Das misslang mit einen 0:3 gründlich. Damit fällt auch der Euro nicht in Köpenick, sondern über dem Betzenberg nieder. Schade, vielleicht hätte man das Geld in einen Knipser investieren können, den die Eisernen aus der Wuhlheide dringend benötigen.
Indes an diesem Abend lag es nicht nur an der Ungefährlichkeit der Unionstürmer, dass man das Stadion als Verlierer verlassen musste. Vor allem in der ersten Halbzeit schien die ganze Mannschaft desorientiert und ohne Plan über den kurz geschorenen Rasen zu stolpern. Dabei sollte es doch eigentlich die Revanche gegen die Kicker aus der Pfalz werden. Schließlich hatten die Balltreter unter Trainer Uwe Neuhaus gerade vor zehn Tagen auswärts ebenfalls eine 0:3-Niederlage erfahren. Nun glaubten alle, dass die Alte Försterei zur Hölle wird, in der man die Roten Teufel mal so richtig braten lassen würde. Indes Bratendampf stieg letztlich lediglich an den Wurstständen in die feuchte Herbstluft auf.
Eiskalt ließen die Männer des Lauterer Fußball-Lehrers Kosta Runjaic die Köpenicker abblitzen. Bereits in der 18. Minute landete ein Kopfball des erst 21-jährigen Talents Willi Orban hinter den vergeblich durch die Luft fliegenden Daniel Haas im Uniontor. Wer geglaubt hatte, dass nun die Unioner zur Attacke blasen, sah sich getäuscht. Mehr als laue Luft, die kondensiert über den Köpfen der Aktiven schwebte, war kaum zu beobachten. Das Spielgerät befand sich bis zum Pausenpfiff vor allem unter Kontrolle der Gäste. Wenn es einmal gelang, es ihnen abzujagen, dann ging der Ball spätestens nach der dem dritten Pass wieder verloren. „Da kann ja kein Spielfluss aufkommen“, beschwerte sich später Neuhaus. Der Übungsleiter indes muss sich vielleicht selbst befragen, was er in der Vorbereitung auf dieses wichtige Spiel im Training eventuell hätte besser machen können. Automatismen wie Pass- und Flankengenauigkeit sind nun mal heutzutage wesentlicher Inhalt von Übungsstunden.
Schlimm, dass ausgerechnet an solch einem Tag auch der sonstige Erfolgsgarant, Kapitän Torsten Mattuschka, kaum zu sehen war. Und selbst der wieder genesene Innenverteidiger Mario Eggimann brachte wenig Sicherheit in die Abwehr. Der erfahrene Bundesligaspieler war zu langsam und kam meist zu spät. So war es es kaum verwunderlich, dass noch Sekunden vor dem Halbzeitpfiff nach einer Ecke das zweite Tor für die Gäste fiel. Simon Zoller hatte wenig Mühe den Ball zwischen sechs Beinen – denen von Kohlmann, Puncic und Eggimann ins Tor zu stochern.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass der Union-Trainer bereits mit Beginn der zweiten Spielhälfte ein, zwei Spieler austauscht. Aber Neuhaus wartete noch zehn Minuten ehe er für Baris Özbek mit Simon Terodde einen weiteren Stürmer brachte. In der 75 Minute kam dann noch Christopher Quiring für Martin Dausch. Terodde brachte tatsächlich Druck in das Offensivspiel der Eisernen. Er hatte auch gleich zwei Großchancen, die er allerdings – das sind wir mittlerweile gewohnt – vergab. Das Publikum, dass übrigens nie seine verbale Unterstützung mit der Mannschaft vergaß, wurde nun noch lautstärker. Der Funke übertrug sich zumindest auf den Kampfgeist, der die Eisernen in der Vergangenheit so oft auszeichnete. Und in der 77. Minute glaubten alle, die Wende sei da. Die erste gelungene Aktion von Mattuschka, ein Schuss aus etwa 20 Metern, landete am Pfosten, und den Abpraller spitzelte Adam Nemec ins Tor. Indes der Linienrichter hob sein Fähnchen – Abseits. Tumultartiger Protest von den Zuschauern brach aus. Manch einer konnte seinen Bierbecher nicht mehr kontrollieren, auch Feuerzeuge flogen auf den Rasen. Keine begrüßenswerte Eigenschaft. Es half nichts – auch die Fernsehaufzeichnung bewies, die Entscheidung war berechtigt. Beim Schuss von Mattuschka ragte der Fuß von Nemec einige Zentimeter in die verbotene Zone. Ich hätte dem Linienrichter ausnahmsweise einmal ein weniger scharfes Auge gewünscht. Vielleicht wäre dann sogar noch etwas gegangen in diesem Spiel. Jedenfalls für Union.
In der Realität jedoch setzten die Lauterer noch einen drauf. Mo Idrissou sah in der 86. Minute bei einem Konter den mitlaufenden Marcel Gaus, der keine Mühe hatte, den Pass seines Partners vorbei an Haas ins verweiste Tor umzuleiten.
Nun geschah etwas Ungeheuerliches im A Stadion An der Alten Försterei: Einige Dutzend Zuschauer verließen die Haupttribüne vorzeitig Richtung heimischen Kamin. „Auf Wiedersehen“, rief die Waldseite höhnisch und: „Wir sind Unioner und ihr nicht.“ Ist zwar kein schönes Deutsch, trifft aber wohl den Kern. Denn für echte Unioner gilt das Gesetz: Geh niemals vor dem Schlusspfiff!“ Augenscheinlich kommt aber mit dem Erfolg und angesichts bequemer Sitzplätze auf der Tribüne nun auch sogenanntes Event-Publikum. Das wird sich wohl nicht verhindern lassen. Garantiert sind die aber nicht dabei, wenn am 21. Dezember Bielefeld zu Gast ist.
Der große Rest des Publikums jedenfalls feierte – wie stets – auch die unterlegenen und deprimierten Hausherren. Dass auf der voll besetzten Gästetribüne der Teufel los war, muss wohl nicht betont werden.