Kein öffentlich-rechtliches Olympia mehr

Tafel am Olympiastadion in Berlin. © Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress) Trotz Milliarden-Einnahmen durch den Nachfolger der Gebühreneinzugszentrale sind ARD und ZDF aus dem Poker um die Übertragungsrechte der olympischen Spiele ausgestiegen. Der Rechteinhaber, der amerikanische Medienkonzern Discovery Communications mit Sitz in Silver Spring, Bundesstaat Maryland forderte angeblich 150 Millionen EUR für die Übertragungsrechte der Winterspiele 2018 in Pyeongchang und die nächsten Sommerspiele 2020 in Tokio. Bis 2024 hat sich Discovery für insgesamt 1,3 Milliarden EUR die Live Rechte gesichert.

Ursprünglich war die Wiederbelebung der olympischen Idee durch Baron Pierre de Coubertin im Jahre im Jahre 1896 als Mittel zur moralischen Erneuerung gedacht. Die Völker sollten sich im friedlichen sportlichen und kulturellen Wettstreit begegnen.

Die Kultur hatte über einen längeren Zeitraum ihren festen Platz. So ist in einer offiziellen Schrift des IOC zu lesen: „Im Rahmen der Olympischen Spiele der Neuzeit greift Pierre de Coubertin dieses Ideal auf und schlägt vor, Kunst und Kultur in das Programm der Olympischen Spiele einzubauen. Auf seine Initiative hin finden an den Olympischen Spielen von 1912 bis 1948 Wettbewerbe in Architektur, Bildhauerei, Malerei, Literatur und Musik statt.“ Die Nachfolger des Barons bis zum 7. Präsidenten Avery Brundage (Amtszeit von 1952-1972) versuchten das Erbe und den Geist von 1896 hochzuhalten. Die immer unerträglicher werdende Kommerzialisierung begann mit der Amtszeit von Juan Antonio Samaranch, der 1980 die Präsidentschaft übernahm. Moral hieß für ihn Geld. Das bescherte der gelernte Betriebswirt, Rollhockeyspieler und Faschist (wurde unter Franco Staatsekretär für Sport) dem IOC reichlich. Die Korruption erreichte unter seiner Ägide einen Höchststand, wie der Journalist Thomas Kistner 2008 in einem Artikel für den Cicero schrieb. Er schaffte die Amateurregel ab, fortan konnten Profisportler teilnehmen. Er sorgte 1984 für die ersten privatwirtschaftlich finanzierten Olympischen Spiele. In den 1980er Jahren wanderte er zwischen den Welten. So saß er 1983 mit den Mächtigen der DDR auf der Tribüne des Leipziger Zentralstadions, sah den Massenturnvorführungen zu und wurde wie ein Staatsgast behandelt. In Seoul 1988 waren die Lager wiedervereint. Jede Seite hatte je einmal sein Boykott-Mütchen gekühlt, jetzt konnte weiter Geld gescheffelt werden.

Ausgehend von der Entwicklung der Olympischen Spiele, von der Degenerierung der olympischen Idee bis heute, erscheint es logisch, dass TV und Online Übertragungen ausschließlich in privaten Medien ablaufen werden. 100 Millionen EUR sollen von den öffentlich-rechtlichen Sendern geboten worden sein. Nach Aussagen des ZDF-Intendanten Thomas Bellut wurde bis an die Schmerzgrenze gegangen. Es ist gut, dass sie nicht überschritten wurde. Das Geld kann anderweitig im Programm viel besser verwendet werden.

Von den sportlichen Ereignissen werden die interessierten Zuschauer nicht viel weniger, als bisher gewohnt zu sehen bekommen. Das IOC hat für die Rechteinhaber Auflagen erlassen, so müssen bei Winterspielen 100 Stunden und bei Sommerspielen 200 Stunden frei empfangbar sein. Statt meist sinnfreien Gesprächen zwischen überbezahlten Experten und Reportern, werden die Pausen mit Werbespots überbrückt. In Deutschland betreibt Discovery die Free-TV Sender Eurosport 1 und DMAX, die über Olympia berichten werden. Die Befürchtungen, dass die kritische Berichterstattung über Doping und Korruption Schaden nehmen könnten, ist nicht ganz unbegründet. Das könnte wieder eine vordringliche Aufgabe von ARD und ZDF werden. Wer hindert sie daran, trotz fehlender Übertragungsrechte für die Sportveranstaltung, weiter kritisch über die Hintergründe zu berichten?

Eine Hoffnung bleibt, die Rechte an den Paralympics von 2018 bis 2024 stehen weiter zum Verkauf.

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