Zweierlei Frechheit – Strache und Johnson oder Urlaub auf Ibiza und Mustique

Ibiza oder Mustique? Quelle: Pixabay, photosforyou

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Frechheit siegt, lautet eine Redewendung. Oft, aber nicht immer. Zwei aktuelle aber höchst unterschiedliche Beispiele: Boris Johnson, der mit seiner Vorwärts-Strategie ohne Rücksicht auf Verluste einen fulminanten Wahlsieg hingelegt hat – und andererseits Heinz-Christian Strache. In England standen sich in den jüngsten Parlamentswahlen zwei Spitzenpolitiker gegenüber, die eigentlich als unwählbar galten – Tory-Leader Johnson und Labour-Leader Corbyn. Der Eine trug einen haushohen Sieg davon, und dies nicht nur, weil der Andere definitiv noch unwählbarer war: Johnson hatte richtig kalkuliert, dass er den Teufelskreis durchbrechen musste, den der Brexit-Prozess heraufbeschworen hatte. Seine Vorgängerin Theresa May hatte das genaue Gegenteil getan, sie hatte beharrlich mit den EU-Partnern verhandelt, nach gangbaren Formeln und akzeptablen Kompromissen gesucht.

May war damit gescheitert; der Brexit-Prozess drehte sich wie ein wahnwitziger Kreisel um sich selbst, anstatt linear einer Lösung zuzustreben. Wer diese letzten Monate in Großbritannien erlebte, dem wurde klar: Die Briten wollten inzwischen nur noch eines – ein Ende dieses unhaltbaren Zustandes, der sie zum Gespött Europas und die “Mother of Parliaments” in Westminster zur allabendlichen Comedy-Show verkommen ließ. Johnson versprach der Nation wenig mehr als den termingemäßen EU-Austritt um jeden Preis – und genau das wollte am Ende die große Mehrheit der Wähler. Bezeichnenderweise hatte eine Wählerin zu Protokoll gegeben, sie werde Boris Johnson genau deshalb wählen, weil er lügt: Dies zeige doch, dass er menschlich sei. Johnson strahlt simple Vitalität und (blinde) Zuversicht aus. Das gefiel Wählern, die hart durchs Dasein müssen und wenig Grund zum Optimismus haben. Frechheit siegt. Johnson, der zahlreiche Stimmen von einstigen Labour-Wählern im verarmten Norden Englands erhalten hatte, feiert nun seinen Triumph mit Freundin auf der luxuriösen Karibik-Insel Mustique, in einer Villa mit mehreren Swimmingpools für satte 20.000 Pfund Sterling pro Woche. Immerhin flogen die beiden Economy.

Auch bei Strache schien das Motto “Frechheit siegt” vorerst aufzugehen – bis sich das Blatt wendete. Noch unmittelbar nach dem Ibiza-Skandal erhielt er in der Europawahl 33.000 Vorzugsstimmen, die es ihm ermöglicht hätten, einen Sitz im Europaparlament einzunehmen. Viele seiner Anhänger verziehen ihm augenzwinkernd (und insgeheim bewundernd) die “B’soffene G’schicht” auf Ibiza. Die Briten machten nur Witze über Johnsons weihnachtliche Luxus-Eskapade, doch für die „kleinen Leute“ unter Straches Anhängern hörte der Spaß bei seinen schamlosen Griffen in die Parteikasse für Gucci-Taschen etc. abrupt auf: den Glücksritter H-C verließ nun doch noch das Glück. Er hatte am Ende den Bogen überspannt. Mitte Dezember wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Seine einfach gestrickte Variante von Frechheit war zum Scheitern verurteilt.

Vorheriger ArtikelBitte ein Bild: Rost und Renaturierung
Nächster ArtikelLuftangriffe in Syrien – Tote und Verletzte in Homs und Idlib