Tropenregen-Vorhang herab. Wir schaukeln über den mittlerweile vom Wind zu Ein-Meter-Wellen aufgewühlten Strom an Bord. Amazonas-Seegang – auch das ein unerwartetes Amazonas-feeling.
Prustende Dauerbegleiter
Im „Nachtsprung“ landen wir am frühen Morgen vor dem 80 Seemeilen entfernten Foz do Jutai.
05 Uhr: Früh-Frühstück. Es ist noch stockdunkel, als wir bei angenehmen 18 Grad Celsius zur Regenwald-Erkundung aufbrechen. Der honigfarbene Vollmond schaut scheinbar belustigt zu. Einer leuchtet das Ufer ab, ob vielleicht das eine oder andere Kaiman-Augenpaar im Lichtstrahl aufblitzt. Geräuschlos gleiten Indios vorüber, allemal mit besseren Jagd-Chancen. Nach langer Tour Eindrehen in einen Seitenarm. Motor aus! Webervögel keckern hoch über uns in ihren Hängenestern, grüne Ibisse, bunte Aras, mächtige Greifvögel und elegante weiße Reiher flattern über die Baumkronen. Im engen, grüngesäumten Fahrwasser prusten unsere Dauerbegleiter, rosa Delphine, nach Walart Fontänen in die Luft – auch dies völlig überraschende Eindrücke.
Nachmittags: Unser Schiff drückt sich am Prallhang entlang, wo die Fahrrinne verläuft. Pegelstand: bis zu 45 Meter! Wir können die Blicke in den Dschungel schweifen lassen. Baumriesen überragen die Masten. Oben spielen schreiende Affenhorden, unten Delphine. Beide gleichermaßen elegant. Ein knalliger Regenbogen spannt sich in doppelter Ausführung über die gesamte Szene. Die dazugehörige Front sehen wir als Regenwand von achtern heranrollen, ein warmer Starkregen alles einhüllt. Sicht gleich Null, Wind und Schaumkopfwellen.
Bis Vendaval noch 228 Fluss-Seemeilen.
Häuptlinge als Preisvermittler
Spannend, daß unser Dorfbesuch vom Einverständnis des Häuptlings abhängig gemacht wird. Der Indio-Begleiter fährt als „Parlamentär“ hinüber und verhandelt. Es klappt, problemlos. Im palmstrohbedeckten Gemeinschaftshaus, nach allen Seiten offen, hocken Gäste und Indios sich wie die Hühner auf der Stange gegenüber. Der Häuptling, demokratisch gewählter Chef von 23 000 Indianern, stellt seine 1900-Seelen-Gemeinde vor. Geduldig geht der kleinwüchsige 48-jährige mit uns von Haus zu Haus, sozusagen als höhere Legitimation für die fotografierenden und filmenden Fremden. Weil die offenen Pfahlbauten von überall her einsehbar sind, müssen die Bewohner als Statisten herhalten. Freundlich bieten sie fast schon zu Discount-Preisen ihr wunderschönes Kunsthandwerk an. Ketten aus Muscheln, Nüssen, Federn, Masken, Figuren, Pfeil und Bogen, Blasrohre. Der Häuptling fungiert als Preis-Vermittler und korrigiert schon mal vorsichtig nach oben oder unten, wenn seine unwissenden Untertanen daneben gegriffen haben. Zwischendurch ein Blick durch eine Hütte auf unseren Liner. Während hier kärgliches Maniokmehl immer mal wieder vor sich hin röstet, wartet an Bord auf uns ein Barbecue.
Bis zum Ankerlichten wird das „Schiff aus einer anderen Welt“ von Kanus belagert. Jede(r) hofft auf ein Schnäppchen: frische Früchte gegen ausgediente Plastikkanister und Altkleider von der Besatzung. Abschiedskulisse dazu: vor einem dramatisch vergoldeten Sonnenuntergangshimmel, gebändert von Streifen schwarzer Regenwolken. Dutzende von schmalen Kanu-Strichen zeichnen den Fluß.
Papageien und Affen turnen
6 Seemeilen bis zur brasilianischen Grenzstation Tabatinga. Die Paßkontrolleure fahren ganze 1,5 Seemeilen mit, die kürzeste Distanz der Reise, bis zum südlichsten Zipfel Kolumbiens, Laeticia. Wir ankern im Dreiländereck. Das gegenüber liegende Ufer ist bereits peruanisch. Die geographisch Lagekonstellation hat der Gegend auch zu ihrem zweifelhaften Ruf als Drehscheibe des Kokain-Handels verholfen. Die quirlige („heiße“) Stadt betreten wir durch eine Bierkneipe, die fast bis zum Tresen unter (Hoch-)Wasser steht, manche Gäste „unter Strom“.
Unser Ziel ist der Zoo von Laeticia, zwei, drei Kilometer außerhalb. Fußmarsch, Collectivo-Kleinbus oder Polizeiwagen, das sind hier die Alternativen. Letzterer sammelt nämlich ein paar Wandermüde von der Straße auf.
Am Eingang empfängt uns ein frei herumlaufender Ameisenbär, der sich eine Cola spendieren läßt und sie genüßlich mit seiner langen Zunge ausschleckt. Papageien und Affen turnen frei herum. Tapire grasen am Zaun. Ein Jaguar hingegen kann sich in seinem Käfig kaum bewegen. Dafür lagert eine Sieben-Meter-Anakonda von 175 Kilogramm Gewicht bewegungslos träge mitten auf dem Rasen. Wärter packen sie einem auch schon mal um den Hals, so daß man in die Knie geht und einem mehr das Tier als deren Träger leid tut. Mutigen steht das Schlangen-Gehege offen. Im Gras ringeln sich neugeborene Riesenschlangen-Babys von über einem Meter Länge. Selbst Kaimane und Seekühe zerrt man aus ihren offenen Behausungen und hält sie dem Besucher fast unter die Nase. Dennoch: ein Zoo quasi zum Anfassen.
Nach 15 Seemeilen kurzer Stopp vor der Isla de Los Monos, der Affeninsel. Mit der hat es seine Bewandtnis. Vor Jahren schnappte peruanische Polizei eine illegale Ladung Affen – und setzte sie auf diesem kleinen Eiland mitten im Amazonas aus. Seitdem hat sich das muntere Völkchen in affenartigem Tempo vermehrt und ist zu einer Attraktion geworden.
Zodiac-Ausflug zum Stamm der „Jaguar“-Indianer. Die Verblüffung ist (zunächst) groß: Da tritt das ganze Dorf am Ufer an, mit „Kriegsbemalung, buntem Federschmuck und Baströckchen wie im Film. Aha, noch echte Ursprünglichkeit! mutmaßt der Beobachter. Dieser Dorfbesuch entpuppt sich als touristische Trophäenjagd: Souvenirs, Souvenirs. Werbepfiffige Indianer! Die handgearbeiteten Stücke haben ihren Wert. Der wird umgesetzt in Bier, Salz oder Jeans.
Tiefgrüne Dschungelkulisse
Am nächsten Morgen – nach 160 nächtlichen Seemeilen – das ans hohe Flußufer geklebte Dorf Pevas. Erstaunliches auf dem Kirchplatz: Der kanadische Pfarrer, aus Lima eingeflogen, berichtet von erbitterten Wahlkämpfen, wobei es reichlich gewalttätig und kriminell zugegangen sein soll. Alles andere als das der Maler Francesco Grippa, den wir in seinem traumhaften Haus oberhalb des Ortes besuchen. Expressionistisch seine Farbenkraft, impressionistisch die Motive. Ein agiler, weltgewandter Mann, der aus seinem offenen Atelier im oberen Stock einen inspirierenden Weitblick über die Flußlandschaft und die tiefgrüne Dschungelkulisse genießt. Gegeneinladung des international bekannten Malers zu uns an Bord.
Zum Abschluß eine Fahrt zu den „Peruvian“-Indianern. Die Kinder freuen sich schon auf die Boote und springen mit Gejohle ins Boot. Der Bootsführer dreht mit ihnen Kapriolen auf dem Wasser. Derweil führen uns die Erwachsenen in einem hölzernen Rundbau ihre Tänze vor – und bieten danach ihre wunderschönen Kunsthandwerk- und Gebrauchsgegenstände an.
Ein Arzt unter den Mitfahrern verbindet die offenen Wunden eines kleinen Indio-Mädchens. Ein anderes nehmen wir samt Mutter an Bord. Die Besatzung spendet Medikamente für das Dorfhospital.
Auf eigene Faust
Die letzten Seemeilen (116) bis Iquitos. Endhafen für seegängige Schiffe auf dem Amazonas. Neben uns dümpelt ein Amazonas-Veteran an der Pier: der hundertjährige Dampfer, auf dem Werner Herzog seinen Film „Flitzcarraldo“ drehte. So blickt einen denn auch mehrfach Hauptdarsteller Klaus Kinski von vergilbten Filmfotos an. Der Kapitän hat nichts gegen eine Besichtigung. Während auf dem unteren Deck Fracht aller Art lagert, können oben Passagiere schlafen; noch in den Messing-Originalbetten und auf fleckigen Matratzen. Neben dem antiken Herd suhlt sich ein Schwein – zukünftiger Proviant? Das Steuerhaus ist abenteuerlich: Bis auf das riesige Steuerrad funktioniert anscheinend nichts. Positionslaternen fehlen gar völlig. Wozu auch so einen „Luxus“?!
Wir ziehen in Iquitos auf eigene Faust los: durch das (nur nachts) nicht ganz ungefährliche Marktviertel Belen. Die Paddeltour per Einbaum durch das „Venedig Perus“ beschert uns eine letzte Amazonas-Runde. In der Ferne, nur noch sehr klein, „unser“ Schiff.
Infos:
Der Amazonas entspringt in den peruanischen Anden und hat eine Gesamtlänge von 6448 km. Seine Quellflüsse sind Marañón, Huallaga und Ucayali. Als Quellfluss des Amazonas gilt der Río Apurímac beziehungsweise einer seiner Nebenflüsse.
3.106 Kilometer verläuft er auf brasilianischem Gebiet, wober er 220 Nebenflüsse aufnimmt, von denen etwa 100 schiffbar sind.
Befahrbar ist der Amazonas mit Seeschiffen bis ins peruanische Iquitos.
Veranstalter: Hapag-Lloyd, Delphin, Hansa, Plantours
Reisezeit: Dezember – März
Literatur: Polyglott Apa Guide „Südamerika“ (ISBN-13: 978-3-8268-1924-7)