Zeit für Sotschi – Berlins Olympioniken verabschiedet

Das ging im Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor, rot angestrahlt mit einem Banner "Zeit für Sotschi", über die Bühne. Vom 7. bis 23. Februar dürfen zwölf Aktive der Hauptstadt in der russischen Schwarzmeer-Stadt mit den Weltbesten um olympische Ehren kämpfen. Sieben Eisschnell-Läuferinnen- und Läufer, zwei Eishockey-Spielerinnen sowie ein Eistanz-Paar und der Deutsche Eiskunstlauf-Meister Peter Liebers hatten sich für das 152-köpfige deutsche Aufgebot zu den Winterspielen qualifiziert.

Zehn von ihnen genossen im repräsentativen Haus der Sparkassen-Stiftung manch warme Worte des möglichst guten Gelingens. Gaben der Moderatorin des ZDF-Morgenmagazins, Jessy Wellmer, in Kurzinterviews Auskunft.

Diese Möglichkeit wurde selbstredend auch dem Gastgeber, Johannes Evers, Innen-und Sportsenator Frank Henkel, Berlins Sportbund-Präsidenten Klaus Böger, dem Leiter des Olympia-Stützpunktes Harry Bähr sowie dem russischen Botschafter eingeräumt.

Wladimir Granin machte ein paar Ausführungen, die als Antwort auf die oft undifferenziert kritische Berichterstattung in der deutschen Medienlandschaft gesehen werden könnte:

Winter-Olympia in den Subtropen?- Schnee würde es ausreichend geben, versicherte der diplomatische Vertreter.

Großer Aufwand für die Sicherheit?- Spätestens seit dem Attentat auf israelische Sportler 1972 in München seit dies immer ein wichtiger Faktor bei allen Gastgebern gewesen.

Olympischer Boykott (von Moral-Populisten auch in Deutschland gefordert)?-

Auch viele Amerikaner hätten nach dem Boykott der Moskauer Spiele 1980, in den viele Verbündete und Vasallen des westlichen Bündnisses hineingezogen wurden, eingesehen, dass dies ein Fehler gewesen sei. Granin: "Olympische Spiele sind auch dazu da, Brücken zu bauen. Zwischen Menschen und Nationen."

Vorurteile und Verfolgung von Schwulen und Lesben? – Russland sei nie homophob gewesen.

Überzogene Bautätigkeit und Eingriffe in die Natur?- Man habe großzügig investiert und für die Zukunft gebaut. Denn ein Wintersport-Zentrum dieser Art gäbe es bislang in Russland nicht, es solle nach den Spielen von Urlaubern und Breitensportlern genutzt werden.

Und: Die Berichterstatung über Sotschi sei oftmals von Vorurteilen und falschen Meldungen geprägt: "Kommen Sie nach Sotschi und machen sich selbst ein Bild von der Realität."

Granin hätte sich auch auf Wolfgang Pichler berufen können. Der Bayer, in Vorbereitung der Spiele als Trainer-Berater der russischen Biathletinnen verpflichtet, hatte in der Zeit von einer ignoranten und selbstherrlichen Haltung der deutschen Medien zu Sotschi gesprochen. Und, was die Kostenexplosionen bei öffentlichen Bauten angehe, da müsse man sich auch hierzulande Fragen stellen lassen…den Berliner Flughafen, den Stuttgarter Untererde-Bahnhof oder den Hamburger Elb-Philharmonie-Größenwahn könnte man durchaus auf eine Stufe mit Sotschis Luxus-Anlagen stellen.

Natürlich durfte die nette Jessy Wellmer, nicht so souverän wie im TV-Studio und in der Materie Wintersport/Berliner Sport offensichtlich nicht so bewandert, die nationale Frage nach den Medaillenaussichten nicht auslassen.

Olympiastützpunkt-Chef Harry Bähr, sachlich und fundiert: "Ein bis zwei könnten es werden."

Kandidatin Nummer eins — die 41-jährige Claudia Pechstein, erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin (u.a. 5 x Gold) und seit 1992 bei ihren sechsten Spielen am Start mit Chancen über 3000 m und 5000 m auf dem Eis. Sprinter-Kollegin Jenny Wolf (500 m). Und möglicherweise auch 1000-m-Spezialist Samuel Schwarz.

Sport-Senator Frank Henkel, der im Gegensatz zu Bundespräsident Joachim Gauck oder zwei Bundestagsabgeordneten der Grünen (so spart die Bundesrepublik Steuergelder) nach Sotschi reisen wird, freut sich auf die Spiele: "Weil es eine faszinierende Sache ist, live dabei zu sein." Gänsehaut habe er bekommen, als Diskuswerfer Robert Harting 2010 in London Gold gewann…

Jener Harting hatte jetzt gefordert, dass keine andere als Pechstein die deutsche Flagge beim Einmarsch tragen müsse. Jene wäre nicht abgeneigt. Und bekam erst von Eishockey-Legende Sven Felski symbolisch die olympische Fackel für Sotschi überreicht. Mit guten Wünschen an alle: "Genießt jeden Tag dort. Olympisches Fluidum hat man manchmal nur einmal in seiner Karriere."

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