In Bonn ist man ganz schön sauer: Spitzen der Region fordern, die Festlegungen des Berlin-Bonn-Gesetzes nicht ständig in Zweifel zu ziehen – Anlass ist die Diskussion über den Umzug des Verteidigungsministeriums komplett nach Berlin

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Die Region Bonn habe in der Vergangenheit Anpassungen der Ministerien an die Arbeitsrealität stets akzeptiert. Dazu gehört auch, dass inzwischen nicht mehr der „größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien" in Bonn ist, wie es das Gesetz festlegt. „Uns geht es nicht um den einzelnen Schreibtisch", so die drei Spitzen der Gebietskörperschaften, „sondern um den Geist des Gesetzes, auf den sich die Region verlassen können muss".

Es stimmt, auch 20 Jahre nach der Deutschen Einheit ist noch nicht die ganze Regierung vom Rhein an die Spree umgezogen. Immerhin gibt es im Grundgesetzt Artikel 22 einen wichtigen Satz: „Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin“. Aber Bonn fungiert weiterhin als eine „Neben-Hauptstadt“ und führt als einzige stadt in Deutschland den Titel „Bundesstadt“. Und das soll auch so bleiben. Denn das Bonn/Berlin-Gesetz vom 26. Juni 1994 hat den Umzug geregelt. Dabei wurde auch festgelegt, dass einige Ministerien ihren Hauptsitz in Bonn behalten sollten. Es sind sechs bis heute: Das Bundesministerium für Gesundheit, für Verteidigung, für Landwirtschaft und Umwelt, für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie für Bildung und Forschung.

In Berlin wurde geregelt, dass diejenigen acht Berliner Ministerien in Bonn eine Nebenstelle erhalten: Das sind die Ministerien des Innern, der Justiz, der Finanzen, für Wirtschaft, für Arbeit, für Verkehr, für Familie und das Auswärtige Amt. Es gibt einen Teilungskostenbericht vom Mai 2010, wonach rund 54 Prozent der Regierungsstellen in Berlin, 46 in Bonn sind. Die Zahl der Bundesbeamten und Angestellten in Berlin zeigt 10 405 in Berlin, in Bonn sind es 9 037. Dazu zählen jeweils auch die Familien, die Freunde, die Kinder, die „ihre“ Heimat dort haben, wo Elternteile arbeiten. Dieser Aspekt wird allzu häufig überhaupt nicht gesehen. Und die moderne Medientechnik macht eine „Verbindung“ zwischen Bonn und Berlin leichter als in früheren Zeiten, Videokonferenzen sind an der Tagesordnung und verringern die früher oft kritisierte „Pendelei“ zwischen den beiden Städten.

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